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Erklär mir Gefühle: Empathie
„Weißt du, was er in dir sieht?“, frage ich Anja. „Platonische Freundin? Potentielle Frau fürs Leben? Mögliche Bettgeschichte?“
Crowdfunding für das Buch „Verrückt – ein Aufschrei“
Das erste Gespräch zwischen Maike und Mats nach einer Woche Stille geht weiter. Maike erzählt in schnellen Sätzen, wie sie es schon gemacht hatte, als sie zu gemeinsamen Klinik-Zeiten direkt neben Mats lief oder saß. In ihrer Stimme liegen selten Emotionen, aber die Geschwindigkeit, mit der ihr die Worte über die Lippen gehen, spricht von einem unglaublich großen, inneren Druck: „Ich bin echt durch. Hab jetzt dauernd Albträume, dann diese Spielchen mit der Entlassung, das raubt mir die Kräfte. Ich bin ja nicht zum ersten Mal da, aber dieses Mal bin ich jetzt schon fertig … Unglaublich … In der Gruppe hab ich heute erzählt von früher und von danach, wie ich am Boden lag und so. Von meinen Eltern. Ich war ja oft krank und sie haben mich zum Arzt geschafft. Therapeutin meinte, ich solle meine Eltern hassen. Aber hmm … Ich weiß nicht …“
Mats kennt den Satz ähnlich von seiner eigenen Therapeutin, wobei sie seinen Vater gemeint hatte. In der ersten Therapiestunde war es um Mats´ Kindheit gegangen, von der ihm aber sehr wenig in Erinnerung geblieben ist. Nur eine Szene ist wirklich greifbar: Als er 11 war, lieferten sich sein Vater und sein 6 Jahre älterer Bruder spät abends ein weiteres Mal besoffen Handgreiflichkeiten. Mats durfte alles aus seinem Bett heraus beobachten. Die Lage eskalierte. Sein Vater versuchte, seiner Mum einen leeren Wassereimer über den Kopf zu stülpen. Diese schnappte sich Mats, ging mit ihm auf die Straße, wo nur das Straßenlicht die Dunkelheit durchbrach. Sein Vater kam hinterher, holte beide rein – niemand sollte wissen, was sich hinter dem nach außen so harmlos und freundlich wirkenden Mann versteckt.
Als Mats eine Woche nach der Erzählung dieser Geschichte wieder seiner Therapeutin gegenüber saß, hörte er von ihr: „Sie haben das so völlig emotionslos erzählt und ich habe innerlich gekocht vor Wut auf Ihren Vater!“ Mats schaute ungläubig – diese Frau hörte doch so viele, noch viel schlimmere Geschichten?!
Tage später hatte er auch in der Gruppentherapie von dieser Nacht erzählt. Auf die Frage der dort anwesenden Therapeutin, wie die Mitpatienten sich nach dem Anhören fühlen, antwortete einer: „Ich habe eine große Wut auf deinen Vater in mir gespürt.“ Wieder saß Mats mit ungläubigem Staunen da – für ihn war es neu, dass jemand Anteil nimmt an seiner Geschichte.
Als Maike nun am Telefon in schnellen Worten erzählt, sie solle ihre Eltern hassen, springt Mats dazwischen: „Kenn ich – aber ich hab da keinen wirklichen Sinn darin gesehen. Ich habe über die letzten Jahre verstanden, warum mein Vater so ein Arsch war. Seinen eigenen Vater hat er nie kennengelernt, seine Mutter war viel arbeiten, so dass sich Vaters Bruder um Vater gekümmert hatte – der Bruder war 11 Jahre älter. Mit 20 hatte der Bruder aber schon das zweite Kind, also seine eigene Familie und spätestens ab da war mein Vater ziemlich auf sich gestellt mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen und der Pubertät. Von seinem Vater konnte er kein Selbstbewusstsein mit auf den weiteren Lebensweg bekommen, den hat er ja nie wieder gesehen. Seine Mutter guckt auf Fotos auch alles andere als selbstbewusst und war laut meiner Mum auch nicht gerade die Vorzeigemutter. In der Schule wurde Vater gemobbt, weil er ein Bastard war, also unehelich gezeugt, hat sich dann mit Fäusten gewehrt. Und wann immer ein Mensch das Kinderzimmer ohne Selbstwert verlassen muss und Opfer war, wird er auf irgendeine Weise zum Täter, entweder an sich selbst oder an anderen. Ist die Lehre aus vielen Geschichten, die ich zu hören bekam. Ich verstehe also, warum mein Vater so ein Arsch war – was nicht heißt, dass ich Verständnis dafür habe und ihn entschuldige. Ich konnte dadurch einfach Frieden mit ihm, seiner Rolle finden. Wenn ich ihn jetzt aber hassen soll, wütend auf ihn sein soll, zumal er seit zwei Jahren tot ist, dann … Es macht für mich keinen Sinn, weil Hass und Wut Energie verbrauchen und ich sparsam damit umgehen muss. Andererseits … Vielleicht muss das doch irgendwann nachträglich raus, keine Ahnung. Meine Therapeutin hatte mich gefragt, wo ich Wut rauslasse und ich konnte nur mit den Schultern zucken. Als Kind hätte es mir nichts gebracht, gegenüber Vater Wut rauszulassen, hat sie auch eingesehen, also hab ich sie runterschlucken müssen. Vielleicht müssten wir sie mal richtig auskotzen.“
Maike denkt kurz nach, verfällt dann wieder in den schnellen, wenig emotionalen Sprechrhythmus: „Meine Eltern haben sich ja Sorgen um mich gemacht, wenn ich krank war. Gut, jetzt weiß ich, dass die Narzissten sind, die machen sich eigentlich keine Sorgen um andere, oder? Wirklich gekümmert haben die sich nicht. Die haben mir ihre Angst übertragen. Wenn die wütend waren, haben die gelächelt und ich wusste dann nie, wenn die sich gefreut haben, ob die jetzt wirklich fröhlich sind oder wütend. Wenn die wütend waren, naja, gabs eben Schläge. Also wusste ich nie, wenn die gelächelt haben, obs gleich Schläge gibt. Da hatte ich dann Angst. Also ich hatte Angst, wenn die gelächelt haben, hab aber auch gelächelt, als würde ich mich mit ihnen freuen, so als Schutz wohl. Und so verdrehten sich alle Gefühle bei mir: Angst wurde zu Freude, hinter Freude steckte Angst, Wut war Fröhlichkeit usw. Ja, so war das …
Die sagen hier ja immer, dass sich die Eltern um die Bedürfnisse ihrer Kinder kümmern müssen, sonst müssen die Kinder sich selbst drum kümmern und dann wird es schlimm. Hab das auch in der Gruppe heute gesagt, auch mit früher und danach, wo ich so am Boden lag und getreten wurde.“
Mats unterbricht: „Du wurdest als Kind getreten? Von Mitschülern?“
Maike fährt fort, die Stimmlage bleibt emotionslos: „Nein nein. Von meinen Exen. Der eine hat mich geschlagen und eingesperrt. Der andere hat sich vor mir versucht, den Kopf blutig zu schlagen, hat gesagt, dass er das ja nur aus Liebe macht, hat mich überall hin verfolgt, also gestalkt, hat mich auch geschlagen und so, sich ´nen Schlüssel in die Wange gebohrt und so, ganz übles Zeug … Hab das in der Gruppe heute so erzählt, aber die anderen habens nicht verstanden und dann hab ich auch nicht mehr verstanden und wusste nicht mehr, was ich erzähle und dann hatte ich keinen Bock mehr.“
Mats fühlt sich im völlig falschen Film. Auch wenn er über die Jahre viele Geschichten zu hören bekommen hatte, die sprachlos machten – das, was Maike gerade erzählte, kann er nicht greifen. Und wie muss es da erst in Maikes Kopf aussehen? Dass ihr keiner folgen konnte in der Therapie, wundert Mats nicht bei diesen Sprüngen und der Masse der Informationen in kürzester Zeit. Im Moment fällt ihm nur eines ein: „Vielleicht solltest du mal alles, was du erlebt hast, aufschreiben. Damit du auch selbst eine Struktur in deine Gedanken bekommen kannst.“
„Na das geht ja nicht. Wenn ich allein bin, kann ich mich an das alles nicht erinnern. Nur wenn ich es jemandem erzähle, so wie dir jetzt oder in der Gruppe. Wenn ich allein bin, dann bin ich in einer anderen Welt und denke, das ist jetzt die richtige Welt und da ist alles okay für mich, da erinnere ich mich nicht an dieses Zeug. Wenn ich in dieser anderen Welt bin, dann ist für mich die eigentlich richtige Welt die falsche. Und wenn ich dir das jetzt erzähle, dann ist DAS die gerade richtige Welt für mich und ich denke, irgendwie wäre es schön in der anderen Welt. Die beiden Welten waren immer weit weg voneinander, aber in letzter Zeit kommen die sich immer näher und das macht mir Angst. Also dass ich dann diese Sicherheit nicht mehr haben kann. Aber andere entwickeln mehrere Persönlichkeiten, Alfred und Hilde und so, das will ich nicht, nee. So ist es aber anstrengend, ich hab die Albträume, die Panik. Kommt irgendwie gerade so viel hoch. Ach, ich weiß auch nicht …“
Mats steht nach wie vor ein ordentliches Stück neben sich. Der Hang, diese Geschichte verstehen zu wollen, ist aber da: „Zählt das unter Dissoziation mit diesen beiden Welten? Ich hab den Begriff schon paar Mal gehört, aber ich weiß immer noch nicht wirklich, was damit anzufangen.“
„Ja, ich dissoziiere da, wenn ich in die andere Welt gehe, wo ich mich an nichts erinnere, wo alles irgendwie in Ordnung ist, haben sie mir erklärt.“
„Kann man das mit Verdrängung gleichsetzen?“
„Hmm, es ist eher ein Schutzschild, den man hochzieht. Als Kind hat sich niemand um mich gekümmert, obwohl ich so oft krank war. Also klar, zum Arzt abgegeben. Ich hatte viele Schmerzen und so. Damit ich das aushalten konnte, brauchte ich irgendwas, wohin ich gehen konnte und wo die Welt für mich in Ordnung war. So hat das angefangen. Und später hab ich es halt auch wieder so gemacht, in den Beziehungen. So Scheiße, wie die mich auch behandelt haben, ich konnte den Schutzschild hochziehen und da war es nicht mehr so schlimm.“
Mats, weiter unter Schock, fällt ein Vortrag ein, den er sich auf Maikes Empfehlung hin vor einer Woche angehört hatte. Darin ging es um die Liebe zu sich selbst und um das Zustandekommen von Beziehungen: „Der sagte so was wie: Wenn du dich nicht selbst lieben kannst, weil du als Kind gelernt hast, dass du wertlos bist, dann sind die Partner in deiner Beziehung dein Spiegel. Was die mit dir machen oder nicht machen, spiegelt dein eigenes Denken über dich wieder. Selbst in Schlägen können Menschen Liebe empfinden, weil diese Abwertung nicht so groß ist, wie die Geschlagenen sich selbst innerlich abwerten.“
Maike fällt der Vortrag selbst wieder ein, ist begeistert, dass Mats ihn sich angehört hat und dass so viel hängengeblieben ist: „Ja, ich muss anfangen, mich selbst zu lieben. Ich will nicht nochmal solche Beziehungen. Das braucht sicher Zeit. Bis dahin bleib ich wohl solo, ist besser so.“
Nach einer halben Stunde endet das Gespräch.
Mats sitzt da, weiß nicht, was er denken soll. Müsste er jetzt sagen, was er gerade fühlt, würde die Antwort lauten: leer, ungläubig, ratlos, sprachlos.
Später schickt er Maike die Zitate aus dem Vortrag und schreibt darunter: „Ich kann dir nur von allen Herzen, die ich habe, wünschen, dass die Liebe zu dir selbst wachsen darf, so dass du niemals wieder in Misshandlungen und Freakshows ein Zeichen von Liebe empfinden brauchst. Du hast ja selbst gesagt, dass du diesen Weg gehen möchtest, also hin zu Liebe zu dir und du hast das sehr überzeugt gesagt. Dann kannst du auch wirkliche Liebe, Zuneigung annehmen, die du dir absolut verdient hättest und du machst es einem überhaupt nicht schwer, dich zu mögen. Ich drück die Daumen, dass du zumindest in der Nacht zur Ruhe kommen kannst und so erholsam wie möglich schlafen kannst.“
Maike antwortet, gemeinsam mit Michelle aus dem Stationsbad per Foto. Mats gehört zum inneren Kreis von Michelle, die sich erst seit wenigen Wochen an ein einschneidendes Ereignis aus ihrer Kindheit erinnern kann. Davon konnte sie nur Mats und einem mit ihm befreundeten Mitpatienten erzählen. Auf dem Bild lächeln beide, was Mats etwas runterfahren lässt. Der Schock bleibt.
Als er am nächsten Morgen rausgeht zu einem kurzen Spaziergang, hat er noch immer die Bilder vor Augen, die durch Maikes Erzählungen entstanden waren: über ihre Eltern, über die Ex-Partner. In der Klinik hatte er gelernt, dass der Körper leidet, wenn die Psyche Dinge nicht mehr verarbeiten kann. Seine Diagnose: larvierte Depression. Diese Art der Depression zeigt praktisch keines der Merkmale, mit denen eine klassische Depression festgestellt werden kann: kein Appetitmangel, keine Schlafprobleme, kein verringertes Selbstbewusstsein, keine gedrückte Stimmung, keine Ängstlichkeit, keine Antriebslosigkeit. Die Depression versteckt sich und ist dadurch schwer festzustellen. „Nur“ der Körper macht nicht mehr das, was er machen soll. Mats konnte 6 Jahre zuvor jeden Tag 8 km wandern gehen, völlig problemlos. Bevor er in die Klinik kam, mied er so gut es ging das Laufen, weil die Muskeln sehr schnell ermüdeten und sich nicht wirklich erholten. Über die Jahre war es immer schlimmer geworden, es machte ihm Angst vor der nahen Zukunft.
Nach vier Wochen in der Klinik begann die Wende, ganz langsam. Ärzte und Therapeuten stellten fest: „Sie sind jetzt mehr bei sich.“ Vorher stellte er seine eigene Geschichte „gern“ hinter die Geschichten anderer, die er in den Jahren zuvor als angenehmer Zuhörer aufgenommen hatte und die manchmal die Schwere von Maikes Geschichte hatten. Für Mats hieß das: „Wenn ich mich auf mein eigenes Dasein konzentriere, kann es mir besser gehen.“ Später hörte er von seiner Therapeutin: „Sie sollten nicht mehr Frauen retten wollen, so wie sie Ihre Mutter hätten als Kind beschützen wollen.“
Mats läuft, die Bilder aus Maikes Erzählungen vor Augen, die Therapeutensätze in den Ohren. Ebenso die Details der Beziehungen von Maike. Die Misshandlungen durch die Eltern. Er glaubt zu spüren, dass es in seinem Körper, der noch weit weg von einem Normalzustand ist, arbeitet. Muss dieser nun wieder das ausbaden, was die Psyche nicht verarbeiten kann, weil es zu viel ist? Soll er sich von Maike lösen, damit er wieder komplett bei sich sein kann? Ist er wieder mittendrin, eine Frau retten zu wollen? Würde er sich keine Gedanken über Maikes Leidensweg machen, wenn er als Kind nicht im Dunkeln neben seiner Mutter auf der Straße gestanden hätte? Würde ihm dann diese Geschichte am Allerwertesten vorbeigehen? Was ist jetzt richtig, was falsch?
Und müsste da nicht Wut in ihm sein? Und Hass? Er merkt, dass etwas seine Brust einengt, dass er nicht entspannt sein kann beim Gedanken an die Ex-Partner und die Eltern von Maike. Aber was soll er rauslassen? Und wie?
Wieder taucht die Frage seiner Therapeutin auf: „Wie lassen Sie Wut raus?“ In der Gestaltungstherapie hatte es Mats versucht, indem er mit sehr schnellen, kurzen Pinsel-Hieben Farbe auf eine riesige Leinwand pfefferte. Doch schnell merkte er, wie anstrengend das Herauslassen von Wut sein kann, wie schnell es erschöpft, Schweißtropfen über die Stirn rinnen lässt. Seine Therapeutin bestätigte ihm später, dass das Herauslassen viel Energie braucht – aber Wut habe eben auch eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Psyche. Wer ewig schluckt, stirbt von innen. Das Aufstauen von Wut kann auf Dauer krank machen, weil es stresst. Allerdings kann das häufige Rauslassen von Wut ebenfalls stressen und einen aus der Bahn werfen.
Soll er in den Wald gehen und schreien, so wie er es in einer der Bewegungstherapien gelernt hatte, allerdings ohne dabei wirklich Wut zu spüren? Sein Kopf sagt: „Bringt doch nichts, wenn es die nicht hören, die es hören sollten?!“ Seine Therapeutin würde sagen: „Weniger Kopf, mehr Gefühl.“
Mats läuft weiter. Das Wort „Hass“ taucht wieder auf, zusammen mit Maikes „Therapeutin hat gesagt, ich sollte meine Eltern hassen“ und dem von Mats selbst gehörten: „Ich habe Wut auf Ihren Vater in mir gespürt beim Erzählen – warum Sie nicht?“ Doch wenig später ist er wieder bei Maike mit seinen Gedanken, vor allem, wie die Ex-Partner sie behandelt hatten und die Eltern. Wenn er diese Typen nicht hassen darf, wen dann?! Klar, gerade in diesen Zeiten ist es schwer zu hassen, wo Hass ein furchtbar schlechtes Image bekommen hat: „Das tut man nicht!“ So wie du als Kind lernst: „Wir sind nicht wütend!“ oder „Du brauchst nicht weinen.“ Sätze, die den Zugang zu Gefühlen versperren können.
Doch wäre Hass jetzt nicht die normalste, gesündeste Reaktion? Die Eltern von Maike legten den tonnenschweren Grundstein dafür, dass ihre Tochter später in Beziehungen landete, die nichts mit Beziehungen zu tun hatten. Und Eltern und Ex-Partner gemeinsam haben einen riesigen Anteil am Zustand jener Frau, mit der Mats die schönsten, leichtesten Momente seit Jahren erlebt hatte. Jahre, in denen er teils täglich mit Wut, Hilflosigkeit, Trauer, Überforderung, Ungerechtigkeitsempfinden, Fassungslosigkeit kämpfen musste. Jahre, die ihn krank machten, weil die Psyche all die negativen Gefühle nicht mehr verarbeiten konnte und der Körper dafür büßen musste. Jahre, die ihn umso dankbarer machten, Maike begegnet zu sein.
Dass diese nun so vorsichtig ist beim Fallenlassen können, ist diesen kranken Typen zu verdanken: Eltern, „Männern“. Ohne diese kranken Typen bräuchte sich Mats keine Gedanken darüber machen, ob er zu seinem eigenen Wohl Maike künftig links liegenlassen soll. Wegen dieser Arschlöcher soll er jegliche Chance auf weitere Momente der Leichtigkeit, der Freude, des Glücks mit ihr wegwerfen?
Klar: Wie sein Vater wurden auch diese Ärsche nicht grundlos zu selbigen. Wer andere links liegenlässt, schlägt, einsperrt, misshandelt, stalkt und andere, höchst kranke Sachen anstellt, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst auf irgendeine Weise massives Opfer in der Kindheit. Und so machen kaputtgemachte Eltern ihre eigenen Kinder kaputt und so begegnen sich in Beziehungen zwei Ex-Opfer, wobei mindestens einer inzwischen zum Täter wurde.
Aber Hass hat nichts mit nüchternem Faktenchecks zu tun. Wer wüsste das besser als du, der du vernachlässigt, geschlagen, eingesperrt, misshandelt, deinen Narzissmus an ihr ausgelassen hast, nicht wahr? Wenn du Opfer warst, musst du nicht andere zerstören, nicht dein eigenes Kind und nicht die, die schon in ihrer Kindheit zerbrochen wurde. Du musst sie nicht in andere Welten verjagen, die ihr vorübergehend Sicherheit geben. Du musst ihr nicht den Zugang zu Gefühlen wie Liebe und Leichtigkeit vernageln mit fetten Eisenstiften und Brettern. Zerstöre dich doch einfach selbst, du Arschloch, bevor du andere zerstörst! Bohr dir sonstwas sonstwohin, aber hau dazu ab in den tiefsten Wald und komm erst wieder, wenn du dir das Loch selbst zugetackert hast! Lass dein Trauma an dir selbst aus, deine aufgestaute Wut, deinen Hass! Oder geh zum Psychologen, damit du anderen Menschen wie Maike ein paar Therapiewochen ersparst und sie sich der Sonnenseite des Lebens hingeben kann! Und bevor du nicht beim Psychologen warst und dich ins Lot bekommen hast, setze um Himmelswillen keine Kinder in diese Welt! Kinder, die wegen dir lernen müssen, ihre Gefühle zu unterdrücken, sich ihre Bedürfnisse selbst erfüllen zu müssen. Kinder, die als Erwachsene nicht wissen, was richtig und was falsch ist, wie sich dieses oder jenes Gefühl anfühlt. Wenn du mit dir nicht klarkommst, dann lass dich kastrieren oder sterilisieren, geh Beziehungen mit Gummipuppen oder anderen Toys ein, die wehren sich nicht! Aber lass deine beschissenen Pfoten von denen, bei denen du Schwäche riechst und du so das nächste Opfer witterst, du Opfer, ob männlich, weiblich oder divers!
Und falls du jetzt fragst, wie Hass aussieht: Mach dir Null Hoffnung, bei ihm eine Schwachstelle finden zu können, dank der du deine beschissenen Machtspielchen fortsetzen kannst. Hass hat eine Rüstung aus Panzerstahl. Du kannst Granaten auf ihn abfeuern – er wird sie lachend fangen und dir in deinen Schlund stopfen. Dazu wird er die Kettensäge kurz aus seinen Händen legen, die ansonsten ständig und laut kreischt. Nein, du wirst Hass nicht stoppen können, wenn er einmal wach wird. Du kannst dich nur in eine Ecke verkriechen und hoffen, er ebbt von allein ab, so wie sich deine Opfer verkriechen wollten. Also bete ab jetzt pausenlos und so laut du kannst, dass du stirbst, bevor dein Opfer lernt, dich zu hassen. Und wenn du an diesem Tag doch noch leben solltest, dann zieh über Nacht um und hinterlasse keine Spuren. Denn wenn sie dich findet, wirst du bereuen, nicht FÜR sie gekämpft, sondern Krieg GEGEN sie geführt zu haben! Krieg gegen ein Kind! Krieg gegen eine Frau, die aus dem Krieg kam! Was auch immer sie mit dir machen wird: Du hast es dir verdient. Jede Millisekunde voller Verachtung in ihren Augen. Jedes Dezibel in ihrer Stimme. Jedes Mikrogramm Spucke vor deinen Füßen. Und hoffe inständig darauf, dass sie nicht all das mit dir macht, was du mit ihr gemacht hast und danke mit jeder Faser deines Körpers dafür, dass sie nicht so krank sein will wie du.
Und speziell ihr Eltern: Seid so dankbar es nur geht für jeden Besuch eurer Tochter, bei dem sie statt mit einer Fackel mit Magenschmerzen über eure Schwelle tritt mit dem kleinstmöglichen Körnchen Hoffnung, doch noch ein Zeichen von Liebe, Zuneigung, Anerkennung von euch zu bekommen. Und fürchtet den Tag, an dem sie endgültig vor diesem Wunsch kapituliert, weil sie akzeptieren kann, dass ihr dazu niemals in der Lage sein werdet. Fürchtet den Tag wie euren Todestag, wenn sie nicht mehr auf eure Anerkennung aus sein wird, sondern sich selbst zu lieben gelernt hat. Und wenn ihr euch jetzt in Sicherheit wiegt, weil ihr in eurer überheblichen, narzisstischen Art glaubt, dass sie sich niemals lieben wird können: Das ist einfacher, als ihr und sie im Moment noch denkt. Noch.
Die Geschichten bauen immer auf der vorherigen auf, Du kannst Dir aber auch eine mittendrin rausgreifen.
„Weißt du, was er in dir sieht?“, frage ich Anja. „Platonische Freundin? Potentielle Frau fürs Leben? Mögliche Bettgeschichte?“
„Jetzt hältst du mir auch noch vor, dass ich Probleme habe, mich im Spiegel anzusehen?!“
Wie sich Unsicherheit anfühlt, braucht Mats Maike aber nicht erklären. Wenn es ein Gefühl gibt, mit dem praktisch jeder Patient in der Klinik vertraut ist, dann dieses.
Maike und Mats stoppen, schauen sich an. Ohne es aussprechen zu müssen, wissen sie, was bevorsteht: Abschied.
„Kannst du mir das Foto schicken? Von der Libelle in deiner Hand? Das find ich noch schöner als mir Sanftmut mit King Kong vorzustellen. Oder ich nehm beides, das geht auch. Wenn ich das Bild sehe, kann ich mich bestimmt an deine Geschichte erinnern und kann mir Sanftmut vorstellen.“
… manchmal sind Maikes kleine und Mats´ große Hand dicht beieinander, um anschließend ihrer eigenen Wege zu gehen, bis zur nächsten Begegnung. Viele Töne hallen nach, im Raum und in den Köpfen. Die Momente, in denen sie einen gleichen Rhythmus finden, lassen sich an ihren Gesichtern ablesen.
Die Gelegenheiten, bei denen er noch einmal neben Maike am See sitzen könnte, verrannen mit all den Tropfen, die unaufhörlich auf den Weg trommelten, den er von seinem Zimmer aus sah.
„Ja. Ich habe mir Liebesfilme angeschaut, um zu lernen, wie sich Liebe anfühlt. Du schreibst Bücher, auch über Liebe. Wenn mir einer das erklären kann, dann du.“
Wir sind Ruth und Knut. Nimm uns an die Hand und komm mit auf deine spannendeste, tränenreichste und lustigste Reise. Wir reißen Wunden auf und kleben nicht einfach ein Pflaster drüber, um unsere Besitzerin auf einen entspannten Weg durchs Leben zu ermöglichen.
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