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Erklär mir Gefühle: Empathie
„Weißt du, was er in dir sieht?“, frage ich Anja. „Platonische Freundin? Potentielle Frau fürs Leben? Mögliche Bettgeschichte?“
Crowdfunding für das Buch „Verrückt – ein Aufschrei“
Maike schaut Mats an: „Du hast gesagt, dass du dich in mich verliebt hattest. Warum?“
„Warum ich dir das gesagt habe oder …?“
Sie lächelt: „Das zweite.“
Mats antwortet, ohne zu zögern: „Weil du in mein optisches Beuteschema passt.“
Maikes Gesicht erstarrt: „Mehr nicht?! Das klingt … oberflächlich … kalt …“
„Kann ich mir vorstellen.“
Maike wartet auf die Fortsetzung des Satzes, doch Mats schweigt, was sie nicht lange aushält: „Man verliebt sich doch nicht bloß wegen dieses Beuteschemas?! Dann kannst du dich doch nicht wirklich in mich verliebt haben?!“
„Ich kenne dich jetzt knapp drei Monate. Du kennst dich viel länger und hast gesagt, dass du anfangen musst, dich lieben zu lernen. Wenn du bisher nicht wusstest, für was du dich lieben kannst, wie soll ich es dann wissen?“
Maike schweigt, ihr Kopf nicht. Die Lippen sind zusammengepresst, die Augen wandern hektisch hin und her. Der Trotz kehrt zurück: „Es hat ja seine Gründe, warum ich mich lange nicht lieben konnte und die Gründe kennst du. Das heißt aber nicht, dass du mich nur wegen deines Schemas mögen musst!“
„Wenn ich gesagt hätte, dass ich mich verliebt habe, weil dein Aussehen für mich eine Anziehung hat, die 99% der Frauen nicht für mich haben: Was hätte das mit dir gemacht?“
Mats´ weiterhin nüchterne Art bringt Maike immer mehr auf die Palme: „Na immerhin hätte es netter geklungen!“
„Hättest du es mir geglaubt? Also kann dein Kopf dir sagen: Ja, es ist möglich, dass mich jemand wegen meines Aussehens anziehend findet?“
Maikes Blick wandert weg von Mats, die Lippen pressen sich erneut eng aufeinander und wollen sich nicht zu einer Antwort öffnen.
„Siehst du. Menschen können nur so viel Liebe annehmen, wie sie sich selbst lieben können. Würden wir uns seit drei Jahren kennen und würde ich dir jetzt eine Liste machen mit Dingen, die ich an dir mag, optisch und innere Werte, es würde davon wenig bis nichts bei dir ankommen. Wenn ich dir gegenübersitze oder -stehe und wir uns ansehen, dann tut mir das gut. In diesen Moment spielt das, was alles an Scheiße in meinem Leben war und worüber ich mir heute einen Kopf mache, keine Rolle. Diese Momente sind meine einsamen Inseln, die Hütte im Wald. Dass ich dich ansehen kann und dass mir das so gut tut, ist mein großer Vorteil gegenüber dir.“
„Jetzt hältst du mir auch noch vor, dass ich Probleme habe, mich im Spiegel anzusehen?!“
„Das ist alles, was du gehört hast von dem, was ich gerade sagte?“
„Weißt du, wie arrogant du klingst?!“
„Ich weiß.“
Plötzlich steht eine junge Frau neben Maike, legt eine Hand auf ihre Schulter: „So ging es mir mit dem weißen Kaninchen. Erinnerst du dich?“
Maike dreht ihren Kopf zur Seite, der Blick wandert nach oben: „Alice im Wunderland?!“
Die junge Frau nickt mit einem Lächeln: „Sei doch froh, dass er dich wenigstens ein bisschen liebt. Als ich das Kaninchen fragte, ob es mich liebt, antwortete es mit einem durch nichts zu erschütternden Nein. Ich fühlte mich davon verletzt und das Kaninchen hielt mir genau das vor, meine Selbstzweifel. Warum hatte ich auch gefragt, ob es mich liebt, wenn ich nur mit einem Ja hätte meinen Frieden finden können? Ich wollte nur das eine hören. Von wie vielen Wesen wollen wir es hören? Von wie vielen MÜSSEN wir es hören, bis wir es glauben? Wann hätten wir genug? So böse ich auf das Kaninchen war – letzten Endes hatte es recht. Solange wir uns nicht selbst lieben, werden wir blind und taub sein für die aufrichtige Liebe eines anderen. Wir werden nur abhängig sein von jedem „Ich liebe dich“, so verlogen es auch sein mag. Wir werden nicht frei sein können ohne den Brustpanzer der Selbstliebe und des Glücks.“
Für Maike scheint es wenig erstaunlich, dass Alice neben ihr steht: „Meine Psychologin hat mir das auch gesagt, also dass ich mich selbst lieben sollte, um mich nicht so oft verletzt zu fühlen und verletzen zu lassen – auch von mir selbst.“
„Du weißt, dass das weiße Kaninchen und ich 1862 zum Leben erweckt wurden? Schon damals legte uns unser Schöpfer die Worte in den Mund, wie wichtig die Liebe zu uns selbst ist, weil Selbstzweifel die Wesen zerstört. Die Moral der Geschichte ist also alt – und dennoch müssen die Menschen in jeder Generation aufs Neue den Weg zu dieser Moral finden. Mich macht das traurig.“
Maike zeigt sich kämpferisch: „Ich versuche es doch, es braucht halt seine Zeit. Ist es dir gelungen?“
Alice schmunzelt: „Wenn du im Sturm stehst, nimm jede Gelegenheit wahr, dich umzudrehen, so dass du Rückenwind bekommst. Wenn du die Arme nicht ausbreitest, kannst du den Rückenwind nicht nutzen. Dein Gefühl, allein zu sein, kann sich nur verändern, wenn du die Arme öffnest. Das, was war, bestimmt deine Gefühle. Dass es dir schwerfällt, dich im Sturm umzudrehen, kommt von dem, was war.“
Maike versinkt in Gedanken, schweigend, die Worte sortierend.
Alice setzt sich neben Maike: „Was geht dir durch den Kopf?“
„Ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstehe. Meine Kindheit sorgt dafür, dass ich meine Arme nicht öffnen kann für Veränderungen?“
„Ich sagte, dass es dir schwerfällt, aber nicht, dass es dir unmöglich ist.“
„Aber ich habe doch meine Arme geöffnet, habe dem Rückenwind Chancen gegeben?!“
„Für wen?“
„Für die Falschen?“
Alice schmunzelt erneut: „Das fragst du mich?!“
Maike ist nicht zu lachen zumute, der Trotz ist zurück: „Auf jeden Fall will ich nicht, dass sich jemand in mich nur wegen irgendeines Beuteschemas verliebt.“
Alice spricht leise: „In was verliebst du dich?“
„Ein Mann muss mich zum Lachen bringen, er soll für mich da sein, mich verstehen können, wenn es mir nicht so gut geht.“
„Einen solchen Mann gab es in deinem Leben, richtig? Du hast ihm dein Herz ausgeschüttet, er war für dich da, brachte dich zum Lachen. Es war nicht Mats.“
„Ja, aber es hat einfach nicht Klick gemacht.“
„Doch er hatte alles, was du dir wünschst?“
Maike schnauft hörbar genervt durch, der Blick sinkt auf den Boden vor ihr, richtet sich dann wieder nach oben, die Augen suchen: „Wann ist Mats gegangen?“
Alice steht auf: „Als du die Arme verschlossen hast.“ Dann verschwindet auch das Bild von ihr. Maike bleibt allein zurück.
Sie schreckt hoch, nimmt das Handy, schaut nach der Zeit: 2:36 Uhr. Der Traum lässt sie erst eine Stunde später wieder einschlafen. Eine Frage kreist im Minutentakt in ihrem Kopf: Mit welcher Antwort auf die Frage, warum sie jemand liebt, wäre sie glücklich?
Die Geschichten bauen immer auf der vorherigen auf, Du kannst Dir aber auch eine mittendrin rausgreifen.
„Weißt du, was er in dir sieht?“, frage ich Anja. „Platonische Freundin? Potentielle Frau fürs Leben? Mögliche Bettgeschichte?“
Also bete ab jetzt pausenlos und so laut du kannst, dass du stirbst, bevor dein Opfer lernt, dich zu hassen.
Wie sich Unsicherheit anfühlt, braucht Mats Maike aber nicht erklären. Wenn es ein Gefühl gibt, mit dem praktisch jeder Patient in der Klinik vertraut ist, dann dieses.
Maike und Mats stoppen, schauen sich an. Ohne es aussprechen zu müssen, wissen sie, was bevorsteht: Abschied.
„Kannst du mir das Foto schicken? Von der Libelle in deiner Hand? Das find ich noch schöner als mir Sanftmut mit King Kong vorzustellen. Oder ich nehm beides, das geht auch. Wenn ich das Bild sehe, kann ich mich bestimmt an deine Geschichte erinnern und kann mir Sanftmut vorstellen.“
… manchmal sind Maikes kleine und Mats´ große Hand dicht beieinander, um anschließend ihrer eigenen Wege zu gehen, bis zur nächsten Begegnung. Viele Töne hallen nach, im Raum und in den Köpfen. Die Momente, in denen sie einen gleichen Rhythmus finden, lassen sich an ihren Gesichtern ablesen.
Die Gelegenheiten, bei denen er noch einmal neben Maike am See sitzen könnte, verrannen mit all den Tropfen, die unaufhörlich auf den Weg trommelten, den er von seinem Zimmer aus sah.
„Ja. Ich habe mir Liebesfilme angeschaut, um zu lernen, wie sich Liebe anfühlt. Du schreibst Bücher, auch über Liebe. Wenn mir einer das erklären kann, dann du.“
Wir sind Ruth und Knut. Nimm uns an die Hand und komm mit auf deine spannendeste, tränenreichste und lustigste Reise. Wir reißen Wunden auf und kleben nicht einfach ein Pflaster drüber, um unsere Besitzerin auf einen entspannten Weg durchs Leben zu ermöglichen.
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