Kategorie: tagebuch

  • Ich bin mit Ulli hier. Er ist tot.

    Ich bin mit Ulli hier. Er ist tot.

    Ich bin mit Ulli hier.

    Mit meinem ehemaligen Mitschüler Ulli laufe ich durch ein großes Gebäude. An nichts ist zu sehen, was das für ein Bau ist, für mich fühlt es sich nach einer Klinik an. Wir gehen zu einem Fahrstuhl, locker-leicht, fahren eine Etage nach oben. Unser Ziel scheint eine Gruppentherapie zu sein, aber auch das fühlt sich recht ungewiss an. Ulli sieht in einem Nebengang wohl Kinderspielzeug, ausgelassen springt und läuft er in diese Richtung, so wie er zu Schulzeiten hin und wieder aus seinem Ernst ausgebrochen war. Ich gehe schmunzelnd weiter, freue mich, wie unbeschwert er ist. Mir geht durch den Kopf: „Ich bin mit Ulli hier.“ Doch so, wie ich mich von ihm entferne, schlägt der Gedanke plötzlich um: „Ulli ist tot! Er ist nicht hier. Aber ich bin mit ihm hier, mit seiner Geschichte.“ Tränen setzen sich in Bewegung.

    Ich wachte leicht auf, die Tränen liefen auch in der Realität über meine Wangen. Obwohl ich eher schlief als wach war, nahm mich dieser Traum heftig mit.

    Als ich am Morgen auf dem Klo saß und an den Traum dachte, kamen wieder die Tränen, der Gedanke: „Ich bin mit seiner Geschichte hier.“ Der Satz klang kitschig und furchtbar treffend zugleich.

    Warum bin ich hier?

    Dieses Hier war eine psychosomatische Klinik. Hier sollte herausgefunden werden, warum mein Körper seit 6 Jahren zu immer weniger zu gebrauchen ist. An Wanderungen 6-8 km täglich wie noch 6 Jahre zuvor war jetzt überhaupt nicht mehr zu denken, selbst ein halber Kilometer aller zwei Tage ließ meine Muskeln erschöpfen wie nach einem langen Marsch. Für mich war klar, dass es eine greifbare Diagnose geben muss, an Blutwerten oder anderen Messwerten ablesbar.

    „Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden.“ So sagte es mir meine Psychologin irgendwann. Messbares werde man wohl nicht finden. Zu viel erlebt, zu viel gehört, zu viel an negativen Gefühlen, Emotionen. Zu viel Trauer, zu viel Enttäuschung, zu viel Hilflosigkeit, zu viel Ungerechtigkeitsempfinden.

    In den 10 Jahren zuvor hatte ich viel zugehört und fühlte mich robust, das alles wegstecken zu können. Dutzende Geschichten von kaputten Kindheiten, die in psychische Erkrankungen führten. Es schien keinen Menschen zu geben ohne Depressionen, bipolare Störung, Selbstverletzungen, Suizidgedanken, narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Angststörungen, Zwangsstörungen …

    Ulli scheint die Sonne aus dem Hintern

    Nur Ulli war anders. Dachte ich. 2018 sah ich ihn im Freibad. Mit muskelbepacktem Körper stieg er aus dem Wasser, mit gewinnendem Lächeln. Er war Chirurg, hatte Familie, war sicher finanziell gut abgesichert. Wenn es einer aus meiner Klasse auf die Sonnenseite des Lebens geschafft hatte, dann ganz sicher Ulli. Aber gut, er kam auch aus einem Elternhaus mit Chirurg und Lehrerin, als gute Startbedingungen.

    Zwei Jahre später nahm sich Ulli aus dem Leben. Seine Schwester erzählte mir von der Kindheit der beiden – weitab der Sonnenseite. Gewalt, Manipulation, Leben unter zwei narzisstischen Elternteilen. Ullis Suizid sei seine erste freie Entscheidung gewesen, so seine Schwester.

    Auf seinen Tod reagierte ich fassungslos, doch ohne Tränen. Das Jahr zuvor hatte mich in einen gefühlsmäßigen Sarkophag gesteckt, eine Serie von fünf dicken Einschlägen war zu viel für meinen Kopf. Trauer, Wut, Enttäuschung, Hilflosigkeit – alles wurde immer wieder getriggert. Fünf Monate nach Ulli starb mein Onkel. Bei der Beisetzung fühlte ich mich völlig deplatziert. Während alle um mich herum tief bewegt waren, lief ich herum mit dem Gedanken: „Tja, so ist das Leben.“

    Mein Sarkophag bricht auf

    Du kannst nicht dauerhaft trauern, hilflos sein, enttäuscht vom Leben, wütend auf den, der deine Biografie so verfasst hat und auf jene, die den gleichen Scheiß der vorherigen Generationen einfach wiederholen. Also schaltet der Kopf auf „Annahmeschluss“ um. Die Gefühle und Emotionen werden weggedrückt – der Körper muss es ausbaden, weil es viel Energie frisst, den Sarkophag zu tragen.

    „Ulli ist tot! Er ist nicht hier!“ – Dieser Traum ließ den Sarkophag brechen. An diesem Morgen brauchte ich nur an diese beiden Sätze denken und sofort regten sich die Gefühle.

    Im Traum war ich mit Ulli gefühlt auf dem Weg in die Gruppentherapie. In der Realität stand diese an diesem Morgen tatsächlich auf dem Plan. Am Anfang fragte die Psychotherapeutin jedes Mal: „Wie geht es Ihnen heute?“ Meist setzte danach lange Stille ein, trotz um die zehn Menschen im Raum. Ich zögerte sehr lange, ob ich von dem Traum erzählen sollte. Mir war klar, dass das Erzählen vor zehn Leuten nicht ohne Tränen ablaufen würde. Vor den Tränen hatte ich weniger Angst als vor einem möglichen starken Dammbruch. Als Vierter rang ich mich nach langer Stille im Raum durch.

    Ab dem Satz „Ich bin mit Ulli hier“ ging es nur noch unter Tränen weiter. Ja, ich war mit ihm hier und mit den Geschichten all der anderen. Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden. Als ich am Abend aufschrieb, was der Tag so gebracht hatte, wurden die Augen bei diesem Satz wieder ordentlich feucht.

    Guckt hin! Hört zu!

    Beim Schreiben versuchte ich mir selbst zu erklären, warum mich dieser Satz so mitnahm. Ich hatte viele Geschichten über die Jahre gehört, die ähnlich zum Kopfschütteln waren wie die von Ulli. Doch ihn kannte ich und wir hätten uns als Kinder darüber unterhalten können, dass uns ein wenig angenehmes Elternhaus verbindet. Damals glaubte ich, uns trennen Welten. Bei Ulli war auch der Kontrast zwischen dem, was man bei ihm sah – „Der MUSS auf der Sonnenseite des Lebens sein“ – und dem, was man nicht sah, am Größten.

    All diese Geschichten hatten mich dazu gebracht, das Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ zu schreiben. In dieses Buch packte ich jene Gefühle, die ich abseits davon unter dem Sarkophag aus Beton eingepackt hatte: „Guckt doch hin! Hört zu! Dann wisst ihr, was in dieser Welt kaputt ist und repariert werden muss!“ Doch für das Buch fand sich kein Verlag. Und Ullis Tod veränderte nicht das Geringste. Kurz etwas Betroffenheit bei einigen Menschen und dann zurück zum Alltag. Keine Strafe für seine Eltern. Kein Lerneffekt für die nächsten Generationen. Selbst in meiner eigenen Familie werden neue Kinder in toxischen Beziehungen auf die Reise in Selbsthass, Depression, Selbstverletzung, Suizidgedanken geschickt. Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt, soll Gandhi gesagt haben.

    Recht aufs Kaputtmachen

    2014 hatte ich ein Foto von mir entdeckt, das mir ebenfalls Tränen in die Augen getrieben hatte. Auf dem Bild war ich vielleicht 4 Jahre alt, wirkte unbeschwert. Beim Betrachten dachte ich: „Wenn du wüsstest, was in den nächsten Jahren auf dich zukommt …“ Ich wollte dieses Kind beschützen, doch natürlich war es dafür zu spät. Genauso wenig kann ich heutige Kinder beschützen. In der ersten Gruppentherapie hatte ich gesagt, dass werdende Eltern ab dem Zeitpunkt, an dem die Schwangerschaft feststeht, psychologisch betreut werden sollten: Gibt es Auffälligkeiten, die einem Kind schaden werden? Die Mitpatienten stöhnten entsetzt auf. Mitpatienten, die alle in der Klinik waren, weil mindestens ein Elternteil in der Kindheit es aufgrund der eigenen psychischen Schieflage an Anerkennung, Zuneigung, Liebe vermissen ließ. Mitpatienten, denen regelmäßig die Tränen kamen, wenn sie über die eigenen Eltern sprachen – wenn überhaupt. Offenbar hat jede Generation aufs Neue ein Recht, die nächste Generation kaputtzumachen. Klar, weil ICH es ja bei MEINEN Kindern viel besser mache! Da brauche ich keinen Psychologen, der mich überwacht! Aus Opfern werden Täter.

    Ulli ist tot. Er hat drei Kinder hinterlassen. Wer wird dafür sorgen, dass sie diesen Einschlag verkraften? Das regelt sich schon irgendwie, oder? Und wenn nicht, dann bleibt der Gang in die Klinik, wo sie sagen können: „Ich bin mit meinem Vater hier. Mein Vater ist tot.“

    Mehr zu Ullis Geschichte.

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    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

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    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

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    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

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    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

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    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

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    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
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    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    #metoo (1) 2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) abschied (1) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beziehung (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) Bundestagswahl 2021 (1) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) freiheit (2) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) interview (1) Journalismus (4) kampagnen (1) kinderwunsch (1) Kindheit (4) Krankenhäuser sind Hurenhäuser (1) liebe (2) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) Mutterliebe (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) Spaltung der Gesellschaft (1) Sucht (1) tot (3) Vater & Sohn (2) Vernunft (1) verrückt (21) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) wird nicht besser (3)

  • Post von Papa

    Post von Papa

    „Hi. Kann ich mich zu dir setzen?“

    „Okay.“

    „Was machst du hier?“

    „Ich warte auf Post.“

    „Oh, dann ist es wohl was Wichtiges.“

    „Kann man so sagen.“

    „Ein Liebesbrief?“

    „Post von Papa.“

    „Ah, cool. Schreibt er oft?“

    „Nein.“

    „Aber er hat dir Bescheid gegeben, dass er schreibt?“

    „Nein.“

    „Oh. Wie lange wartest du schon?“

    „Hmm … Seit ich Kind war.“

    „Autsch. Dann hast du wohl viel Geduld.“

    „Eigentlich nicht.“

    „Was macht dich optimistisch, dass er noch schreibt?“

    „Naja … Er ist mein Papa.“

    „Verstehe. Kann er schreiben?“

    „Was?!“

    „Naja, kann ja sein, dass er gar nicht schreiben kann und du wartest und wartest und hoffst. Du siehst nicht wirklich glücklich aus.“

    „Hmm …“

    „Eigentlich könnten wir hier zusammen warten auf Post von unseren Vätern. Seltsamerweise habe ich nie auf einen Brief von meinem gewartet. Ich hab glaube schon als Kind eingesehen, dass er nicht schreiben kann. Seit paar Jahren weiß ich auch warum. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, seine Mutter ging viel arbeiten und hatte kaum Zeit übrig – und auch nicht wirklich viel Liebe für ihre Kinder. Mein Vater hat dadurch nicht gelernt, wie man schreibt. Ich verstehe, dass ich nie Post von ihm bekam – was nicht heißt, dass ich Verständnis dafür habe im Sinne von Sein Verhalten entschuldigen.

    „Und was hast du davon?“

    „Naja, ich denke, es hat mich frei gemacht.“

    „Wie das?“

    „Ich kann rumsitzen, ohne auf etwas zu warten. Ich hatte 20 Jahre keinen Kontakt zu ihm, hab ihn dann wiedergesehen und gemerkt, dass er sich Null geändert hat. Er hätte nicht mal ansatzweise verstanden, wieso ich mir Post von ihm gewünscht hätte, wieso das wichtig sein soll. Und so läuft das bei so ziemlich allen Menschen. Wir lernen das Schreiben nicht, nur weil wir älter werden. Und wir lernen auch nicht einfach so, wie wichtig es ist, seinen Kindern mal zu schreiben – selbst wenn uns selbst ein Brief als Kind gutgetan hätte.“

    „Hmm …“

    „Was würde passieren, wenn dein Vater doch noch schreibt?“

    „Es wäre einfach schön.“

    „Du hast doch sicher auch Post von anderen bekommen?!“

    „Ja. Wobei …“

    „Was?“

    „Ich hab viel dafür getan, dass sie mir schreiben.“

    „Zu viel?“

    „Denke ja. Hat viel Energie gekostet.“

    „Hat es sich wenigstens gelohnt?“

    „Hmm … Nicht wirklich.“

    „Weiß dein Vater, dass du wartest? Also hast du ihm gegenüber auch viel getan, damit er doch noch schreibt?“

    „Als Kind ja. Hat aber nicht geholfen.“

    „Wenn ich erraten könnte, was du dir in dem Brief zu lesen erhoffst und ich würde dir das ehrlichen Herzens so schreiben: Würde das Sinn für dich machen?“

    „Wie meinst du das?“

    „Du hast dir die Briefe, die du bisher bekommen hast, immer hart erarbeitet. Wenn dann jemand von sich aus Ähnliches schreibt, ohne dass du vorher die Welt aus den Angeln heben brauchst: Würde dir das was geben?“

    „Gute Frage …“

    „Oder würde eine Stimme in dir sagen: Nee, nee, du hast so einen Brief gar nicht verdient, wenn du dir vorher nicht den Allerwertesten aufreißt?“

    „Hmm …“

    „Sorry für die vielen Fragen, ich geh wohl lieber wieder, will dich nicht nerven. Ciao.“

    „Moment. Würdest du mir schreiben?“

    „Klar. Aber nur, wenn du eine Sache machst.“

    „Hmm, okay.“

    „Du reißt dir nicht den Allerwertesten auf dafür.“

    „Du bist doof.“

    „Und du kannst ganz gut lächeln.“

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  • Mit deinem Rucksack ins neue Jahr

    Mit deinem Rucksack ins neue Jahr

    Seit Kindertagen trägst du ihn mit dir herum. Wer dir die Steine in den Rucksack legte, ist dir klar. Und wenn du sein Gesicht nicht erkennen kannst, dann weißt du immerhin, wodurch die Steine zu deinem Ballast wurden. Sie werden dir auch morgen aus dem Rucksack auf die Füße fallen und nicht weniger werden, nur weil ein neues Jahr beginnt, so schön es auch wäre.

    Du wirst, wenn du es bisher so gemacht hast, die Schmerzen der aus deinem Rucksack fallenden Steine ertragen, weil diese Schmerzen nicht so schlimm sind, als wenn du den Rucksack abnehmen, ihn dir anschauen würdest mit der Frage, wie genau er auf deinen Rücken kam. Wenn du Glück hast, wird deine Verdrängung dich lebenslänglich begleiten – wobei du nicht wirklich glücklich sein kannst, weil du über die Steine, die dir auf die Füße fallen, immer wieder stolperst, sie deinen Weg in Richtungen bewegen, auf denen neue Schmerzen warten. Wenn du Pech hast, wird dir der Rucksack aus dem scheinbaren Nichts irgendwann vom Rücken gerissen, dir vor die Augen geworfen. Die Bilder, wie er auf deinen Rücken kam, werden wach und die Schmerzen sind ungleich größer, als die der fallenden Steine. Dieses Pech muss jedoch nicht das Ende des Weges sein, sondern kann der Beginn eines neuen werden.

    Oder du kehrst immer wieder zu jenen Menschen zurück, die dir in deiner Kindheit die Steine in den Rucksack schmissen. Du hoffst, dass sie sich verändern, dir Steine abnehmen, dir beim Tragen helfen – doch du verlässt jedes Mal ihr Haus mit neuen Steinen.

    Oder dich hat ein riesiger Stein erwischt, du musstest all deine Energie aufbrauchen, um ihn von dir rollen zu können und jetzt fehlt sie dir, um den Rucksack aus der Kindheit wie zuvor tragen zu können. Das Gewicht zwingt dich in die wackligen Knie, du kannst die Füße kaum heben, um große Schritte über die aus dem Rucksack fallenden Steine zu machen.

    Was auch immer der Rucksack mit dir macht: Fürs neue Jahr wünsche ich dir Menschen, die dir beim Tragen helfen, beim Weg über die Steine, beim Wegrollen selbiger. Menschen, die dir nicht erklären wollen, wie du zu laufen hast, wenn sie über ihre eigenen Steine ständig stolpern. Menschen, die deinen verlangsamten Gang nicht ausnutzen wollen für ihre ganz eigenen Zwecke. Menschen, in deren Hand du deine legst, weil du ihnen vertrauen kannst, dass sie dich beim Stolpern auffangen werden. Menschen, die dir nicht deren eigene Steine vor deine Füße schmeißen. Menschen, die mit dir Steine bemalen oder sie zu kleinen Kieseln zermahlen, so dass der Weg leichter wird. Menschen, die da sind, wenn die Steine dich zu erschlagen drohen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Menschen, die das Tragen erträglicher machen.

    Das wünsche ich mir selbst genauso.

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    Der Stein vor mir.

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    Mein liebes Leben

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    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

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    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

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    Lady in Red

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    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

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  • Meine Kinder (3 und 11)

    Meine Kinder (3 und 11)

    Mein Kind, 3 Jahre

    „Na, Kleiner, wie gehts dir?“

    Das Kind guckt mich neugierig an: „Wer bist du?“

    „Das würdest du mir nicht glauben. Verrätst du mir, wie alt du bist?“

    „Drei.“

    „Und dein Name?“

    „Thorben. Und deiner?“

    „Ich heiße auch Thorben.“

    Das Kind staunt still, zeigt dann die Straße entlang bergab: „Da fahren Züge!“

    „Ich weiß. Siehst du gern Züge fahren?“

    „Ja, die Dampfloks!“

    „Die machen viel Rauch. Aber die sind auch laut, oder?“

    „Ja, das mag ich nicht.“

    „Ich weiß. Wir können ja hier warten, bis wieder ein Zug kommt. Oder wollen wir näher ran?“

    Das Kind schaut mich an.

    „Wenn du möchtest, nehm ich dich an die Hand und wenn es dir zu laut wird, halten wir dir die Ohren zu.“

    „Aber nur ein Stück, ja?“

    „Na klar.“

    „Mein Papa macht das nicht.“

    „Ich weiß.“

    „Kennst du den?“

    „Ja.“

    „Wohnst du hier?“

    „Ja, früher schon, als ich so alt war wie du und seit fast 20 Jahren auch wieder.“

    „Kennst du meine Mutti auch?“

    „Ja.“

    Der Kleine grinst überrascht, ich lächle zurück.

    „Da kommt ein Auto, wir gehen an den Rand. Weißt du, was das für eins ist?“

    Der Kleine schüttelt den Kopf.

    „Das ist ein Trabant. Und dort drüben … Wenn ich es richtig lesen kann, ist das ein Moskwitsch.“

    Der Junge lacht.

    „Komisches Wort, oder? Mooooskwiiitsch.“

    „Moooskiiiitschhhh. Mein Papa hat auch ein Auto.“

    „Weißt du, was für eins?“

    „Ein grünes, aber so komisch.“

    „Tschitscheringrün.“

    Wieder lacht der Kleine.

    Ich grinse zurück: „Ich weiß, aber die Farbe heißt wirklich so. Das ist ein EMW, den hat nicht jeder. Dein Opa hat auch so einen, oder?“

    „Ja, der ist aber schwarz.“

    „Hey, guck, die Schranken gehen runter. Siehst du dort oben in dem kleinen Haus den Mann? Der kurbelt sie runter und wenn der Zug durchgefahren ist, dann kurbelt er sie wieder hoch. Jetzt müssen wir glaube zehn Minuten warten, wenn ich es noch richtig weiß.“

    „Sooo lange?“

    Ich grinse: „Ja. Wir können ja nochmal die Straße hoch und runter laufen, wenn du willst.“

    „Oder rennen! Mal sehn, wer schneller ist.“

    „Rennen?! So hab ich dich nicht in Erinnerung. Aber fall nicht … Ach, renn einfach.“

    „Bis da hoch!“

    „Und du bist wirklich Thorben?!“

    Lachend spurtet der Zwerg vor mir her.

    Auf halber Strecke bleibt der Lockenkopf in seinem dunkelblauen Anorak stehen, dreht sich zu mir um, das Gesicht zeigt sich unbeschwert. Alles ist genau wie auf einem Bild aus meinem Fotoalbum. Mit 40 hatte ich es durchgeblättert und blieb an diesem Bild hängen. „Wo ist das Lachen hin?“, hatte ich mich gefragt. Schon bei dieser Frage war ich den Tränen nahe. „Wenn du wüsstest, wie die nächsten Jahre so werden“, hatte ich meinem jungen Ich in Gedanken zugeflüstert. Ich hatte mich nie depressiv gefühlt, aber als ich das Lachen dieses kleinen Jungen sah, fiel es mir schwer, ihn und mich zusammenzubringen. Ich fühlte Mitleid mit diesem Jungen, weil ich seine Zukunft kannte. Er würde in den nächsten Jahren sein so unbeschwertes Lachen verlieren. Es war, als hätte ich ihn vor seiner Zukunft warnen und beschützen wollen, war aber komplett hilflos, da seine Geschichte schon längst geschrieben war. Es waren noch viele andere Bilder in meinem Fotoalbum aus der Kindheit, aber nur dieses eine hatte diese Wirkung auf mich.

    Der Junge rennt weiter, ich gebe mich geschlagen. Als ich ihn erreiche, fragt er mich, warum ich weine.

    „Ach, nichts.“ Und in der nächsten Sekunde höre ich die Stimme in meinem Kopf: „Ah ja, du drückst also wieder Gefühle weg, die dann deinen Körper zerfressen. Schönes Vorbild.“ Aber soll ich diesem Kind erzählen, was alles passieren wird, ohne es vor all dem beschützen zu können?

    „Kommt der Zug gleich?“

    Ich wische meine Wangen trocken und biete dem Jungen meine Hand an: „Wir gehen einfach wieder zu den Schranken, die Dampflok hören wir ja schon von weitem.“

    Seine kleine Hand greift zögernd nach meiner: „Papa macht das nicht.“

    „Ich weiß. Aber du magst das auch nicht so sehr, oder?“

    Er schaut mich ratlos an.

    Ich grinse: „Na alles weiß ich auch nicht mehr über dich. Deine Mama sagt, dass du kein Kuschelkind bist. Aber vielleicht fängt das erst später an, dass du dir Küsse schnell von der Wange wischst und so.“

    Sein Blick bleibt fragend.

    „Okay, da kommen wir nicht weiter, kein Problem. Wobei mich schon interessieren würde, wann das angefangen hat und warum. Ob es Kinder gibt, die von Natur aus so distanziert zu ihren Eltern sind. Oder ob das was mit Vater zu tun hat, weil er dich so gut wie nie auf den Arm getragen hat, dich heute nicht in die Arme nimmt, streichelt usw. Ob es was damit zu tun hat, dass du nicht zu heulen hast. Oder darfst du weinen? Sagt der Papa dann was?“

    Der Junge legt die Stirn in Falten und bleibt still.

    „Sagt er nicht: Hier wird nicht geheult? Oder kommt das erst später?“

    Die Antwort bleibt offen.

    Wir stehen schweigend abseits der Schranke, von weitem ist der Zug zu hören. Der Junge lässt meine Hand los, hebt die Hände langsam hoch, Richtung Ohren. In der ersten Silvesternacht seines Lebens bekam er hohes Fieber durch die Knallerei draußen. Laute Geräusche wird er auch später als Erwachsener möglichst meiden. Bei nahen Gewittern wird er sich die Ohren zuhalten. Die lauten Geräusche, die er als Kind in den nächsten Jahren in der Wohnung hören wird ohne Feuerwerk und Donner, wird er nicht durch zugehaltene Ohren ausblenden können. Und er wird sich alleingelassen fühlen mit all seinen Ängsten. Sein Vater wird ihm nicht die Ohren zuhalten, ihn behutsam an etwas heranführen, was dem Kleinen unheimlich erscheint.

    Der Zug rauscht vorbei. Die wuchtigen Stöße des Dampfkessels lassen die Luft vibrieren und ergreifen die Körper. Ich lege meinen Arm um den Jungen, der die Hände auf die Ohren presst. Seine Augen sind groß und lassen nicht erkennen, ob es Angst ist oder Neugier – und ob Stolz in ihm aufkommt, sich so nah herangetraut zu haben.

    Die ersten drei Lebensjahre eines Kindes sind die wichtigsten. Wir kommen völlig hilflos auf die Welt und sind völlig abhängig von unseren Eltern. Sie müssen unsere sämtlichen Bedürfnisse erkennen und erfüllen. Wir können nicht über die Wiese laufen und uns ein paar Grashalme abpflücken, wenn wir Hunger haben. Wir können uns kein Fell wachsen lassen, dank dem wir nicht frieren. Wir können nicht sagen, was uns weh tut, was wir gerade brauchen, was uns quer liegt. In den Momenten können wir nur losheulen. Ignorieren unsere Eltern diese Hilferufe, weil es sie einfach nicht interessiert oder sie es nervt, beginnt das Lernen: Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig. Wenn ich es kann, muss ich mich selbst darum kümmern. Wenn ich es nicht kann, bleiben sie unerfüllt, ob das Bedürfnis nach Fürsorge, Wärme, Zuneigung oder Anerkennung. Und nimmt dir niemand die Angst, bleibt sie dein treuer Begleiter.

    „Na, alles gut?“

    Der Zug steht am Bahnhof, weit genug entfernt, so dass der Junge seine Hände von den Ohren nehmen und mit dem Kopf nicken kann. Sein Gesicht sagt: Er ist glücklich.

    Mein Kind – 11 Jahre

    „Guck mal, da kommt jemand.“

    Ich drehe mich um, sehe einen Jungen mit glatten Haaren und Brille. Er läuft langsam, der Blick nach unten. Nur flüchtig sieht er zu uns auf, will die Straßenseite wechseln. Langsam gehe ich auf ihn zu, setze mein vertrauenerweckendstes Gesicht auf. Wieder versucht er, mir auszuweichen, also spreche ich ihn mit leiser Stimme an: „Du bist Thorben, nicht wahr?“

    Er schaut mich an, seine Mimik verrät nichts, außer Unsicherheit. Ich gehe weiterhin langsam auf ihn zu: „Du kennst mich nicht, aber ich kenne dich und den kleinen Mann hier kennen wir beide.“

    Die Sonne kommt raus, die Temperatur klettert spürbar. An den Straßenrändern stellen sich die Grashalme auf, atmen ein sattes Grün ein, während Blumen zwischen den Halmen ihre Blüten nach oben recken. Die kahlen Bäume ziehen sich grüne Blätter im Übermaß an. Der Kleine fragt, ob er seinen Anorak ausziehen darf, ich helfe ihm. Als ein Marienkäfer auf seinem Arm landet, reagiert er ängstlich. Ich lege meinen Finger neben das Insekt, bis es auf ihn krabbelt: „Brauchst keine Angst zu haben. Marienkäfer können nicht wie Bienen stechen, es kitzelt nur, wenn sie auf dir laufen.“

    Argwöhnisch schaut der Kleine, wie der Käfer weiter auf meine Hand wandert.

    „Ängste …“, sage ich mit leiser Stimme zu dem älteren Jungen, der sich auch jetzt nichts anmerken lässt. Auch nicht, als ich murmele: „… kennen wir, was?“

    Er bleibt still, seine Augen verfolgen den Kleinen, der ein Stück abseits herumläuft und die Blumen betrachtet.

    „Wie gehts dir?“, frage ich den Älteren, in der Hoffnung, damit das Eis brechen zu können, doch er zuckt nur mit den Schultern.

    Meine Stimme bleibt leise: „Siehst müde aus. Nicht gut geschlafen?“

    Er schüttelt kurz mit dem Kopf.

    „Weil du Angst im Dunkeln hattest? Oder …?“

    Keine Reaktion.

    „War Stimmung?“

    Seine Augen wandern schnell zur Seite.

    „Was für ein Tag ist heute? Sonnabend?“

    „Sonntag.“

    „Ah. Ist dein Bruder nachts besoffen von der Disko heim und Vater war noch munter, auch besoffen?“

    „Mhmh.“

    „Okay, und dann war Stimmung … Du durftest alles vom Bett aus mit ansehen …“

    Er nickt, kaum sichtbar.

    „Wie alt bist du?“

    „Elf.“

    Ich merke, wie Stress in mir aufsteigt: „Welchen Monat haben wir?“

    Er schaut ungläubig: „August?!“

    „Also August ´84?“

    „Ja“ – seine Stirn bleibt in Falten.

    Der Stress in mir nimmt weiter zu, mein Körper fühlt sich an, als würde immer mehr Strom durch ihn fließen: „Vater und dein Bruder sind sich angegangen im Kinderzimmer, Mutti hat dich aus dem Bett geholt, dann habt ihr im Korridor gestanden, Vater hat versucht, Mutti einen leeren Wassereimer über den Kopf zu stülpen, dann ist sie mit dir raus aus der Wohnung und runter vors Haus mit dir?“

    Er nickt, kaum sichtbar.

    „Und dann standet ihr da im Dunkeln, sie wusste nicht, wohin, ob in den Garten da drüben, aber da hättet ihr auf der Bank übernachten müssen, weil es keine Laube gibt?“

    Wieder nickt er.

    „Dann kam Vater raus, hat euch klargemacht, wieder reinzukommen, damit niemand was mitbekommt?“

    „Ja.“

    „Und niemand kam zu Hilfe …“

    „Ja.“

    „Wie gehts dir?“

    Er zuckt kurz mit den Schultern, als wäre fast nichts passiert.

    „Du hast nicht geheult, richtig?“

    „Nein.“

    „Weil es ähnlich schon paar Mal so vorher war?“

    „Ja.“

    „Es ist irgendwie normal, oder? Du kennst es nicht anders?“

    „Ja.“

    „Aber die letzte Nacht war nochmal schlimmer?“

    Er zuckt mit den Schultern.

    „Und keinen interessiert, wie es dir geht … Weil ja niemand weiß, was passiert ist. Also musst du deine Gefühle wieder mit dir selbst ausmachen. Oder sie wegdrücken.“

    Er schweigt.

    „Und nach den Ferien gehst du wieder in die Schule und bist das Mamasöhnchen und der Streber …“

    Stille.

    „Im November fährst du fünf Wochen in die Pionierrepublik am Werbellinsee bei Berlin und du wirst nicht verstehen, warum die anderen wieder nach Hause wollen. Dich zieht nichts in diese Wohnung.“

    In seinem Gesicht stehen Fragezeichen, aber auch der Ausdruck des Verstandenwerdens.

    „Du solltest nachts schlafen können und nicht auf der Straße stehen müssen. Kein Kind sollte das. Dass das eigentlich Wahnsinn ist und alles andere als normal, wirst du erst spät in deinem Leben sehen. Bis dahin wirst du immer wieder allein im Dunkeln stehen, ohne dass dir jemand zu Hilfe kommt. Und immer wieder wird deine Geschichte nicht zählen. Das, was du letzte Nacht erlebt hast, wird sich wiederholen. Nicht auf diese Weise, aber das Muster. Und immer wieder musst du das, was du fühlst, mit dir selbst ausmachen, bis es eines Tages zu viel wird. Dann beginnt dein Körper zu leiden, weil der Kopf es nicht mehr schafft.“

    Eine Träne setzt sich auf der Wange des Jungen in Bewegung, genau wie auf meiner.

    „In paar Tagen werdet ihr in den Urlaub fahren, Mutti fährt aber nur mit dir und deinem Bruder. Und sie wird sich scheiden lassen wollen wegen der letzten Nacht und allem, was davor war.“

    Keine erkennbare Reaktion.

    „Vater wird aber erst in 5 Jahren ausziehen, weil sich das mit der Scheidung hinziehen wird, ER sie einreichen muss, weil in seiner Welt nur Männer so was dürfen und weil es nicht so schnell eine Wohnung für ihn geben wird.“

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen Hauch von Resignation bei dem Jungen erkenne.

    „Ich weiß, lange Zeit … Kein Plan, wie ich dir helfen kann. Diese Nacht wird dir immer in Erinnerung bleiben, auch deiner Mutti. Sie wird immer bereuen, nicht auch deinen Bruder mit raus aus der Wohnung genommen zu haben. Aber das hätte auch nichts geändert … Diese Nacht hätte einfach niemals passieren dürfen, genau wie die anderen Nächte. Dein Bett ist nicht der Ort, wo du zur Ruhe kommen kannst, so wie es eigentlich sein sollte. Schon deine Angst im Dunkeln, die dir niemand nimmt, weil keiner davon weiß und sich keiner darum kümmert … Und dann wird das Bett regelmäßig zum Sitzplatz für dieses Theater … Hattest du letzte Nacht Angst, also als es so … wurde?“

    „… Ich weiß nicht.“

    „Irgendwie glaub ich dir das. Aber bei so vielen Ängsten, die du hast, wäre es eigentlich klar. Du magst eh nicht das Laute …“

    Stille.

    „Scheiß Situation … Spätestens mit dieser Nacht fängt es wohl an, dass wir Wut, Trauer, Hilflosigkeit, Ungerechtigkeitsempfinden wegdrücken müssen. Gegen Vater kommst du nicht an, da müsste deine Wut schon auf Amoklauf-Niveau sein. Ach, du weißt nicht, was Amokläufe sind, oder? Die Welt ist in der Richtung noch etwas heil, auch wenn sie alles andere als gesund ist. Ich will dich da auch nicht auf dumme Ideen bringen. Auf jeden Fall kommst du im Moment nicht gegen Vater an, erst in ein paar Jahren wirst du ihm ab und zu Kontra geben und nicht mehr komplett alles schlucken. Mutti ist viel zu sehr damit beschäftigt, die Wogen zwischen den anderen glätten zu wollen: zwischen Vater und deinem Bruder, zwischen Vater und seinen Schwiegereltern. Eigentlich wollte sie vor Vater verheimlichen, dass dein Bruder aus dem Wohnheim seiner Lehrstelle fliegen könnte, weil er zu einer vom Personal mehrmals pampig wurde. Vater hat es aber zwangsläufig erfahren und wollte mit deinem Bruder in der letzten Nacht darüber diskutieren – funktioniert ja nur, wenn er besoffen ist. Dass dieses Verheimlichen immer wieder nichts bringt, wird dich übrigens zu einem Menschen machen, der brachial ehrlich ist. Das mag super klingen, aber ab und zu solltest du es lassen, weil du dir damit schaden wirst. Du selbst gibst dir heute schon größte Mühe, nirgends Ärger zu machen, damit es nicht noch mehr Theater gibt und deine Mum zu leiden hat. Und obwohl du eigentlich alles richtig machst, bekommst du so viel ab … Und während die anderen untereinander mit sich beschäftigt sind, stehst du allein da mit deinen Gefühlen, Bedürfnissen. Du wirst irgendwann sagen, dass du nebenbei großgeworden bist, weil deine Familie für dich gar keinen Blick hatte, weil sie eben so mit sich beschäftigt ist.“

    Er schaut mich an, wieder ohne wirkliche Regung.

    „Die Flucht auf die einsame Insel klappt auch nicht, richtig?“

    Ein fragender Blick.

    Ich schmunzle: „Ich meine Michaela. Du bist doch schon jetzt in sie verliebt, oder?“

    Zum ersten Mal weichen sich die Gesichtszüge des Jungen auf: „Ähm, naja.“

    „Ah, doch schon so früh. Ich wusste es nicht mehr. Mit Ende 10 verliebt man sich 1984 eher selten. Du fängst jetzt die fünfte Klasse an und sie kommt in die dritte, klingt verdammt früh. Und im November am Werbellinsee lernst du Daniela kennen und wirst hin und weg von ihr sein.“

    Seine Augen werden groß.

    „Japp. Sie wird abends mit anderen Mädels auf ihrem Zimmer versuchen, Beulen am Kopf zu bekommen, damit sie wieder heim können und du wirst inständig hoffen, dass sie bleibt. Eigentlich dürfen die Jungs abends nicht hoch zu den Mädchen, aber du machst es natürlich und sie verstecken dich im Schrank, du Casanova.“

    Die Augen werden nicht kleiner.

    „Ja, stille Wasser können manchmal ziemlich tief sein. Du bekommst Post von Michaela – so jung und stehst zwischen zwei Frauen …“

    Er grinst.

    „Sie sind deine Hoffnung darauf, auch mal was Schönes erleben zu können, oder? Deshalb verliebst du dich so früh? Nicht wenige Erwachsene flüchten ans Meer, um die Welt um sich herum vergessen zu können. Dir reicht es, in ihre Augen zu schauen. Und zu hoffen, dass die Sonne aufgeht.“

    „Und …“

    „Du willst wissen, wie es weitergeht mit den beiden?“

    „Naja … Ja.“

    Ich verziehe mein Gesicht: „Wirklich?“

    Die Schultern des Jungen fallen wieder nach unten: „Hmmm.“

    Ich überlege. „Also … Ich weiß, wie sehr du an ihnen hängen wirst, wie groß deine Hoffnungen sein werden und wie … naja, enttäuscht du sein wirst. Sie werden nicht deine rettenden Inseln. Sie sind nicht der kleine oder größere Tupfen Leichtigkeit zur sonstigen Schwere. Am Ende werden sie alles nur noch ein bisschen schwerer machen. Wegen Michaela wirst du dein erstes, kleines Buch schreiben, in glaube vier Jahren. Du wirst dabei hoffen, sie doch noch von dir überzeugen zu können, weil du glaubst, dass Liebe etwas mit inneren Werten zu tun hat, also dass du ein guter Mensch sein musst, damit sich jemand in dich verlieben kann. Michaela wird aber bei einem landen, der einen Laden überfallen wird. Du wirst vorher denken, dass sie schon sehen wird, was sie an dir gehabt hätte und der Überfall wird dir gefühlt Recht geben – aber sie wird es trotzdem nie bedauern. Ist wohl zu früh, dir das jetzt genauer erklären zu wollen, auch wenn du ein helles Köpfchen bist. Schreib trotzdem das Büchlein, wenn dir danach ist. Das Schreiben wird dir helfen, mit deinen Gefühlen umzugehen, sie wenigstens auf Papier rauslassen zu können. Das ist nicht ideal, aber besser, als dass du noch mehr runterschluckst. Das Büchlein wirst du „M.“ nennen und du wirst dich in deinem Leben noch in mindestens … vier Frauen verlieben, deren Name mit M beginnt.“

    „VIER?!“

    „Ja, und auch noch hintereinander. Du wirst dich manchmal selbst wundern, was es so für Zufälle gibt.“

    „Und …?!“

    „Hmm, es wird fast jedes Mal so sein wie mit deiner ersten M. Nur mit einer M wirst du für zwei Monate die Leichtigkeit des Lebens kennenlernen dürfen, wobei … Ach, wundere dich einfach nicht, wenn sie anfängt, dich zu verletzen. Lies dann ihre alten Mails – das sind Briefe, nur nicht auf Papier, sondern …, ach lass dich überraschen. Wenn du liest, was sie mal über sich selbst geschrieben hatte, wirst du verstehen, warum sie sich plötzlich so verwandelt und dich verletzt. Merk dir mal bipolare Störung, das wird dich öfters verfolgen. Dann kannst du diese M schnell abhaken und die schönen Erinnerungen bleiben trotzdem.“

    Jetzt arbeitet es deutlich in dem Jungen.

    „Kipp mir nicht aus den Latschen. Ich würde dir ja gern mit auf den Weg geben, dass du dich in keine M verlieben solltest, weil es nichts bringt. Aber du wirst es trotzdem, wenn alles so läuft, wie es bei mir gelaufen ist. Liebe ist keine Entscheidung der Vernunft, die man ein- und ausschalten kann. Hmm, sollte ich mit einem Elfjährigen echt darüber reden? Ich würde dich einfach gern beschützen wollen. Du hast jetzt schon ganz andere Narben, vor denen ich dich noch viel lieber beschützt hätte. Dein Selbstbewusstsein ist ziemlich bei Null, obwohl du voriges Jahr bei der Kreis-Matheolympiade Dritter warst, immer zu den Klassenbesten gehörst oder der Beste bist, seit einem Jahr Gitarre spielst und als einer von fünfen aus dem Kreis in diesem Jahr an diesen Werbellinsee fahren wirst. Eigentlich solltest du nicht mit gesenktem Blick durch die Gegend laufen müssen. Aber von Vater gibts nur Kopfnüsse, wenn du einen Fehler gemacht hast. Oder hast du in den Ohren, dass er mal gesagt hat: Junge, ich bin echt stolz auf dich?“

    Er grinst.

    Auch ich lächle, wobei es mir im nächsten Moment einfriert: „Schon schräg: Du erwartest das nicht mal, weil du ihn kennst … Du wirst später Menschen begegnen, die mit 30, 40, 50, 60 noch immer darauf hoffen, von Vater oder Mutter ein Ich bin echt stolz auf dich zu hören und sie werden es nie bekommen. Aber der Mann, der da in unserer Wohnung mit uns lebt, erweckt ja nicht mal den Hauch des Anscheins, dass er unser Vater ist, oder?“

    Der Junge schaut mich nachdenklich an.

    „Mach dir keinen Kopf darüber. Es wird viel Zeit vergehen, bis dir das klar wird. Du wirst ganz glücklich damit sein, dass du den Mann da so siehst, weil du eben nicht wie viele andere diesem ewigen Traum hinterherhängen musst, wenigstens ein kleines Zeichen von Anerkennung oder gar Zuneigung von ihm zu bekommen. Allerdings … Du wirst das alles fast schon stolz einer Psychologin so erzählen, also dass du den Mann da gar nicht als Vater empfunden hast, weil er immer auf Abstand zu dir blieb, außer wenn er dir eine Kopfnuss geben wollte oder du ihm die Hand morgens und vor dem Bettgang schütteln musstest. Du wirst keine einzige Umarmung, kein Händchenhalten, kein Streicheln, kein „Wie gehts dir? Alles gut?“ von ihm in Erinnerung haben. Er hat dich in die Welt gesetzt, er bringt das Geld nach Hause und damit ist sein Job erledigt. Um die Bedürfnisse seiner Kinder hat sich Mutti zu kümmern, auch wenn ja alle Weiber eigentlich dämlich sind in seiner unendlichen Weisheit.“

    „Selbst zu dumm, um Tütensuppe zu kochen …“

    „Ah, die Szene gabs also schon. Keine Angst, du wirst Frauen später nicht so behandeln. Du schlägst eigentlich ins Gegenteil aus, willst ihnen auf Augenhöhe begegnen, sie nicht bevormunden, nicht befehlen, nicht verletzen, sie annehmen, wie sie sind. Das wird dich zu einem angenehmen Mitmenschen für Frauen machen, aber … Ach, lieber nicht. Weißt du, dass du doch irgendwann den Satz Ich bin stolz auf dich hören wirst?“

    Der Junge schaut verdutzt.

    „Ja! Natürlich nicht von Vater, sondern von einem Mann, der dich kaum kennt, wenn du fast 50 bist. Wird ein Gartennachbar sein. Er wird sehen, wie du dich um Mutti kümmerst und wie du dich sonst so verhältst. Und der wird sagen, dass er stolz auf dich ist. Du wirst dich überrascht bedanken und dich später fragen, wie jemand auf etwas stolz sein kann, was er gar nicht … gebaut, geschaffen, wie auch immer hat. Aber du verstehst schon, was er meint.

    Und paar Monate später wirst du in einer Klinik landen, weil du kaum noch laufen kannst und niemand dir bis dahin sagen kann, warum. Wäre jetzt eine zu lange Geschichte, wieso du so kaputtgehst. Jedenfalls wirst du dort 8 Wochen sein und wenn du die Klinik verlässt, werden dir zwei deutlich jüngere Frauen lange in den Armen liegen und dir Sachen über dich sagen, die du vorher nie gehört hast. Und eine Frau um die 60 wird einen Mann um die 60 andächtig fragen, ob er schon mal einem Menschen wie dir begegnet ist. Er wird überlegen und leise „Nein“ sagen. Und eine andere Frau um die 30 wird sagen: „Der Thorben ist einmalig, den gibt es nicht noch einmal so.“ Dann fährst du mit der Straßenbahn zum Bahnhof und deine Sonnenbrille wird ein paar Tränen verdecken, weil du immer wieder dran denken musst, was sie gesagt haben – dabei bist du einfach nur die ganze Zeit DU gewesen. Vielleicht kannst du ja jetzt schon ein bisschen stolz auf dich sein. Ich weiß aus vielen Geschichten: Eigentlich braucht jedes Kind von Mutter UND Vater die ehrliche Anerkennung, damit Selbstbewusstsein wachsen kann. Wenn Mutti ab heute Vater dazu nötigen würde, dir Anerkennung zu geben – es würde nichts nutzen, weil du das Schauspiel durchschauen würdest. Das muss schon ehrlich sein.

    In dieser Klinik wirst du auch zum ersten Mal erleben, dass Menschen an dem, was heute passiert ist, Anteil nehmen. Deiner Psychologin wirst du von der Nacht erzählen, auch wie Vater sonst war. Wenn ihr euch eine Woche später wieder gegenüber sitzt, wird sie sagen, dass sie bei deinem Erzählen mächtig Wut in sich spürte auf Vater und du hast alles so erzählt, als wäre es nichts Außergewöhnliches gewesen. Auch andere Patienten werden sagen, dass sie diese Wut in sich merkten auf Vater, wenn du davon erzählst.“

    „So lange?“

    „Ja. Aber wenn ich es richtig weiß, wirst du es vorher auch niemandem erzählen, ist ja eigentlich lange her und du kennst es nicht anders, es ist Normalität. Erst da merkst du, dass du diese Nacht als Rucksack mit Steinen ständig mit dir rumträgst.

    Ach, nochmal wegen der Mädels: Lass dich nicht zu sehr runterziehen, wenn es jetzt nicht klappt. Versuch trotz aller Liebe nicht eine zu übersehen, von der du wohl wirklich Signale bekommst, sie geht in deine Klasse. Und wenn du dann in die EOS gehst nach der 10. Klasse, dann wirst du eine Antje kennenlernen und von ihr hin und weg sein. Lustigerweise wird sie dir irgendwann erzählen, dass sie in einen Typen verliebt war, der hier in der Stadt wohnt – und der Gleiche ist, der Michaela bekommen wird. Aber bei Antje wirst du wirklich Chancen haben! Sie wird später mit ihren Eltern in den Westen ziehen – ach so, in fünf Jahren wird es eine Revolution hier geben und danach dürfen alle überall hin reisen. Du fährst dann mit Opa auch mal rüber, auch nach Hamburg und Westberlin. Jetzt guck nicht so, bis dahin mach einfach die Wandzeitungen der Schule über die Überlegenheit des Sozialismus und 1989 tust du überrascht.

    Zurück zu Antje, das ist wichtiger: Also sie wird in den Westen ziehen, du wirst ihr Briefe schreiben und in einem wird sie erklären, dass du Chancen bei ihr gehabt hättest. Sie wird manchmal einen früheren Bus nehmen, damit sie zusammen mit dir zur Schule fahren kann – das wirst du aber bis zu dem Brief nicht wissen und erst recht nicht ahnen können. Ein Mädchen macht so was wegen DIR?! Kann nicht sein! Du wirst jeden Morgen eine Stunde zeitiger aufstehen, dir die Haare waschen, damit dieses Kraut, was dir dann wild durcheinander auf dem Kopf wächst, wenigstens nach ETWAS aussieht – und am Ende wirst du wieder fluchen, weil es ein einziges Chaos ist. Und das machst du, damit du deine Chancen bei Antje erhöhst – an die du nicht so wirklich glauben wirst, aber wie immer hoffst du und hoffst. Spar dir das Aufstehen: Sie würde dich auch so nehmen.

    Und lass dir vom Frisör einfach die Haare kürzer schneiden, damit es nicht so ein Chaos gibt. Ja, Mutti wollte als zweites Kind ein Mädchen und bisher bist du viel öfters für eines gehalten worden, als dass dich jemand für einen Jungen gehalten hätte, stimmts?“

    Er nickt mit einem Lächeln.

    „Sie wird kurze Haare an dir auch dann nicht mögen, wenn du 50 bist. Aber so sehr du immer Rücksicht auf sie nehmen willst: Lass den Frisör mal was riskieren, damit du bisschen männlicher aussiehst. Ansonsten wirst du dich ziemlich lange nicht wie ein Mann fühlen, wobei es da wohl auch noch andere Gründe gibt. Die Männer um dich herum taugen ja Null als Vorbilder.

    Zurück zu Antje. Also, du wirst Chancen bei ihr haben, das steht fest. Jetzt ist nur die Frage, wie du die letzte Meile zu ihr überwindest …“

    „Letzte Meile?!“

    „Ja, das ist unser großes Problem für laaange Zeit. Wir sind Körperkontakt nicht gewohnt, außer eben Kopfnüsse und Händeschütteln. Du wirst sie nicht morgens im Bus mit einer Umarmung empfangen können … Immerhin wird sie mal auf deinen Schultern sitzen, wenn ihr zu dritt zu einem Konzert fahrt. Du wirst dich aber nicht trauen, einfach mal deinen Arm über ihre Schulter zu legen oder um ihre Hüfte, wenn sie neben dir läuft. Oder kannst du dir das vorstellen? Denn wenn du es in 5 Jahren nicht machst, dann wirst du das erste Mal einen anderen Menschen umarmen, wenn du 40 bist und das wird dann nach dem Ende der Beisetzung von Tante Lucie sein.“

    „Was?!“

    „Ich will dir keinen Druck machen, aber … Deshalb wäre es so extrem wichtig, dass du selbstbewusst wirst, wenigstens ein Stück, ein, zwei Millimeter raus aus dem Schneckenhaus, dem Leben damit wenigstens eine Chance geben kannst, dass was passiert im positiven Sinne. Das andere, also der ganze Mist, kommt alles von allein. Ansonsten wird dein Hunger nach Leichtigkeit absurd groß, wenn du 50 bist und enorm viel Scheiße vorher passiert ist. Und dann wirst du ein paar Momente erleben können, aber die nächste kalte Dusche steht da schon bereit und wird dich erstarren lassen. Du bräuchtest bis dahin immer mal wieder Phasen, wo das Leben sich leicht anfühlt, so wie du nach dieser Nacht sicher umso mehr Sehnsucht nach Flucht auf die einsame Insel mit Michaela hast.

    Aber sie wird nicht die sein, die Leichtigkeit bringt. Und eben auch nicht Daniela. Das hat nichts damit zu tun, dass du nichts wert bist. Mit 50 wirst du lernen, dass Menschen nur so viel Liebe annehmen können, wie sie sich selbst lieben können und du wirst bis dahin festgestellt haben, dass es verdammt wenige gibt, die sich in einem guten Maß lieben. Die meisten mögen sich wenig bis gar nicht, weil sie wie du eben von den Eltern keinen gesunden Selbstwert mit auf den Weg bekommen haben. Andere lieben sich über alle Maßen, die nennt man Narzissten. Du wirst dich in Frauen verlieben, die von Partnern links liegengelassen, gestalkt, geschlagen, anderweitig mies behandelt wurden …“

    „Was ist gestalkt?!“

    „Stimmt, kannst du noch nicht wissen. Das ist, wenn ein Mensch einen anderen rund um die Uhr beobachten will, ihn verfolgt, ihn angreift – das Leben mehr oder weniger zur Hölle macht. Diese Menschen betrachten Partner als Eigentum, das nicht abhanden zu kommen hat. Du wirst eine Verwandte haben, die mit einem solchen Mann zusammen sein wird und mit ihm ein Kind in die Welt setzen wird.“

    „Was?!“

    „Ja. Und das wird dich neben anderen Dingen weiter fertigmachen, weil du weißt, dass dieses Kind eines Tages auch im Dunkeln auf der Straße stehen wird und keiner hilft. Nicht unbedingt so, wie du es in der Nacht erlebt hast. Man kann Kinder auf sehr viele Arten kaputtmachen. Am Ende reicht ja schon der Vater, der keinerlei ehrliche Zuneigung für sein Kind zeigen kann.“

    „Wie kann man nur …“

    „Eben. Deine Verwandte wird von ihrem Vater keine Zuneigung bekommen. Damit wird sie sich nicht selbst lieben können, was sie in ihren Teenagerjahren im Internet in ihren Texten zeigen wird. Ach je, das Internet … Stell dir vor, du schreibst einen Brief und alle auf der Welt könnten ihn am Fernseher sehen. Ich weiß, das klingt wie aus einer anderen Welt, lass dich auch davon überraschen.

    Zurück zu deiner Verwandten: Sie wird sich also nicht selbst lieben können und Menschen, die sich nicht selbst lieben, sehen in allem, was nur ein klein bisschen nach Zuneigung aussieht, einen echten Beweis dafür – so verlogen diese Zuneigung auch sein mag. Dann dürfen diese Partner ihre Freundin auch als verlogene Schlampe bezeichnen – sie wird ihn trotzdem als Menschen mit guten Eigenschaften ansehen, weil er ihr etwas gibt, was sie nie hatte. Und davon braucht sie nicht viel, weil „ganz wenig“ ist besser als „nichts“.

    Du wirst Frauen niemals so behandeln wollen, weil du deine Mum leiden siehst und du über verdammt viel Empathie verfügst. Das ist, wenn man sich in die Gefühlslage eines anderen Menschen reindenken kann. Und damit ist deine Art, wie du einer Frau Zuneigung zeigst, langweilig für so einige. Sie sind aus ihrer Kindheit Drama gewohnt. Sie werden nicht sagen, dass sie das in einer Beziehung brauchen, sondern sie werden sagen, dass sie einen Mann mit guten inneren Werten möchten. Aber wenn du dich in sie verliebst, werden sie lange Beziehungen mit Männern hinter sich haben, die sie wie Dreck behandelt haben. Und wenn sie zwischen ihnen und dir hätten wählen können vor Beginn dieser giftigen Beziehungen, hätten sie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht DICH genommen, sondern den Stalker, Schläger oder den Typen, für den seine Freundin schnell uninteressant wird.

    Du wirst immer mal wieder von Frauen hören: Ich verliebe mich wegen der inneren Werte. Irgendwann explodiert es in dir und du würdest dem Nächsten, der diesen Satz sagt, fünf Meter Vorsprung geben, weil du ihn nicht mehr hören kannst. Der Satz wird auch von einer kommen, bei der du mal wieder auf Leichtigkeit hoffst. Sie wird dir einen Korb geben, du wirst durchhängen, auch wenn sie dir immerhin Klarheit gibt und du nicht ewig hoffen brauchst.

    Aber dir wird in dieser Zeit bewusst, dass es schon auf innere Werte ankommt – aber nicht auf GUTE innere Werte. Wenn dem so wäre, hättest du mit 50 nicht nur zwei Monate Beziehung hinter dir und die ganzen Stalker, Schläger, Narzissten wären nicht jahrelang verheiratet. Du wirst damit hadern, dass solche gruseligen Typen Beziehungen haben durften mit Frauen, neben denen du gern sitzen und in deren Augen du gern gucken würdest, mit denen du endlich diese Leichtigkeit des Seins erleben möchtest. Sie werden dann aber diese Beziehungen hinter sich haben und sehr vorsichtig sein, was du ihnen nicht vorwerfen kannst, aber woran du trotzdem mittelschwer verzweifelst.

    Mit 50 wird dir eine Psychologin sagen, du würdest immer wieder Frauen retten wollen, weil du Mum nicht helfen konntest, auch in der letzten Nacht nicht. Dabei hätte sie DICH retten müssen. Die Psychologin wird sagen, dass du eine schwache Frau und einen übermächtigen Mann erlebt hast in deiner Kindheit und damit ein verzerrtes Bild von den Geschlechtern entwickelt hast, so dass du eigentlich immer nur mit Frauen befreundet sein kannst – und sie retten willst. Aber eigentlich geht es dir darum, Kindern solchen Scheiß zu ersparen, wie du ihn jetzt wieder erlebt hast. Du wirst Frauen zuhören, die noch viel Heftigeres über sich ergehen lassen mussten, ziemlich genau in dem Alter, in dem du jetzt bist. Denk deshalb aber nicht, dass du im Vergleich dazu so gut wie gar nichts durchgemacht hast. Wenn dem so wäre, würdest du nicht diese Nacht als eine von sehr wenigen Momenten aus deiner Kindheit in Erinnerung behalten. Und du wirst dich an praktisch keinen Moment so wirklich erinnern, wo die Kindheit schön war. Andere erzählen, wie sie lustige Sachen mit ihren Eltern im Urlaub erlebt haben oder wie Papa ihnen dies und das beigebracht hat. Da wird nichts sein, was du in dieser Richtung noch vor Augen haben wirst.

    Und glaub nicht daran, dass du dich in Frauen verliebst, um sie retten zu können. Du wirst dich in sie verlieben, ohne zu wissen, was sie so durchgemacht haben. Sie werden einfach alle ähnlich aussehen wie Michaela und Daniela und Antje. Nennt man optisches Beuteschema. Wenn du diese beiden Wörter gegenüber Frauen aussprichst, werden sie mit der Nase rümpfen und dir erklären wollen, dass sie sich eben wegen dieser berühmten inneren Werte verlieben und damit meinen sie positive Werte. Die ein oder andere wird dann aber mit der Zeit feststellen, dass der Ex dem Neuen doch ähnlich sieht. So wie bei dir Mädchen bzw. Frauen keine Chance haben werden, die anders aussehen als die Mädels jetzt, so wirst du mit deinem Gesicht nicht bei jeder ins Schwarze treffen können. Der Geruch spielt übrigens auch noch eine sehr wichtige Rolle beim Suchen und Finden.

    Und dann kommt eben die Sache mit den inneren Werten dazu, also mit den wenig angenehmen Werten. Mit 50 wirst du viele Geschichten aus deiner Familie und dem Umfeld gehört haben, wie Beziehungen entstehen – und du wirst keine einzige davon haben wollen. In der Familie wird es eine Frau geben, die unbedingt eine Familie will und sie nimmt dafür einen Mann in Kauf, vor dem der Freundeskreis warnt und über den sie später sagen wird, sie habe ihn eigentlich nie wirklich geliebt – er war halt nützlich. Die gemeinsame Tochter wird das mit Magersucht und langer Therapie bezahlen müssen. Der Mann wird weitere Beziehungen haben, obwohl er phasenweise immer wieder sehr verletzend sein wird.

    Eine Kumpeline wird knapp 20 Jahre in einer Beziehung sein mit einem Mann, der ihr den Kopf abschlagen wollte bei einer Trennung. Jetzt kann man sagen: „Der war früher, als sie ihn kennenlernte, bestimmt noch unauffällig und lieb.“ Sie fand in der Matratze ihres Wohnheim-Zimmers ein Babyfon, über das er für kurze Zeit mithören konnte, mit wem sie und was sie spricht – sie hat ihn trotzdem als Partner genommen.

    Ein Typ hier im Ort wird erfahren, dass seine Freundin mit zahlreichen Männern schlief in den 3 Jahren Beziehungen. Er verlässt sie – und geht drei Monate später zurück: „Ich bekomme ja eh keine andere.“ Die Freundin bedroht Frauen, die sich an ihren „Freund“ ranmachen. Aber auch diese Frau hatte eine langjährige Beziehung.

    Du wirst mit der Leiterin eines Pflegeheims sprechen. Sie wird erzählen, wie ihr Mann sie in die geschlossene Psychiatrie gebracht hat. Er hat sie verfolgt, wenn sie mit dem Auto irgendwohin fuhr, erklärte ihr in der Kneipe, sie solle auf den Teller schauen und sich nicht umgucken. Er selbst hatte mehrere Geliebte – und auch er war mehrere Jahrzehnte in mehreren gleichzeitigen Beziehungen.

    Und so sammelst du über die Jahre mehrere Dutzend solcher Beziehungsgeschichten, die dir zeigen: Beziehungen haben sehr selten was mit Zuneigung zu tun, sondern sind das Ergebnis von Kindheitstraumata. Menschen erzählen, was sie bei einem anderen Menschen suchen und das klingt immer wieder ganz toll. Aber was sie am Ende finden, was sie anzieht und lange hält, hat oft damit nicht im Entferntesten was zu tun. Offenbar kann man auch Beziehungen verwenden für Selbstverletzungen.

    Und du brauchst ja nur deine Eltern angucken. Würdest du eines Tages so fies wie Vater werden, hättest du deutlich größere Chancen, eine Frau zu bekommen. Klingt irre, ich weiß. Aber siehst du ja, er ist seit 17 Jahren mit Mum verheiratet. Ein Typ, der Null von Frauen hält, der alle Frauen als dämlich bezeichnet. Dieser Typ hat eine Beziehung seit zwei Jahrzehnten … Und er darf seine Kinder kaputtmachen … Und er wird mit knapp 50 Jahren ein Testament verfassen, in dem steht, dass seine Kinder erst 4 Wochen nach seiner Beisetzung von seinem Tod erfahren sollen und sie nur den Pflichtteil erben sollen. Er wird Unmengen an billigem Zeug kaufen, damit bei seinem Tod nicht viel Geld auf seinem Konto ist, damit seine Kinder, also du und dein Bruder, noch weniger erben können. Er stirbt übrigens 2021.“

    „Echt?!“

    „Ja. Du wirst keinerlei Trauer empfinden und er will eh sterben. Du wirst die Beisetzung organisieren, einen Teil der Rede verfassen, weil du kein Geheuchel hören willst. Es werden nur vier Leute da sein, einschließlich dir und Mum. Sie wird dich in dieser Zeit unterstützen, obwohl sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Vorher liegt Vater knapp zwei Wochen auf der Intensivstation durch einen dicken Herzinfarkt. Er wird nur noch im Bett liegen, manchmal wird er dich angucken, die Hände heben, seinen ganzen Körper bewegen wollen. Du wirst nicht wissen, was er noch mitbekommt, ob er dich versteht, ob er weiß, wer du bist. Und du wirst seine Hand halten.“

    „Ich?!“

    „Ja. Seltsame Vorstellung heute, oder? Gerade nach dieser Nacht. Hat aber nichts damit zu tun, dass du am Ende seines Lebens doch noch ein Zeichen von Zuneigung von ihm haben willst. Du würdest auch der Frau, die im anderen Bett vor sich hin stirbt, die Hand halten, weil du dir denkst, dass Menschen in diesem Zustand auf der Schwelle zum Tod Angst haben und eben eine Berührung ganz gut tut, die ein bisschen Sicherheit gibt. Da sind wir wieder beim Thema, was? Die haltende Hand im Sturm.“

    Der Junge lässt den Kopf hängen.

    „Du wirst, wenn du seine Hand hältst, stolz auf dich sein. Weil du eben damit zeigst, ganz anders geworden zu sein als er. Du wirst ein Foto davon machen, wie du überhaupt viele Bilder im Laufe deines Lebens knipsen wirst. Schöne Bilder übrigens, darauf wirst du auch stolz sein können, aber recht spät.

    2019 wird Vater einen Schlaganfall haben. Wenn du ihn im Krankenhaus siehst, wird es das erste Wiedersehen nach 22 Jahren sein, weil du ihn nicht sehen willst. Du denkst bis dahin, dass du ihn erst wiedersehen wirst, wenn er im Sarg liegt. Er wird das nie verstehen, dass seine Kinder keinen Kontakt mit ihm mehr wollen nach der Scheidung und seinem Auszug.

    Du wirst ihm, wenn du um die 20 bist, einen Brief schreiben, nachdem er sich über den wenigen Kontakt mit dir bei Mum beschwert. In dem Brief lässt du alles raus, was sich bis heute und die nächsten Jahre aufstaut. Du wirst ihn fragen, wozu er denn Zeit mit dir verbringen will, wo es doch Null Gemeinsamkeiten gibt: keine Hobbys, keine Interessen. Ob ihr euch eine Stunde schweigend hinsetzen sollt. Du wirst ihm seine Fehlerlosigkeit spiegeln, die er in seinen Augen hat und dass nur seine Meinung richtig ist. Wie er mit Mum umgegangen ist, wie er Latschen nach ihr warf. Wie dein Bruder während Handgreiflichkeiten mit Vater Verbrennungen mit dem Lötkolben abbekam. Wie Vaters Blicke waren, bei denen man sich jede Sekunde auf das Schlimmste gefasst machen musste. Und du schreibst von Ohrfeigen, die Mutti und du letzte Nacht bekommen haben, als er euch von der Straße reinholte. Du erinnerst dich also nicht erst mit 50 an diese Nacht … Du wirst auf Vaters Aussage zur Scheidung zurückkommen, dass er nur „Sohn Thorben“ darin geschrieben hat und kein „mein …“ Ja, dort explodierst du das erste und einzige Mal ihm gegenüber, wenn auch wie immer auf Papier. Aber sagen bräuchtest du ihm das alles eh nicht, da würde ich dir nach dem ersten Satz das Wort abschneiden.

    Diesen Brief wird er laminieren und du findest ihn zu deiner großen Überraschung wieder, wenn du ca. 25 Jahre später nach seinem Schlaganfall die Wohnung aufräumst. Er wird ihn sicher nicht aufheben, weil er ein schlechtes Gewissen hat, sondern um immer zu wissen, wie böse DU DICH verhalten hast.

    Bekomm keinen allzu großen Schock, wenn du zum ersten Mal seine Wohnung betrittst. Der Mann, der seine Kinder mit Nachdruck zur Ordnung anhält, wird ein zugemülltes Schlafzimmer und einen zugemüllten Keller haben.“

    Dem Jungen fallen die Augen fast raus.

    „Ja. Er wird es immer verstehen, nach außen wie ein ganz netter Mensch zu wirken, völlig unauffällig. Selbst seiner Lieblingsnichte wird der Mund offen stehen, wenn sie das Schlafzimmer betritt, obwohl sie zu den Geburtstagen bei ihm sein wird. Dort lässt er aber nie jemanden rein. Wenn du ihr von deiner Kindheit erzählst, wird sie sehr staunen, denn das alles hätte sie ihrem Onkel niemals zugetraut. Die fliegenden Latschen kennt sie von ihrem eigenen Vater.

    Nach dem Schlaganfall wirst du auch auf Menschen außerhalb der Familie treffen, die mit Vater zu tun hatten. Seine Bibliothekarin wird sagen: „Ach je, na das hat er nicht verdient.“ Er wird jedes Jahr Urlaub in Österreich machen, immer in der gleichen Pension. Die Frau dort wird ihn als hochanständig bezeichnen, wenn du mit ihr telefonierst. Er sei einer von sehr wenigen Männern, bei dem sie sich nicht eingeschlossen hat, wenn er da war. Hätte sie erlebt, was du letzte Nacht erlebt hast, würde sie wohl doch den Schlüssel rumdrehen.“

    „Der Wolf im Schafspelz …“ – die Schultern sacken wieder nach unten.

    „Genau. Und wir haben keine Beweise, dass das Schaf in Wahrheit ein Wolf ist. Wenn Vater heute in den Garten dort drüben geht, wird er alle ganz freundlich grüßen, der hochanständige Mann. Unsere Geschichte zählt nicht, wir stehen allein im Dunkeln …“

    „In den Garten können wir heute nicht, wir gehen in den Geburtstag zu Onkel und Tante.“

    „Du liebe Zeit, und da wird wieder die heile Familie gespielt … Deiner Cousine wirst du auch nichts sagen, oder?“

    Keine Reaktion.

    „Klar, was könnte sie schon machen, ist ja noch jünger als du. Wer könnte überhaupt helfen? Deshalb wirst du fast immer still sein, wenn du schreien möchtest. Ach, dann ist heute der 5. August 1984?“

    „Ja.“

    „Oh Mann, das fällt mir jetzt erst auf. In 35 Jahren wird er genau zu dieser Zeit im Krankenhaus wegen des Schlaganfalls liegen. Und heute in exakt 35 Jahren wirst du einen Koffer für ihn in seiner Wohnung packen und den Koffer ins Krankenhaus schaffen, damit er zur Reha fahren kann. Das ist wieder verdammt schräg … Und nach der letzten Nacht wirst du dir das überhaupt nicht vorstellen können. Wenn mir das so bewusst gewesen wäre mit dem Datum, hätte ich … Hmm, keine Ahnung.“

    Der Junge schaut zum Boden, dann zum Kleinen: „Da ist die Welt noch in Ordnung … irgendwie. Der kann noch lächeln …“

    „Japp. Irgendwann wirst du dein Fotoalbum durchblättern und viele ernste Gesichter von dir darin sehen. Brauchst dir nur das Foto angucken in deinem Pionier-Ausweis oder im Handball-Ausweis. Der kleine, scheinbar unbeschwerte Junge taucht dort nicht mehr auf …“

    Tränen laufen.

    „Du wirst nie den Wunsch spüren, selbst Kinder haben zu wollen und ich kann dir das nicht wirklich erklären. Für andere mit noch viel mieserer Kindheit sind eigene Kinder DAS Lebensziel. Dein fehlender Kinderwunsch kann also nichts damit zu tun haben, dass du am Kindsein überhaupt nichts Positives sehen kannst. Von einer Frau, die durch ihren Vater Widerliches durchgemacht hat, wirst du hören, dass sie glaubte, mit einem Kind werde das Leben endlich besser – und sie wird sagen, dass es doch nicht so einfach läuft.

    Eine andere wird dir sagen, dass sie Kindergeschrei nie leiden konnte und eigentlich keine Kinder will, aber die Familie und die Gesellschaft würden ja von einer Frau erwarten, Kinder zu bekommen. Und sie wird auch eins bekommen, obwohl sie am besten weiß, wie es ist, wenn man ohne Liebe in die Welt gesetzt wurde. Ihre eigene Mutter hat die Pille heimlich abgesetzt und ihren Freund vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Frau wird dir leise sagen, dass es kein schönes Gefühl ist, auf diese Weise auf die Welt gekommen zu sein – und am Ende macht sie es ähnlich. Bei anderen Frauen wirst du vermuten, dass sie ein Kind bekommen haben, damit endlich ein Wesen für sie da ist, das sie bedingungslos liebt und mit denen sie von anderen Menschen endlich Aufmerksamkeit bekommen. Kinder kriegen scheint eine ziemlich egoistische Sache sein zu können.

    Dir werden Kinder nicht egal sein, eher im Gegenteil. Du wirst einen ziemlichen Drang entwickeln, anderen Kindern ersparen zu wollen, dass sie mitten in der Nacht allein auf der Straße stehen müssen. Oder dass sie von ihrem Bett aus mit ansehen müssen, wie sich die Familie an die Gurgel geht – von anderen Dingen ganz zu schweigen. In der Klinik, wo du länger sein wirst, wirst du sagen, dass Eltern ab dem Tag, an dem eine Schwangerschaft feststeht, unter psychologische Begleitung kommen sollten, bis die Kinder erwachsen sind. Du wirst in entrüstete Gesichter gucken – aber es wird keine Gegenvorschläge geben, wie man sonst Kindern ein kindgerechtes Aufwachsen ermöglichen kann. Du wirst dich fragen, ob den anderen ihre Kindheit, so schlimm sie auch war, am Ende gefallen hat oder ob sie nicht wie du den Wunsch hätten, im Nachhinein das Kind, was sie mal waren, beschützen zu wollen. Klar, an Vater wäre wohl jeder Psychologe gescheitert …“

    „Was ist ein Psychologe?“

    „Das ist jemand, der das reparieren soll, was in der Kindheit kaputtgemacht wurde.“

    „Ändert er sich, wenn er älter wird?“

    „Vater?! Dieses Mit dem Alter wird man weiser ist so eine Lebensweisheit, die du immer mal wieder hören wirst, genauso wie dieses Ich verliebe mich wegen guter innerer Werte. Das sind Weisheiten, für die es keine Beweise im wahren Leben gibt. Nein, er wird mit 75 genauso ein uneinsichtiger Sturkopf sein wie der, der da heute oben in der Wohnung in seinem Sessel sitzt und sich keiner Schuld bewusst ist, was er angerichtet hat. Schuld sind bei ihm immer andere. Immer. Dass dein Bruder so ist, wie er ist, ist in Vaters Augen auch allein die Schuld von Mums Eltern. Auch mit 75 wird er so sein. Nach dem Schlaganfall wird er ironischerweise weitgehend auf Frauen angewiesen sein, ob im Krankenhaus, bei der Reha oder im Pflegeheim – also den dämlichen Weibern.“

    Er schmunzelt, allerdings nur leicht.

    „Ich glaube, uns hätte selbst ein Psychologe nicht geholfen. Vielleicht hätte er Mum erklären können, dass dieser Mann seine Kinder vergiften wird, wenn sie mit ihm zusammenbleibt. Aber du wirst an deiner Verwandten sehen, dass man solche Beziehungen nicht mit guten Argumenten verhindern kann. Du wirst später immer wieder von toxischen, also giftigen Beziehungen hören. Davon gibt es sehr viele. Es sind eben die, wo einer den anderen kontrolliert, misshandelt, wie Dreck behandelt. Diese giftigen Beziehungen vergiften die Kinder aus diesen Beziehungen und diese Kinder reichen das Gift dann an ihre eigenen Kinder weiter, wenn niemand dazwischengeht. Du weißt nichts über die Kindheit von Vater, richtig?“

    Kopfschütteln.

    „Du erfährst das auch erst von deiner Mum, wenn du fast 50 bist und er den Schlaganfall hatte. Er hat seinen eigenen Vater nie kennengelernt. Seine Mutter, also unsere Oma, die wir nie kennengelernt haben, hatte im Sommer 1943 kurz mal was mit einem während eines Rummels, ein gelernter Steinmetz, der nördlich von Leipzig gewohnt hat. Ihr Mann war im Krieg gestorben. Vater wurde vor allem von seinem 11 Jahre älteren Bruder betreut, die Mutter ging viel arbeiten und hatte laut Mum wohl auch nicht wirklich was Mütterliches. Der Bruder wurde mit 20 zum zweiten Mal Vater, da war unser Vater 9. Spätestens ab da wird sich der Bruder auch nicht mehr viel um Vater gekümmert haben. Um seine Bedürfnisse als Kleinkind und Kind bezüglich Anerkennung, Zuneigung hat sich also auch kein Vater gekümmert und die Mutter sehr dezent. Er stand genauso allein da wie du letzte Nacht. Und so wie du hat er nie erlebt, wie es ist, einen wirklichen Vater zu haben.

    In der Schule wurde er gehänselt, weil er ein Bastard war, also ein Kind, das von einem außerhalb der Familie gezeugt wurde. Nach dem Schlaganfall wirst du ihn danach fragen, wie er in der Schule behandelt wurde. Durch den Schlag kann er nicht verständlich sprechen, auch wenn er glaubt, man versteht ihn. Deshalb wird er fragen, ob du und seine Lieblingsnichte dämlich seid und er wird glauben, du willst ihn nicht verstehen, damit du ihn ins Heim abschieben kannst. Das wird dir ziemlich zusetzen. Du wirst keine Dankbarkeit von ihm erwarten für all das, was du für ihn machst, weil du ihn eben kennst. Aber diese Arschtritte bekommst du in einer Zeit, wo du eh schon die größte Schwere in deinem Leben erleben wirst. Diese Schwere wird sich über anderthalb Jahre ziehen und dazu beitragen, dass du eines Tages kaum noch laufen kannst.

    Na jedenfalls wird Vater, wenn du ihn nach dessen Schulzeit fragst, die Hände hochnehmen und zu Fäusten ballen und dir mit Stolz erklären wollen, dass er sich so gegen die Mobber gewehrt hat. Ach, Mobber sind Menschen, die andere immer wieder ärgern, niedermachen. Kennst du ja. Vater hat also als Kind gelernt, sich nicht alles gefallen zu lassen, nicht alles runterzuschlucken wie wir. Er hat seinen Weg gefunden, nicht mehr Opfer zu sein: dominantes Auftreten und keine Schwäche zeigen, auch nicht in Gefühlen. Niemand hat eingegriffen, kein Psychologe, weder als er Kind war noch als klar war, dass er Vater wird. Und nun stehst du hier mit müden Augen, weit weg von der Leichtigkeit des Kleinen da. Und schon bei ihm wird das Gift wohl anfangen zu wirken.“

    „Können wir nichts machen für ihn?“

    „Hmm … Ich rede mich euch, weil ich herausfinden soll, was ihr gebraucht hättet und was mir selbst heute fehlt. Das nennt man das innere Kind. Es lebt in jedem Erwachsenen, auch wenn wir glauben, unsere Kindheit wäre längst Geschichte. Aber mit 18 wird kein Schalter gedrückt, dank dem wir alles vergessen können, was vorher war und wir werden ein komplett neuer Mensch. Viele dieser Erwachsenen erzählen anderen, dass sie doch keine Kinder mehr sind und das, was war, abhaken sollen. Dabei merken sie nicht, wie sie selbst auf den Gleisen unterwegs sind, die ihnen in der Kindheit einbetoniert wurden. Die einen jagen weiter der Anerkennung ihrer Eltern nach, bauen sich ein Geschäft auf, in der Hoffnung, dadurch im Wert bei Mutter oder Vater zu klettern. Andere schämen sich für Dinge, für die sie sich gar nicht schämen bräuchten, z.B. vor anderen Menschen zu gähnen – weil sie als Kind beigebracht bekamen, dass man das nicht macht. Solche Geschichten gibt es zu Dutzenden. Das, was als Kind passiert ist, bleibt ein Rucksack, den man sehr schwer loswird.

    Und ich weiß nicht, was ich mit euch Kindern machen soll, was ihr mir sagen sollt und könnt. Ich weiß nicht, ob ich auf Vater wütend sein sollte, ob ich um meine Kindheit trauern soll, ob irgendwas helfen würde, damit ich wieder auf die Beine komme. Wenn der Kopf Gefühle nicht mehr verarbeiten kann, leidet der Körper. Aber es ist so viel an Trauer, Wut, Hilflosigkeit, Ungerechtigkeitsempfinden, Enttäuschungen zusammengekommen – das konnte nicht gutgehen. Das Wegdrücken von Gefühlen kostet angeblich verdammt viel Energie und die fehlt mir absolut, genauso wie die Glücksmomente als Gegengewicht zu all dem Mist.

    Wirklich helfen würde wohl nur, wenn ich dir jetzt die Weiche anders stellen könnte, genauso wie unserem Kleinen da. Eigentlich wirst du trotz dem, was letzte Nacht und sonst so passiert ist, ein ziemlich guter Mensch – oder eben gerade deswegen. Wenn alle so wären wie du es wirst, läge die Welt sich in 40 Jahren nicht so an der Gurgel. 2023 wirst du feststellen, dass die Welt eigentlich genauso ist wie letzte Nacht: Jeder gegen jeden und du stehst daneben. Es macht überhaupt keinen Sinn, wie diese angeblichen Erwachsenen miteinander umgehen, du willst Harmonie, keine Lautstärke – aber das, was du dir wünschst, geht nicht in Erfüllung. Wer laut ist, der bekommt dann die meiste Aufmerksamkeit, wie im Kindergarten. Die einen führen Kriege, die anderen beleidigen, wieder andere glauben an ihre ganz eigenen Wahrheiten. Menschen lassen sich bis zur Unkenntlichkeit Gesicht und Körper operieren und mit Farbe zukleistern, um im Mittelpunkt zu stehen oder um sich einen Schutzpanzer anzuschaffen. Sie fressen im Fernsehen Würmer, sie breiten ihre Beziehungen und Trennungen in aller Öffentlichkeit aus und ziehen gleichzeitig über andere her, die auf andere Weise nach Aufmerksamkeit schreien.

    Und du stehst still da, allein wie letzte Nacht. Weil du weißt, wie sich das anfühlt, wirst du für andere da sein, ihnen zuhören, so wie du es heute bräuchtest. Dir werden Menschen ihre Geschichten erzählen, die sie kaum jemandem sonst erzählen. Eine 70-Jährige wird sagen, dass sie gern einen Sohn wie dich hätte, weil ihre Kinder sie mit ihrer Depression nicht verstehen. Eine 18-Jährige wird dich, wenn du Mitte 40 bist, als so ziemlich einzigen sehen, dem sie sich anvertrauen kann. 5 Jahre später wirst du nichts mehr von ihr hören, den Grund verrate ich dir lieber nicht.

    Bei all dem wirst du dich selbst ziemlich vergessen. Aber klar: Du wirst immer wieder daran scheitern, die Leichtigkeit des Daseins erleben zu dürfen, also machst du halt wenigstens anderen das Dasein für einige Momente leichter und bekommst dadurch ein gutes Gefühl, genau wie es Mum machen wird. Sie hilft auch immer Menschen, denen sonst keiner hilft – und steht allein da, wenn sie selbst Hilfe braucht. Ist auch so innerhalb der Familie, sei nicht zu enttäuscht, wenn dir das irgendwann klar wird. Dich braucht niemand fragen, ob du hilfst, du siehst einfach, wenn es jemandem beschissen geht. Mit 50 wird dir in der Klinik jemand sagen, dass du dein eigenes Ich viel mehr nach vorn schieben sollst – und du hast keinen Plan, was dieses Ich überhaupt sein soll. Du wirst dich irgendwann fragen, ob du nicht für deine Eltern viel mehr da warst als sie für dich. Du wirst dich fragen, ob dieser Gedanke ungerecht ist. Du wirst denken, dass du das Aschenputtel bist, welches die Scherben der anderen alle die Jahre wegräumen muss, aber nie zum Ball gehen darfst, um den Prinzen bzw. die Prinzessin zu treffen. Und du fragst dich, ob du überhaupt zum Ball möchtest, wo so viel Schein ist, der blendet.

    Ich weiß, das ist für dich vermutlich alles viel zu viel. Aber du bist in der Pubertät oder kommst demnächst da rein, dann wird das Gehirn neu verdrahtet und bevor du all diese leeren Lebensweisheiten da reingesteckt bekommst, wäre es gut, wenn du weißt, wie der Hase läuft. Du sollst nicht glauben, dass du so, wie du bist, nicht würdig für Michaela oder Daniela oder wie sie heißen werden sein wirst. Dein Ego braucht nicht noch mehr auf den Deckel, im Gegenteil. Du wirst lange glauben, du stündest unterhalb aller anderer Menschen und es wird dann 30 Jahre brauchen, bis dir klar wird, dass fast alle anderen sich genauso klein vorkommen wie du bis dahin. Einige fühlen sich ganz groß, die sind aber auch nicht gesünder als du. Du wirst immer anders ticken als andere Kinder, du wirst Dinge anders wahrnehmen wie sie. Sie werden nicht verstehen, warum du nicht in die Disko mitgehst. Sie wissen nicht, dass du es nicht laut magst und du um Menschen, die Alkohol trinken, einen großen Bogen machst, weil du zu Hause erlebst, dass Besoffene nichts Gutes an sich haben.

    Also kannst du auch Antje nicht in die Disko einladen, du brauchst einen Plan B. Frag mich nicht, wie der aussieht, ist ja nicht viel los hier im Dorf. Frag sie einfach, ob ihr mal wandern gehen wollt. Ja, klingt lahm, aber vielleicht ist sie davon begeistert, weil DU mit ihr wandern gehen willst. Wenn sie mitkommt, dann guck, ob du ganz unauffällig Körperkontakt herstellen kannst. Biete ihr deine Hand an, wenn ihr über eine Pfütze müsst oder wenn der Weg matschig ist oder Äste im Weg sind. Streichel ihr über die Schulter und sag: „Da war was“ und lächle dabei verschmitzt. Nutze deinen Ideenreichtum. Du wirst dich das alles niemals trauen, wenn du dich für chancenlos bei ihr hältst. Wenn sie dann wegzieht, wird dein Herz wohl einen ordentlich Knick bekommen, aber das wird auch passieren, wenn du nichts wagst – bzw. wenn du herausfindest, dass sie mit einem Kumpel von dir heimlich schreibt. Sei schneller als er! Der Vorteil nach Antje wird dann sein: Du weißt, dass du durchaus Chancen bei Frauen haben kannst und du lernst, wie du die letzte Meile überwinden kannst. Vater wird dir das nie erklären, ihm geht dein Liebesleben so am Allerwertesten vorbei wie deine sonstige Gefühlswelt.

    Ist halt blöd, dass es gerade jetzt so eskaliert ist und die Scheidung mittenrein in deine Pubertät fällt. Auch das macht was mit Menschen. Keine Ahnung, ob uns einfach Testosteron von Natur aus fehlt oder ob uns die Rebellion gegen unsere Eltern fehlt, damit die Pubertät richtig funktionieren kann und die Männer-Hormone in Gang kommen. Es wird dir Ewigkeiten vorkommen, bis du dich das erste Mal rasieren brauchst. Und so wirst du bei Frauen, die viel Testosteron im Geruch eines Mannes brauchen, auch keine Chance haben, tut mir leid. Die landen dann bei den Sportskanonen, so wie Michaela. Bei welchen Mädels bzw. Frauen, die dich die Schwere des Lebens vergessen lassen, du Chancen haben wirst, kann ich dir auch nicht sagen. So wie du nicht mit der Sprache rausrücken kannst aus Angst vor Zurückweisung, so geht es den anderen eben auch. Da haben es die Typen einfacher, die einfach fragen können: Willste f… ähm, Möchtest du mit zu mir kommen? So billig das auch rüberkommt: Die Masche hat Erfolg. Ist wie Fischen mit Dynamit. Dir wird das aber nichts geben. Lieber sitzt du den ganzen Tag mit einer Angel am Teich und gehst ohne Fang nach Hause. Dort sitzt du dann, träumst wieder von der Leichtigkeit und schreibst Bücher darüber, wie leicht es eigentlich zwischen Menschen sein könnte, wenn sie nicht in Massen als Kinder kaputtgemacht worden wären und dann ihre eigenen Kinder kaputtmachen.“

    „Schreib ich wirklich Bücher?“

    „Kommt drauf an. Wenn alles genauso läuft, dann ja. Jedes Buch wird mit einer Frau verbunden sein, mit der du dir sonnige Tage erhoffst, bei der du aber am Ende im Regen stehen wirst. Du wirst dir sagen: Je unglücklicher der Künstler, desto besser seine Werke. In den Büchern und anderen Texten verarbeitest du deine Gefühle, deine Wünsche und wenn du sie nach ein paar Jahren liest, werden dir an vielen Stellen Tränen kommen. Falls du es schaffst, bei Antje mutig zu sein – wer weiß, wie es dann weitergeht. Während der Studienzeit lernst du eine Anja kennen und wirst sie all die Jahre still anbeten. Keine Ahnung, ob du bei ihr Chancen haben wirst. Du wirst auf jeden Fall ein Bild im Kopf behalten, wie du ihr beim Eis essen gegenüber sitzt und sie dabei lächelt. Wenn du bei Antje ein bisschen raus aus dem Schneckenhaus kommen kannst, dann kannst du bei Anja auch mutiger sein, weil du dann weißt, wie es gehen kann und weil du ein Erfolgserlebnis hattest. Ein Mal mutig sein können, kann deinen ganzen Lebensweg verändern. Klar, wenn du einen Korb bekommst, wird es wieder weh tun und du kannst ihr für den Rest des Studiums nicht aus dem Weg gehen. Vielleicht hast du dann aber den Blick für eine andere frei, die ich übersehen hatte. Vielleicht hing eine wegen mir die ganze Zeit durch und ich hab sie ignoriert, weil ich völlig auf Anja konzentriert war. Liebe ist eine Katastrophe, sag ich dir …

    Egal wie: Dein Leben würde anders, wenn du dich nicht als so winzig empfinden würdest – also nicht körperlich, da schaffst du es auf 1,87 m. Deine Eltern werden dir nicht helfen können. Vater vernichtet jegliches Selbstbewusstsein durch seine Dominanz und Mutti ist das Mauerblümchen, das erst jetzt nach dieser Nacht wirklich aufwacht und sich emanzipiert. Deine Eltern können dir keinen guten Selbstwert mit auf den Lebensweg geben, sie haben selbst keinen.

    Und ich wüsste nicht, wer dich sonst an die Hand nehmen könnte, um dir Ängste zu nehmen. Du hast zwar einen älteren Bruder, aber auch nur auf dem Papier, so wie es mit Vater ist. Wunder ist es keins: Dein Bruder wurde von den Großeltern wie ihr Sohn aufgezogen, den sie nie hatten. Omas jüngerer Bruder ist mit 16 zu Hitlers Kanonenfutter geworden, vermutlich hat auch das ein Trauma hinterlassen und sich dann vererbt. Dein Bruder durfte bei Oma und Opa als kleines Kind alles – und zu Hause wartete mit Vater das komplette Gegenteil. Er hat rebelliert, schon als Kind, in der Schulzeit Lehrerinnen zum Heulen gebracht und nun die Nummer mit dem Wohnheim. Das ist eben sein Weg durch und raus aus der Kindheit unter diesen Eltern. Er kassierte dafür Vaters Handgreiflichkeiten, ich „nur“ Kopfnüsse und Ignoranz. Bloß gut, dass ich in diesen Handgreiflichkeiten kein Zeichen von Zuwendung für meinen Bruder gesehen habe und später von einer Frau so behandelt werden wollte als Zeichen von Zuneigung. Dann wäre ich wohl beziehungsfähig gewesen, nur was für Beziehungen das dann geworden wären …“

    „Klingt nicht so schön, was mich noch erwartet …“

    „Ich weiß. Eigentlich wäre es besser, wenn du nichts davon wüsstest, was auf dich noch zukommt. Und dabei hab ich dir noch wenig davon erzählt. Es ist kein Wunder, dass mir die Tränen kamen, als sich der Kleine da zu mir umdrehte. Ich will nicht, dass er zurück in diese Wohnung gehen muss. Ich will auch nicht, dass du wieder reingehen musst und noch mehr Narben sammelst, dich noch mehr einschließt, du von anderen verletzt wirst, weil sie nicht wissen, was du durchmachst. Aber ich hab keinen Plan, wie das funktionieren soll. Wir werden sehr gut darin, anderen zu helfen, aber wir sind furchtbar schlecht, Hilfe anzunehmen.“

    „Weil mir jetzt keiner hilft?“

    „Gut möglich. Wenn dir in dieser Nacht niemand zu Hilfe kam, warum soll es dann jemand in anderen Nächten?“

    „Haben die Bücher, die ich schreibe, ein Happy End?“

    „Du wirst bei deinem ersten Buch sagen: Ich gönne den Lesern erst eins, wenn ich selbst eins erleben durfte.“

    „Also …“

    „Sagen wir es so: In einem Buch gehen am Ende er und sie Hand in Hand zu ihr nach Hause. Das ist doch ein gutes Ende, oder?“

    Er grinst: „Naja, schon. Aber …“

    „Das Verkleistern der Augen überlässt du anderen. Also dieses Dann heirateten sie, bekamen fünf glückliche Kinder und wenn sie nicht gestorben sind … Du wirst mit 50 von keiner langen Beziehung gehört haben, die du für dich haben wollen würdest. In deinen Büchern wirst du wieder sehr ehrlich sein, Finger in Wunden legen und nicht einfach ein Pflaster drauf kleben. Du hoffst, dass du den Menschen damit einen Spiegel vor die Nase halten kannst, dass die Welt alles andere als heil ist, dass es sehr viele Menschen gibt, die im Dunkeln alleingelassen werden, warum so viele Menschen kaputt sind, dass man ihnen schon in der Kindheit zu Hilfe hätte kommen müssen.“

    „Und das lesen viele?“

    „Ich sag dir Bescheid, wenn es so weit ist.“

    „Hmmm.“

    „Genau. Und wie bekommen wir jetzt für unser Treffen ein glückliches Ende hin?“

    „Ich bin 11, woher soll ich das wissen?“

    „Na das Büchlein, dass du in wenigen Jahren wegen und für Michaela schreiben wirst, wird zeigen, wie viel Fantasie du jetzt schon hast. Die hat sich vielleicht auch nur deshalb so entwickelt, damit wir flüchten können oder es sind einfach gute Gene, keine Ahnung. Du schreibst doch jetzt schon Aufsätze, die aus der Reihe tanzen oder kommt das später? Okay, eher in den nächsten Jahren. Ach, du wirst übrigens auch Reden halten vor der gesamten Schule.“

    „ICH?!“

    „Japp. Du wirst bei den Thälmann-Pionieren und in der FDJ in der Schulleitung sitzen und dann darfst du die Reden halten – und schreiben. Dir wird das Null Spaß machen, aber du musst ja … Und dass du das überhaupt machst, sollte dein Selbstbewusstsein eigentlich stärken.“

    „Tut es das?“

    „Ich glaube, zu Hause wird davon niemand was wissen, zumindest wird es kein großes Thema sein. Vater wird dir nicht auf die Schulter klopfen. Ich denke, dass ihm deine Intelligenz unheimlich ist. Er selbst ist in der achten Klasse abgegangen mit sehr durchschnittlichen Zensuren. Trotzdem glaubt er, alles am besten zu wissen. Solchen Menschen wirst du später reichlich begegnen. Versuch niemals, ihnen die Welt mit Fakten erklären zu wollen. Sie haben alle ihre eigene Kindheitsgeschichte und würdest du sie kennen, würdest du wohl verstehen, warum sie so ticken. Aber das wird eine Zeit sein, in der kaum einer dem anderen mehr zuhört. Alle sprechen und halten sich dabei die Ohren zu. Sei froh, dass du keinen Kinderwunsch haben wirst. In diese kranke Welt wirst du keins gesetzt haben wollen, weil du es nicht beschützen könntest, außer du würdest es rund um die Uhr begleiten. Selbst wenn du alles richtig machen würdest, ihm alle Bedürfnisse erfüllst, dabei aber auch Leitplanken setzt – es käme in die Schule und würde wohl fertiggemacht. Oder später dann als Erwachsener.“

    „So schlimm wird es?!“

    „Ja.“

    „Kein Happy End?“

    „Wenn du dir eine Hütte im Wald leisten kannst und keine Nachrichten guckst und du dich mit möglichst wenig Menschen unterhältst, dann bekommst du vielleicht nicht mit, wenn neue Atombomben fliegen. Du wirst mir nicht glauben können, wie sich die Welt technisch entwickeln wird. Science Fiction kommt schneller als du denkst und du wirst von der Technik eigentlich ziemlich begeistert sein. Und wenn du Mitte 40 bist, wirst du schreiben: Wir haben einen wunderbaren Planeten unter unseren Füßen. Wir haben alle technischen Möglichkeiten, um die Zeit, in welcher wir auf dieser Erde wandern, sorgenfrei zu erleben. Wir haben alle Chancen, um glücklich zu sein, ob allein oder mit einem Wesen an unserer Seite. Wir sind die fortgeschrittendste Art im Umkreis von Lichtjahren. Nur eines können wir offenbar nicht: aus der Geschichte lernen.

    „Warum sind Menschen so?“

    „Frag deine Eltern.“

    „Hmm …“

    „Jetzt sag du mir, was den Kleinen da glücklich macht, du bist mit dem Alter viel näher dran.“

    Er sieht ihn an, überlegt lange. „Naja, er scheint sich über nichts Sorgen zu machen, ist neugierig, vorsichtig. Es muss ihm halt jemand ruhig erklären, dass er nicht vor Marienkäfern weglaufen braucht. Aber Vati erklärt ja nichts.“

    „Stimmt. Seine zweite große Lebensweisheit neben Weiber sind alle dämlich: Entweder man kann etwas oder man kann es nicht. Also braucht er seinen Kindern auch nichts beibringen – entweder du kannst es oder du kannst es nicht.“

    „Dann brauche ich ja nach den Ferien gar nicht mehr zur Schule?!“

    „Genau. Und mit 18 setzt du dich in sein Auto. Entweder du kannst fahren oder es landet am Baum.“

    „Wie soll man dann wissen, was man kann, wenn er mir nicht zeigt, wie was geht?!“

    „Frag ihn.“

    „Lustig.“

    „Japp. Wie sollst du merken, was du gut kannst, wenn du dich nicht ausprobieren kannst? Wie sollst du dann merken, dass du Stärken hast? Er ist nur zur Stelle, wenn du scheinbar Schwäche zeigst – aber nicht, um zu sagen Hey, ich zeig dir, wie das geht.

    Der Blick des Jungen geht zurück zum Kleinen: „Er wird nicht sofort glauben, dass der Marienkäfer ihm nichts tut, da braucht man Geduld. Was braucht er sonst? Einfach für ihn da sein. Mit ihm rumalbern. Dass er einfach Kind sein darf, mit einer Familie, bei der er sich zu Hause fühlt. Sicher. Wo man Rücksicht nimmt auf seine … Meisen. Wo er auch mal heulen darf, ohne „Reiß dich zusammen!“ zu hören. Wo er auch Angst haben darf, wenn er abends in den Keller gehen muss und wo er sich das zu sagen trauen darf. Wo man ihm zuhört. Wo er sich nicht unsichtbar fühlt. Wo man ihn fragt, wie es ihm geht. Wo er Fehler machen darf, ohne Kopfnüsse zu bekommen. Kinder machen nun mal Fehler. Wo er für Sachen gelobt wird, die er gut macht. Wo das Leben einfach Spaß macht. Eigentlich ist das nicht viel, oder?“

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht. Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit. Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    #metoo (1) 2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) abschied (1) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beziehung (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) Bundestagswahl 2021 (1) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) freiheit (2) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) interview (1) Journalismus (4) kampagnen (1) kinderwunsch (1) Kindheit (4) Krankenhäuser sind Hurenhäuser (1) liebe (2) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) Mutterliebe (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) Spaltung der Gesellschaft (1) Sucht (1) tot (3) Vater & Sohn (2) Vernunft (1) verrückt (21) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) wird nicht besser (3)

  • Brief an Dich

    Brief an Dich

    Hallo.

    Unsere Beziehung hat viele Höhen und Tiefen erlebt, wobei die Täler deutlich tiefer waren als die Gipfel hoch. Wir haben uns durchgeschlagen – oder besser gesagt: durchschlagen müssen. Gern würde ich einen Satz hier hinsetzen, den man in jedem Kitschroman liest: „Das hat unsere Beziehung stärker gemacht und wir sind daran gewachsen.“ Aber wir beide wissen, es wäre gelogen. An jedem von uns hat die Vergangenheit Spuren hinterlassen, nicht nur oberflächliche Lackschäden.

    Vor allem in den letzten Jahren habe ich versucht, dich zu beschützen, so gut es unter all den Umständen ging. Du weißt, dass ich deine Signale nicht ignoriert habe, die sagten: „Vorsicht, das kann mächtig ins Auge gehen.“ Ich habe Brücken zu anderen hochgeklappt, um unsere Beziehung zu schützen, uns beide irgendwie durch die stürmischen Zeiten zu bringen. Aber wir hätten uns in die einsame Hütte im Wald am See verkriechen müssen, um all den Treffern ausweichen zu können und mit heiler Haut durchzukommen. Und nur so hätten wir Erwartungshaltungen anderer an uns fernhalten können, laut denen wir jeglichen Wahnsinn einfach abzuhaken haben.

    Nun müssen wir schauen, was die Zukunft bringt und das „Produkt“ unserer Vergangenheit gemeinsam austragen. Irgendwann wird unser Kind einen Namen haben. Ob es das ist, was sich beim Ultraschall zeigte, werden wir sehen. Vielleicht ist es auch mal wieder die völlig falsche Fährte. Nur eines ist sicher: Nichts und niemand wird uns trennen – nur der Tod. Dann wirst du zu Asche und ich zu unsichtbarem Staub. Bis dahin gehen wir Hand in Hand weiter unseren Weg – oder besser gesagt: Du trägst mich weiter auf deinen Schultern.

    Grüße ans Herz und all die anderen Organe, mein lieber Körper.

    Dein Kopf.

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    #metoo (1) 2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) abschied (1) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beziehung (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) Bundestagswahl 2021 (1) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) freiheit (2) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) interview (1) Journalismus (4) kampagnen (1) kinderwunsch (1) Kindheit (4) Krankenhäuser sind Hurenhäuser (1) liebe (2) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) Mutterliebe (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) Spaltung der Gesellschaft (1) Sucht (1) tot (3) Vater & Sohn (2) Vernunft (1) verrückt (21) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) wird nicht besser (3)

  • Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.

    Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.

    Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin Tischler. Das Holz sieht noch richtig gut aus.“

    Der Untergehende seufzt: „Und dennoch sinke ich.“

    Der Tischler schaut noch einmal: „Hmm. Also am Holz kann es nicht liegen.“ Dann greift er in seine Ruder und verschwindet langsam im Nebel.

    Drei Tage später taucht ein weiteres Boot auf. Wieder grüßt man sich freundlich: „Ich bin Händler. Du solltest dich nach einem größeren Kahn umsehen, so wie meiner, dann kann dir das nicht so schnell passieren. Dafür musst du allerdings hart arbeiten.“

    Der Untergehende seufzt wieder: „Im Moment sind meine Sorgen andere.“

    Der Händler zuckt mit den Schultern: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Wer nicht will …“ Dann rudert er weiter.

    Wieder drei Tage später: ein drittes Boot. „Sei gegrüßt. Ich befasse mich mit dem Wetter. Du brauchst keine Angst haben vor neuen Unwettern, die nächsten Tage bleibt der Wind ruhig und die Sonne wird scheinen.“

    „Wenn ich dann noch lebe …“, raunt der im Kahn, dem das Wasser inzwischen bis zum Halse steht.

    „Ach, sag nicht so was. Aus schlimmen Zeiten lernen wir fürs Leben. Also: Lass den Kopf nicht hängen. Man sieht sich.“

    Vier Tage später begegnen sich Händler und Tischler an der gleichen Stelle und fischen Holzteile aus dem Meer: „Teilen wir uns den Gewinn?“, fragt der Händler.

    „Wie wäre es, ich würde alles Holz nehmen und du machst mir einen fairen Preis?“

    „Damit kann ich leben.“

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    #metoo (1) 2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) abschied (1) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beziehung (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) Bundestagswahl 2021 (1) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) freiheit (2) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) interview (1) Journalismus (4) kampagnen (1) kinderwunsch (1) Kindheit (4) Krankenhäuser sind Hurenhäuser (1) liebe (2) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) Mutterliebe (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) Spaltung der Gesellschaft (1) Sucht (1) tot (3) Vater & Sohn (2) Vernunft (1) verrückt (21) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) wird nicht besser (3)

  • Über Tote sagt man nichts Schlechtes

    Über Tote sagt man nichts Schlechtes

    Über Tote sagt man nichts Schlechtes. So will es eine dieser ungeschriebenen Regeln. Wenn dir also nichts Positives einfällt, dann musst du schweigen. Doch jedes Leben erzählt eine Geschichte und so sehr Menschen herzerwärmenden Kitsch mögen, so sehr sollten wir aus den weniger schönen Geschichten lernen. Schweigen wir über diese Geschichten, dann können wir auch nichts lernen – wenn wir das überhaupt wollen.

    Zu den ungeschriebenen Regeln gehören auch eigentlich selbstverständliche Dinge: Bringe deinen Kindern Zuneigung entgegen, damit sie zu selbstbewussten Erwachsenen werden und den eigenen Kindern Zuneigung entgegenbringen können. Behandle den Partner an deiner Seite mit Respekt auf Augenhöhe, anstatt dass du dich ständig über den anderen erhebst und ihn niedermachst. Wenn du das nicht schaffst, dann trenne dich so früh wie möglich und zeuge mit ihm keine Kinder. Sei dir bewusst, dass auch DU nicht die Krone der Schöpfung bist, sondern genau wie alle anderen Fehler machst, Special Effects hast. Nimm Kritik nicht als Kriegserklärung wahr, welche dich zum sofortigen, blinden Gegenschlag ausholen lässt. Hör auf mit der Sauferei, wenn du merkst, dass du besoffen noch schlimmer drauf bist als nüchtern.

    Das alles sollte selbstverständlich sein – sollte es. Warum es das nicht ist, könnten wir aus den wenig schönen Geschichten lernen. Doch dazu müssten wir sie jederzeit erzählen dürfen und wir müssten ihnen zuhören.

    Eine Moral dieser Geschichten wäre: Wächst du als Kind ohne Zuneigung BEIDER Elternteile auf, entwickelst du dich zu einem Menschen, der für andere selten gut ist. Denn ohne diese Zuneigung kannst du kein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln und musst deinen Selbstwert über Umwege definieren. Also erhebst du dich über andere, ob über deine Frau oder deine Kinder, machst sie klein, damit du groß erscheinst.

    Eine zweite Moral wäre: Aus Opfern werden Täter. Du wächst in einer Zeit auf, in der du als Bastard bezeichnet wirst, wenn du „im Vorbeigehen“ gezeugt wurdest. Eigentlich bist du schon so gestraft, wenn du ohne Vater aufwächst – sofern er ein guter Vater gewesen wäre. Im Dorf spricht sich herum, dass du ein Bastard bist und in der 1. Klasse fängt das an, was man heute Mobbing nennt. Wie reagierst du? Entweder du ziehst dich zurück, wirst unsichtbar – oder du wehrst dich mit den Fäusten. Dein Fell wird dicker, bloß keine Schwäche zeigen. Deine eigenen Kinder werden dich niemals weinen sehen und niemals erleben, dass du eine Schwäche zugibst.

    Und so folgt die dritte Moral: Menschen ändern sich nicht. Die Gleise der Kindheit liegen fest einbetoniert und führen aus dem Kinderzimmer bis ins Grab. Das Mauerblümchen wird den narzisstischen Bad Boy nicht heilen. Der ein oder andere betrachtet auf dem Sterbebett sein Leben doch anders, wenn dazu noch die Gelegenheit bleibt. Er bereut Fehler, er gesteht, viel zu hart gegenüber jenen gewesen zu sein, die keine Härte verdient hätten. Diese Einsicht kommt selten und spät. Besser spät als nie? Nein, das Kind liegt längst im Brunnen und wieder bleibt nur die leise Hoffnung, dass Kinder, Enkel und Urenkel endlich die Moral der Geschichte verinnerlichen könnten und aus ihr lernen.

    Doch auch sie werden es nicht tun, denn sie haben ihre eigenen Pläne, bei denen die Vernunft in die hintere Reihe geschoben wird: „ICH werde es besser machen und nicht die gleichen Fehler anstellen! Schließlich bin ich erwachsen!“ Und damit beginnt die nächste, wenig schöne Geschichte.

    Was sagst du über einen Toten, wenn dir nichts Positives einfällt, du aber etwas sagen musst? Du kannst nicht sagen, dass er ein guter Vater war, wenn du kein einziges Lob von ihm im Ohr hast, sondern nur Kopfnüsse, wenn du etwas falsch gemacht hast. Du kannst nicht sagen, dass er ein liebevoller Opa war, wenn er seine Enkel nie gesehen hat.

    Du könntest davon erzählen, dass du Menschen begegnest bist, die deinen Vater als sehr angenehm erlebt haben, als nett und hochanständig. Diesen netten, hochanständigen Mann hast du in deiner Kindheit und Jugend selbst erlebt – gegenüber Menschen außerhalb der Familie. Inzwischen hast du auch aus anderen Geschichten gelernt: Das wahre Wesen eines Menschen bekommen oft nur jene zu sehen, die ganz dicht an ihm dran sind: Partner und Kinder. Umso schwerer ist es, den Außenstehenden zu erklären, dass der nette, hochanständige Mann ganz andere Seiten hatte. Und es würde dir den Magen umdrehen, wenn du in einer Trauerrede vom netten, hochanständigen Mann hören müsstest, weil man eben über Tote nichts Schlechtes sagt.

    Du könntest seine Hobbys erwähnen: Wie der einsame Wolf, zu dem er in seiner Kindheit geworden war, jedes Jahr im Spätsommer durch die Berge Österreichs streifte. Wie du staunend seine vielen Fotoalben durchblättert hast mit Bildern von schneebedeckten, gigantischen Bergen der Alpen und Dolomiten, von glasklaren Gebirgsseen, von weiten Tälern, vom blauen Himmel und vom Wintereinbruch im September, von der immer gleichen Tankstelle mit den aktuellen Spritpreisen an der Schweizer Grenze.

    Du könntest die Alben und Körbe voller einsortierter und loser Briefmarken erwähnen – wenn du nicht Sätze im Hinterkopf hättest wie: „Ich will meinen Kindern kein Geld hinterlassen, deshalb setze ich alles um.“ Erwähnst du lieber nur das Sammeln und spielst heile Welt, damit sich niemand in seiner Trauer gestört fühlt? Oder lässt du auch diesen Punkt besser komplett weg, damit die hinterbliebenen Familienangehörigen nicht mit den Augen rollen brauchen beim Weichspülen der Geschichte? Der Nachruf könnte sehr kurz ausfallen, wenn man dieses Prinzip konsequent durchzieht und auf allgemeingehaltene Sätze verzichten möchte. Kaum haben sich die Anwesenden gesetzt, geht es auch schon wieder hinaus zur letzten Ruhestätte. Das bricht mit einer weiteren dieser ungeschriebenen Regeln, so wie: Über Tote sagt man nichts Schlechtes.

    Der einsame Wolf ist gegangen und hat Spuren hinterlassen. Und Geschichten. Einige Menschen werden gute in Erinnerung behalten, andere weniger gute. Die Spuren werden nicht verblassen, weil die nächsten Generationen die gleichen Wege bestreiten, auch wenn sie dies nie wollten oder wollen. Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt, so soll Gandhi es gesagt haben. Wäre es anders, dann würde die Welt ein sehr friedlicher Platz sein und einsame Wölfe gäbe es nur auf vier Pfoten. Und niemand bräuchte sich Gedanken darüber machen, was man über einen Toten sagen darf.

    Dass einer deiner Söhne deine Hand hielt in deinen letzten Tagen, war nicht dein Verdienst. Die Hände deiner Kinder hast du nie gehalten, zumindest gibt es keine Erinnerungen daran. Diese Gabe hast du deiner einstigen Frau zu verdanken, die du alles andere als auf Händen getragen hast. Dass dein anderer Sohn nicht zu deiner Beisetzung kommen wird, würde dich nicht überraschen dürfen, DAS ist dein Verdienst – aber du warst eben auch nur ein weiteres Glied in der Kette, genau wie wir es sind. Ob wir es besser machen? Die Geschichte wird es zeigen. Deine ist nun zu Ende.

    Baba.

    30.04.1944 / 28.8.2021

    Noch viel mehr Lesestoff zum Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ findest Du hier:

    Mach, was Meggie macht.

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    „Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

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    „Ich habe mich gefreut, wenn Papa fünf Minuten Zeit für mich hatte.“ Jens hat den Arbeitseifer seines Vaters geerbt und wird in sechs Jahren sterben.

    Herr Doktor tötet seine Kinder

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    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

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    Saskia gibt mit Ü40 die Hoffnung nicht auf, von ihrer Mum ein nettes Wort für ihr Dasein zu hören. Bettina bekam mit 20 ein Kind, um ihrem Elternhaus zu entkommen – und lebt seitdem in den gleichen Verhältnissen.

    Woher kommt Hass?

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    Natascha Kampusch als Hassobjekt?! Das macht keinen Sinn – doch beim Zuhören erklärt sich auch beim Thema Hass, wie sich unsere „Special Effects“ entwickeln.

    Wie entsteht Sucht?

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    Annie ist 16, 1,70 m, 40 kg. Ihr Vater versteht nicht, warum sie nicht einfach mehr isst. Er selbst steckt jeden Monat 500 Euro in sein Onlinespiel. Annies Mutter vermeidet Diskussionen mit ihm über ihr Rauchen. Verstehen des jeweils anderen? Fehlanzeige.

    Verrückt – Das Interview

    Verrückt – Das Interview

    Frage: Was muss passieren, damit diese Welt weniger verrückt ist? Antwort: Wir müssen zuhören lernen. Oder wir verbieten das Kinderkriegen.

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    Jochen wäre fast ertrunken, der Vater zerrte ihn wieder ins Wasser. Opfer und Täter, weiß und schwarz. Doch ist es wirklich so einfach?

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

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  • Die immer gleiche Geschichte

    Die immer gleiche Geschichte

    Du weißt, wie wahre Liebesgeschichten beginnen. Dies sind einige von ihnen.

    Bernd

    Als es in der Anfangszeit ihrer Beziehung nur noch Streit zwischen Bernd und Josie gab, verließ sie wütend seine Wohnung. Er fuhr ihr hinterher, überholte sie, bremste sie aus, so dass sie anhalten musste. Dann ging Bernd zu ihrem Auto und schmiss Josies Sachen auf die Straße.

    Jahre später hat sie Todesangst wegen seines Verhaltens. Immer muss er genau wissen, was sie gerade macht, wo sie ist und mit wem. Wenn sie nicht antwortet, bombardiert er sie mit Nachrichten. Diese Überwachung ließ in den Jahren der Beziehung nie nach. Bei der Mutter-Kind-Kur fühlte sie sich frei – bis ihr Freund zu Besuch kam und die Verhöre sofort wieder anfingen.

    Ja, inzwischen haben sie zwei Kinder. Der Sohn ist 5 und kopiert seinen Vater. Als dieser besoffen das Bad vollkotzte und sich danach seinen Sohn ins Bett holte, der Kleine ständig redete, bekam er ein „Halt doch mal die Fresse!“ zu hören. Am nächsten Tag sagte er genau das Gleiche zu seiner zwei Jahre jüngeren Schwester. Bei der Voruntersuchung für die Schule spielte er den Ober-Coolen, als könne ihm keiner was. Bei der letzten Geburtstagsfeier guckte der 5-Jährige ein Musikvideo: „Boahh, die Weiber, irre, voll cool die Weiber! Ich werd verrückt!“ Fast alle lachten über sein cooles, lautes Verhalten, so dass der Junge lernt: Was er macht, ist toll.

    Bernd ist nie an etwas schuld. Immer wieder verlässt ihn sein Gedächtnis. Er soll Josies Auto ausgebremst haben?! Nein. Und er soll sie vor Jahren ins Gesicht geschlagen haben?! Nein, kann nicht sein. Und das alles ist eh so lange her.

    Für ihn sind alle anderen Autofahrer Viertelhirne und auch von Nicht-Autofahrern hält er nichts. Der einzige, der etwas in dieser Welt taugt, ist er selbst.

    Josie überlegt seit zwei Jahren, sich zu trennen. Bei einer Trennung hat sie aber Angst, was Bernd dann veranstaltet. Wenn ein Glas Wasser den halben Tag rumsteht, hat sie Angst, er könnte inzwischen etwas hineingetan haben. Und sie hat Angst, er würde ihr Drogen unterjubeln, damit sie dann beim Jugendamt als die Böse dasteht. Sein eigenes Marihuana hatte er zeitweise im Küchenschrank deponiert.

    Josie heulte enttäuscht, als man ihr das erste Baby überreicht hatte: Es war kein Mädchen. Noch heute rangiert ihr Sohn hinter seiner Schwester in der Gunst der Mutter. Dafür ist er Papas Liebling. Ob diese Kinder psychisch gesund aufwachsen werden?

    Elisabeths Ex

    Bernds Schwester Elisabeth war um die 20, als sie einen deutlich älteren Mann kennenlernte. Nach drei Monaten Beziehung trennte sie sich, es folgte die Versöhnung. Nach dieser erzählte er, dass ihm eine Angestellte nach der Trennung empfohlen hatte, das zu machen, was ihm guttun würde, um so über den Schlussstrich hinwegzukommen. Und so hatte er die Hausmeisterin des Wohnheims überreden können, ihn in Elisabeths Zimmer zu lassen. Dort versteckte er in ihrer Matratze ein umgebautes Babyfon. Dieses konnte wegen der Batterien nicht lange funktionieren, aber für einen kurzen Zeitraum konnte er in seinem vor dem Heim stehenden Auto u.a. Telefonate mithören.
    Und es war nicht die einzige Stalker-Aktion nach der kurzzeitigen Trennung. Warum sich Elisabeth nach dem Geständnis über das Abhören nicht umgehend und endgültig wieder trennte, kann sie 25 Jahre später nicht sagen. Ihre Mum ist eine Meisterin im Verdrängen und hält seit 50 Jahren ihrem cholerischen Mann aus, verteidigt ihn sogar.

    Statt der Trennung folgten auch in dieser Beziehung zwei Kinder. Diese verkrochen sich mit 4, 5, 6 Jahren unter dem Küchentisch, wenn das Tiefkühlgemüse in einem weiteren Streit durch die Küche flog.

    Doch erst als Elisabeths Hausärztin nach einem Gespräch mit dem jüngeren Sohn die Schweigepflicht brach, wurde ihr bewusst, dass sie von diesem Mann weg muss: „Ihr Sohn tröstet Ihre Tochter abends, wenn sie beim Einschlafen weint.“

    Ihr Freund drohte, Elisabeth den Kopf abzuschlagen, wenn sie ihn verlässt. Monatelang hatte sie Todesangst, schloss sich nachts ein, hörte ängstlich, wenn er vor dem Zimmer lief. 20 Jahre waren inzwischen vergangen, seit er ihr das Babyfon in die Matratze gelegt hatte. Nichts an ihm hatte sich zum Guten verändert.

    Richard

    Fünf Jahre nach der Trennung traf Elisabeth auf Richard. Er wollte immer wissen, was sie wann und mit wem vorhat. Ihre Kinder sollte sie zum Vater abschieben, damit er allein mit Elisabeth sein könne. Nach zwei Monaten Beziehung sprach er von Heirat, ließ Freundschaftsringe anfertigen. Schuld hatte er nie, auch keine Fehler. Diskutieren mit ihm war wie der Versuch, ein Stück nasse Seife festzuhalten. Als sich Elisabeth nach sechs Monaten trennen wollte, war für Richard völlig klar: Es lag nicht an seiner Art, sondern sie hatte einen anderen.

    In den Merkmalen der narzisstischen Persönlichkeitsstörung fand sie Richard sehr gut wieder – genauso wie ihren Bruder und teils im Vater ihrer Kinder. Auch er konnte wie Richard und Bernd nach außen hin absolut angenehm auftreten, konnte Mitleid erregen. Niemand hätte ihm zugetraut, einer Frau mit Enthauptung drohen zu können.

    Der Ex der Arbeitskollegin

    Als sich in der Zeit der Beziehung mit Richard eine frühere Arbeitskollegin bei Elisabeth meldete, freute sie sich auf das Wiedersehen. Die Frau erschien mit Perücke und war mittendrin in einer Chemo. Sie erzählte vom Vater ihrer drei Kinder, von dem sie sich 8 Jahre zuvor getrennt hatte. Doch noch immer betrachtete er seine Ex und die Kinder als sein Eigentum, machte allen vier das Leben nach wie vor zur Hölle. Ob die Krebserkrankung durch all den Stress ausgelöst wurde, wird niemand mit Sicherheit feststellen können, so wie auch Elisabeths Krebs nach den Monaten der Todesangst Zufall gewesen sein kann – das zu glauben fällt allerdings schwer. Dass die 18-jährige Tochter der einstigen Arbeitskollegin zu Magersucht tendiert und sich ritzt, erscheint unter diesem Vater nur logisch. Auch ihren beiden jüngeren Geschwistern merkt man an, was sie bisher alles durchmachen mussten. Für den Vater sind die Kinder Feinde, die in seinen Augen nichts richtig machen können – so kann sich niemals ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln.

    Die beiden Frauen konnten sich über die Krebserkrankung unterhalten – und ein weiteres Thema. Die ehemalige Arbeitskollegin ist sich sicher, dass ihr Ex die narzisstische Persönlichkeitsstörung hat. Damit hatte sie sich länger beschäftigt.

    Eine Online-Bekanntschaft

    Drei Jahre vor diesem Treffen hatte Elisabeth online bei der Suche nach dem Mann fürs weitere Leben den Vater zweier Kinder kennengelernt. Mit seiner Frau war er einst glücklich, es war die große Liebe, zwei Mädchen wurden geboren, später trennte sich die Frau, kam mit einem neuen Mann zusammen, wollte sich nach wenigen Monaten von diesem trennen. Doch das akzeptierte er nicht und erschoss sie, anschließend sich selbst: „Wenn ICH dich nicht haben kann, dann bekommt dich keiner.“ Der Vater der beiden Mädchen hat das nie verkraftet, wurde depressiv, musste und muss aber trotzdem für seine Kinder da sein, die ihre Mutter durch einen Menschen verloren haben, der kein Nein akzeptieren wollte.

    Nadines Gefängniswärter

    Nadine war Mitte 20, als sie ihren Freund kennenlernte. Schnell lag sie an seiner Kette. Schon nach wenigen Wochen sprach er von Heiraten und Kinder kriegen. Mit männlichen Freunden unternahm sie besser nichts mehr – Eifersucht bzw. Kontrollitis ohne Ende. Auch wenn sie mit Freundinnen unterwegs war, kamen Nachfragen, wo sie gerade ist, was sie macht – er sorgte sich ja nur.

    Dieses Einsperren und Überwachen führte immer wieder zu endlosen Streits, bei denen er immer wieder 10 m entfernt vom eigentlichen Thema diskutierte. Immer wieder nächtliche Anrufe, immer wieder „Ich gehe!“ aus dem Mund von Nadine, immer wieder „Ich ändere mich für dich!“ von ihm. Das alles schlug ihr immer wieder auf den Magen. Und selbst wenn sie alles machte, was er wollte, damit es keinen Stress geben würde, gab es keine Ruhe.

    Nadines Vorgängerin konnte einiges über diesen Mann berichten. Nach der Trennung von ihm erlebte sie ein nicht enden wollendes Stalking mit Wutausbrüchen und tätlichen Angriffen. Er schlich ständig ums Haus, war dort präsent, wo seine Ex auch gerade war. Sowohl für die Tochter als auch für ihre Mum waren es Monate des Psychoterrors. Dann kam Nadine – ein Segen für die zwei.

    Seine Mutter starb, als er ein Baby war – hatte er der Ex gesagt. „Meine Mum hat uns verlassen, als ich zwei war“, erzählte er Nadine. Dabei lebte sie, wie sich herausstellte, die ganze Zeit mit im Haus.

    Neun Monate nach Beginn der Beziehung hatte es wieder Streit aus „Eifersucht“ gegeben und Nadine wollte sich trennen. An ihrem Freund hatte sie letztlich eh nichts Liebenswertes gefunden. Das Sofa war nur für Sex da und nicht zum Kuscheln, er stöhnte nach einem Kilometer Wandern, wann es endlich wieder nach Hause geht. Er sah sich nach der Trennungsankündigung bestätigt: Sie habe ganz sicher einen anderen. Als er vor ihrer Wohnungstür stand und immer wieder klingelte, heulte Nadine, sie hatte Angst. Später ging er, doch die Trennung wolle er nicht akzeptieren.

    Zwei Wochen später postete Nadine bei Instagram ein Foto. Auf ihm küsste sie freudig lächelnd ihren Nun-nicht-mehr-Ex auf die Stirn, während er gelangweilt dasaß. In der Mitte des Bildes prangte ein Herz und das Wort „Love“. Unter das Bild hatte sie Hashtags gesetzt: #mylove, #fightforyourlove, #neubeginn.

    Zwei Jahre später: Nadine möchte mit diesem Mann ein Kind.

    Diese Tagebuchseite dreht sich um das gleiche Thema:

    Würdest du das kleine Mädchen, das Du einst warst, vor all den Scherben bewahren, durch das es laufen musste? Nein.

    Hörenswerter Podcast einer Mitte-20-Jährigen:

    https://anchor.fm/isipodcast/episodes/02—Meine-toxische-Beziehung–Welche-Erkenntnisse-konnte-ich-daraus-gewinnen-epg8p8

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht. Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit. Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    #metoo (1) 2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) abschied (1) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beziehung (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) Bundestagswahl 2021 (1) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) freiheit (2) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) interview (1) Journalismus (4) kampagnen (1) kinderwunsch (1) Kindheit (4) Krankenhäuser sind Hurenhäuser (1) liebe (2) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) Mutterliebe (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) Spaltung der Gesellschaft (1) Sucht (1) tot (3) Vater & Sohn (2) Vernunft (1) verrückt (21) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) wird nicht besser (3)

  • Das kleine Mädchen und die Scherben

    Das kleine Mädchen und die Scherben

    Stell dir vor, du könntest das Kind, das du einst warst, vor all dem bewahren, was dir in deinem bisherigen Leben widerfahren ist und dich zerstört hat. Du bekämst die einmalige Chance, in die Vergangenheit zu reisen und dürftest dich schützend vor das kleine Mädchen stellen. Du könntest ihre Eltern anschreien, dass sie sich gottverdammt um ihr Kind zu kümmern haben, ihm Zuneigung und Liebe schenken sollen, damit es nicht mit 15 sterben will, sich selbst verletzt, kaputtgeht.

    Dabei merkst du, dass diese Eltern überhaupt nicht in der Lage sind, dies zu schenken, weil sie selbst mit einem lieblosen Vater oder einer gefühlskalten Mutter aufgewachsen sind und gar nicht wissen, was Zuneigung ist oder wie sich Liebe anfühlt. Du erkennst auch, dass diese Eltern sich nie verändert haben über all die Jahre, in denen das kleine Mädchen großgeworden ist. Sie kümmern sich noch heute nicht um dich, sie ignorieren dich oder behandeln dich als Fußabtreter. In dir reift immer mehr der Gedanke, dass du noch weiter zurückreisen musst, um dieses kleine Mädchen zu beschützen: bis zum Zeitpunkt vor ihrer Zeugung. Nur wenn du diese verhindern kannst, wird dem Mädchen ein Leben erspart bleiben, welches es durch eigene Hand beenden wollen wird. Würdest du diese einmalige Gelegenheit nutzen?

    Nein. Stattdessen möchtest dein eigenes Kind auf die Reise schicken, denn du wirst es besser machen. Du wirst ganz sicher nicht die gleichen Fehler machen. DU hast aus deiner Geschichte gelernt. Du glaubst fest daran, dass sich Menschen zum Guten verändern können, auch wenn du niemanden kennst, bei dem dies so gewesen ist. Und ein Kind verändert Menschen zum Guten, das wird dir jeder so sagen. Auch hier kennst du niemanden, bei dem das so gelaufen ist, allen voran deine eigenen Eltern, aber das ist dir egal. DU machst es besser. Dein Kind wird ganz sicher nicht in 15 Jahren die Scherbe an die Schlagader setzen, weil sein narzisstischer Vater ihm keinerlei ehrliche Zuneigung schenken konnte, in ihm den Feind sah und sieht im Kampf um deine Aufmerksamkeit. Nein, bei dir wird das ganz anders laufen. Notfalls trennst du dich von ihm und dann wächst dein Kind so wie du selbst ohne Vater auf. All jene, die dich gewarnt haben, verstehen einfach nichts vom Leben und wollen dir dein Glück nicht gönnen. Du wirst ihnen beweisen, dass DU auf dem richtigen Weg bist und dein Kind wird dieser Beweis sein.

    Und falls es doch schiefgeht: Es wird sich schon nicht wirklich umbringen. Du hast all die Gedanken auch überlebt. Das Blut an den Scherben ist längst vom Regen weggespült worden und nun bist du glücklich, also kann es deinem Kind genauso gehen. Nach der Dunkelheit gibt es immer Licht, das sagen dir all die Bücher über Bad Boys. Diese Bücher haben dich gelehrt, dass in jedem Menschen, so scheiße er dich und andere auch am Anfang behandelt, ein guter Kern steckt, den es nur freizulegen gilt. Du hast deinen Bad Boy gezähmt und schließlich machst du es ihm mit deiner kaputtgemachten Art auch nicht einfach. Ihr seid eben zwei kaputtgemachte Menschen. Das verbindet euch, so wie es die Eltern jenes kleinen Mädchens einst verbunden hat, welches so viel leiden musste und das keiner vor den Scherben beschützt hat.

    Dazu passt folgender Beitrag:

    Familienplanung mit einem Narzissten - gute Idee?
    Er verfolgt dich, er bespitzelt dich, er glaubt dir nicht, du machst Schluss mit ihm. 10 Jahre später sitzt du mit ihm und euren beiden Kindern am Frühstückstisch.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

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