Autor: Thorben Sonnestrant

  • Du & ich

    Du & ich

    Mal angenommen, es gibt tatsächlich unendlich viele Paralleluniversen, in denen du und ich, so wie wir heute sind, existieren. Unendlich bedeutet, dass alles, was wir uns vorstellen können, möglich ist, so unwahrscheinlich es uns erscheint. In einem Universum regieren wir gemeinsam die Welt, in einem anderen leben wir auf einer einsamen Insel. In einem sind wir gerade am Südpol angekommen, in einem anderen stehen wir auf dem Mount Everest. In einem schwimmen wir gerade in einem See, in einem anderen bauen wir uns ein Haus an diesem See. In einem liegen wir gerade lachend im Schnee, in einem anderen lehnt dein Kopf an meinem. In einem bist du Papst und ich dein Leibwächter, in einem anderen sind die Rollen vertauscht. In einem schlägst du gerade genervt die Tür zu, in einem anderen begegnen wir uns in dieser Sekunde zum ersten Mal. In einem rauben wir erfolglos eine Bank aus, in einem anderen sitzen wir Hand in Hand auf einer Bank. In einem höre ich dich gerade nebenan weinen, in einem anderen trockne ich deine Tränen. In einem schubst du mich von der Klippe, in einem anderen fängst du mich beim Stolpern auf.

    Und ich bin ausgerechnet in dem Universum gelandet, wo wir nichts gemeinsam machen.

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Du & ich

    Du & ich

    In einem liegen wir gerade lachend im Schnee, in einem anderen lehnt dein Kopf an meinem. In einem bist du Papst und ich dein Leibwächter, in einem anderen sind die Rollen vertauscht.

    Brief an Dich

    Brief an Dich

    Du trägst mich auf deinen Schultern durch gute und schlechte Zeiten. Wir haben keine Liebesbeziehung, sind eine Zweckgemeinschaft mit gewissen Vorzügen.

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Zu Deinem 5. Todestag

    Zu Deinem 5. Todestag

    Ich bin mit Ulli hier.

    Ich laufe mit Ulli durch ein großes Gebäude. An nichts ist zu erkennen, was das für ein Bau ist, für mich fühlt es sich nach einer Klinik an. Wir gehen zu einem Fahrstuhl, locker-leicht, fahren eine Etage nach oben, steigen aus. Unser Ziel scheint eine Gruppentherapie zu sein, aber auch das fühlt sich recht ungewiss an. Ulli sieht in einem Nebengang Kinderspielzeug. Ausgelassen springt und läuft er in diese Richtung, so wie er zu Schulzeiten hin und wieder aus seinem Ernst ausgebrochen war. Ich gehe schmunzelnd weiter, freue mich, wie kindlich-unbeschwert er ist. Mir geht durch den Kopf: „Ich bin mit Ulli hier.“

    Doch so, wie ich mich von ihm Schritt für Schritt entferne, schlägt der Gedanke um: „Ulli ist tot! Er ist nicht hier. Aber ich bin mit ihm hier, mit seiner Geschichte.“ Tränen setzen sich in Bewegung.

    Ich werde leicht wach, die Tränen laufen auch in der Realität über meine Wangen. Obwohl ich eher schlafe als wach bin, nimmt mich dieser Traum mit.

    Als ich am Morgen auf dem Klo sitze und an den Traum denke, kommen sofort wieder die Tränen, beim Gedanken: „Ich bin mit seiner Geschichte hier.“ Der Satz klingt kitschig und furchtbar treffend zugleich.

    Warum bin ich hier?

    Dieses Hier ist tatsächlich eine psychosomatische Klinik. Hier soll herausgefunden werden, warum mein Körper seit 6 Jahren zu immer weniger zu gebrauchen ist. An Wanderungen 6-8 km täglich wie noch 6 Jahre zuvor ist jetzt überhaupt nicht mehr zu denken, selbst ein halber Kilometer aller zwei Tage lässt meine Muskeln erschöpfen wie nach einem langen Marsch. Genauso schnell erschöpfen die Arme, fühlen sich nach dem Pinseln einer kleinen Fläche an, als hätte ich reichlich Gewichte gestemmt.

    „Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden.“ So sagt es mir meine Psychologin. Messbares werde man wohl nicht finden. Zu viel erlebt, zu viel gehört, zu viel an negativen Gefühlen, Emotionen. Zu viel Trauer, zu viel Enttäuschung, zu viel Hilflosigkeit, zu viel Ungerechtigkeitsempfinden. Und von all diesen Gefühlen zu viele weggedrückt, was viel Energie verbraucht.

    In den 10 Jahren zuvor hatte ich viel zugehört und fühlte mich robust, das alles wegstecken zu können. Dutzende Geschichten von kaputten Kindheiten, die in psychische Erkrankungen führten. Es schien keinen Menschen zu geben ohne Depressionen, bipolare Störung, Selbstverletzungen, Suizidgedanken, narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Angststörungen, Zwangsstörungen …

    Dir scheint die Sonne aus dem Hintern

    Nur bei Dir, Ulli, war alles anders. Dachte ich. 2018 sah ich Dich im Freibad. Mit muskelbepacktem Körper stiegst Du aus dem Wasser, mit gewinnendem Lächeln wie David Hasselhoff in „Baywatch“. Ich hab Dich beneidet: Als Chirurg hattest Du einen guten Job, dank dem Du Dir sicher keine finanziellen Sorgen machen brauchtest, Du hattest Familie und diesen Body. Dir stand die Welt offen. Wenn es einer aus unserer Klasse auf die Sonnenseite des Lebens geschafft hatte, dann ganz sicher Du. Aber klar, Du kamst aus einem Elternhaus mit Chirurg und Lehrerin, also gute Startbedingungen. Dachte ich.

    Zwei Jahre später hieß es im Dorfklatsch, Du seist tot, Suizid auf dem Gelände vom Freibad. Du, der doch auf der Sonnenseite warst. Auch wenn der Buschfunk teils wild danebenliegt – irgendwann war Dein Tod Tatsache. Ich habs nicht verstanden. Suizide haben eine lange Vorgeschichte, das war mir durch das Zuhören bei vielen Geschichten klar. Aber was soll bei Dir schon schiefgelaufen sein?!

    Ich fragte mich, warum Du mit Mitte 40 immer noch Wert gelegt hast auf diesen durchtrainierten Körper. Brauchtest Du ihn für Dein Ego? Es kostet gerade mit zunehmendem Alter viel Energie und Zeit, um so auszusehen, also muss es einen Grund gegeben haben. Wenn wir unseren Körper aufpeppen, ob durch Muskeln, Tattoos, OPs, Klamotten oder anderweitig, liegt so gut wie immer der Selbstwert im Argen. Aber Du warst doch auf der Sonnenseite?!

    Glauben heißt nicht Wissen

    Deine Schwester erzählte mir von eurer Kindheit – und da fand sich kein Fünkchen Sonnenseite. Gewalt, Manipulation, Leben unter zwei narzisstischen Elternteilen. Dein Suizid war Deine erste freie Entscheidung, so schrieb sie mir. Mit Bodybuilding hast Du als Teenager angefangen, um eine Chance gegen die Gewalt Deines Vaters zu haben. In der Zeit drückten wir die Schulbank, ich hielt Dein Fitnessprogramm damals einfach nur für „Das ist halt ein echter Kerl“.

    Auf Deinen Tod hab ich fassungslos reagiert, aber ohne Tränen. Das Jahr zuvor hatte mich in einen gefühlsmäßigen Sarkophag gesteckt, eine Serie von fünf dicken Einschlägen war zu viel für meinen Kopf. Trauer, Wut, Enttäuschung, Hilflosigkeit – alles wurde immer wieder getriggert. Fünf Monate nach Dir starb mein Onkel. Bei der Beisetzung fühlte ich mich völlig deplatziert. Während alle um mich herum tief bewegt waren, lief ich herum mit dem Gedanken: „Tja, so ist das Leben.“

    Mein Sarkophag bricht auf

    „Ulli ist tot! Er ist nicht hier!“ – Dieser Traum riss den Sarkophag für eine kurze Zeit auf, drei Jahre nach Deinem Tod. Am Tag nach dem Traum brauchte ich nur an diese beiden Sätze denken und sofort regten sich die Gefühle. „Ich bin mit seiner Geschichte hier.“ Als ich in der realen Gruppentherapie von dem Traum erzählte, waren die Tränen schnell wieder da.

    Deine Schwester hatte zu der Zeit schon so einige Gruppen- und Einzelsitzungen hinter sich. Sie konnte Deine Geschichte nicht von sich aus in ihrer Gruppe erzählen. Das, was sie mir über euch geschrieben hatte, hatte ich in ein Kapitel meines Buches über die Entstehung von psychischen Erkrankungen gepackt. Durch das Vorlesen dieses Kapitel konnte sie doch noch das erzählen, was in euren Kinderzimmern passiert war.

    Nichts gelernt

    Seit Deinem Tod sind nun fünf Jahr vergangen. In fünf Jahren Schule haben wir eine Menge gelernt, Schreiben, Rechnen. Wenn ich an Deinem Grab stehe, wenige Meter entfernt von der Friedhofskapelle, sage ich Dir: „Wir haben nichts aus Deinem Tod gelernt.“ Rein gar nichts. Keiner fragt, wie Dein Tod hätte verhindert werden können. Du hattest halt irgendwelche Probleme mit Dir selbst.

    In einer Gruppentherapiesitzung hatte ich gesagt, dass werdende Eltern ab dem Zeitpunkt der Feststellung einer Schwangerschaft psychologisch betreut werden sollten bis das Kind 16 oder 18 ist. Die Mitpatienten waren alle in der Klinik, weil sie als Kind auf irgendeine Weise von ihren Eltern verletzt wurden; Gewalt, Vernachlässigung, „Er war nicht da“. Um die Kindheit und um die Eltern drehte sich praktisch alles. Sie alle wussten also, an welchem Ort Depressionen, Selbstzweifel usw. geboren werden, all die Dinge, die ihnen das Leben schwer bis nicht lebenswert machen. Die Reaktionen auf meinen Lösungsvorschlag: Entsetzen. Offenbar hat jede Generation aufs Neue das Recht, die eigenen Verletzungen aus der Kindheit eigenen Kindern zu vererben.

    Unsere Väter regieren die Welt

    Klar, Narzissmus gilt als schwer bis nicht „heilbar“. Auch wenn eure Eltern von Psychologen über viele Jahre unter die Lupe genommen worden wären und es Therapieversuche gegeben hätte, hättet ihr wohl Narben abbekommen. Narzissten machen keine Fehler, da wären sich unsere Väter wohl sehr nah gewesen. Auch beim abwertenden Umgang mit Frauen und den eigenen Kindern hätten sie sich bestens verstanden. Empathie war für beide ein völliges Fremdwort. Sie haben beide ihre Vorgeschichte. Die Verletzungen in der Kindheit meines Vaters kenne ich in Umrissen, bei euren Eltern wird es ebenfalls eine Vorgeschichte geben. Ziel sollte es sein, von Generation zu Generation weniger Narben zu vererben. Aber wir machen nichts. Rein gar nichts.

    Stattdessen bekommen Kopien unserer Väter viel Beifall. Männer, die von jeglicher Empathie befreit sind, niemals eigene Fehlern sehen und despotisch herrschen, übernehmen immer mehr die Macht in dieser Welt. Und Frauen, bei denen es ebenfalls enorm nach starkem Narzissmus riecht, machen tatkräftig mit. Ich beneide Dich, dass Du Dir das nicht mehr antun brauchst. Ich weiß nicht, ob es Dich bewusst oder unterbewusst so triggern würde wie mich. Stell Dir vor, 50% der US-Bevölkerung hätten einen unserer Väter zum Präsidenten gewählt, freiwillig. Wir hätten ihnen sagen können, dass diese Männer Gift sind, was sie alles angerichtet haben – die 50% hätten in ihnen trotzdem kein Problem gesehen, sie als Macher gefeiert, in ihnen Problemlöser gesehen und nicht Menschen, denen es einzig und allein um sich selbst geht.

    Babys sind die Lösung meiner Probleme

    Dieses Augen öffnen funktioniert auch nicht innerhalb meiner Familie. Wieder werden Kinder in toxischen Beziehungen gezeugt. „Jetzt bin ich dran, glücklich zu werden! Ich hab aus meiner Kindheit gelernt und mache bestimmt nicht die gleichen Fehler.“ Ich sehe in meiner Familie keinerlei Willen, sich überhaupt mit dem Thema zu befassen. Schließlich sind da die kleinen Püppchen, mit denen man spielen kann. „Endlich ist da die Tochter, die ich nie hatte.“ Verdrängung, Unwissenheit, Lernunfähigkeit.

    In unserer Kindheit gab es die Bezeichnung „toxische Beziehung“ noch lange nicht, aber wir sind das Ergebnis eben solcher. Wir wissen, was das mit Kindern macht, wie kalt es sich anfühlt, wie es sich auf das ganze Leben auswirkt, wie es einen kaputtmachen kann.

    Aber Du weißt ja selbst, auf welche Weise Frauen sich ihren Kinderwunsch erfüllen. Du wolltest nie Kinder, weil Du davon ausgegangen bist, angesichts Deiner Kindheit kein guter Vater werden zu können. Hinterlassen hast Du drei Halbwaisen. Sie tragen nun die neuen Narben durch Deine Abwesenheit. Und sie tragen Narben durch ihre Mütter, die heimlich die Pille abgesetzt haben oder die Dich auf andere Weise zum Vater machten. Klar, Du hättest einfach nur die Finger oder andere Körperteile von ihnen lassen brauchen, Du hättest einfach nur vernünftig sein müssen. Das würden Dir eine Menge Menschen sagen, die selbst die unvernünftigsten Dinge machen und nichts aus ihrer eigenen Geschichte gelernt haben. Dass Du vielleicht einfach nur die Leichtigkeit des Seins gesucht hast nach dieser tonnenschweren Kindheit – egal.

    Der Schutz des Lebens

    Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention rät zum vorsichtigen Umgang mit dem Thema Suizid: „So wichtig der Investigativ-Journalismus ist, der Schutz von Leben hat stets Vorrang vor einer umfassenden, alle Fakten und Facetten beschreibenden Berichterstattung.“

    Das erinnert mich an Sätze am Anfang der Corona-Pandemie. Da hieß es immer wieder von Politikern: „Nichts ist so wichtig wie die Gesundheit der Menschen.“ So wie mit psychisch Erkrankten umgegangen wird, empfinde ich den Satz immer wieder als Höchstmaß des Zynismus.

    In der Klinik lernte ich Meggie kennen. Seit wenigen Wochen ist sie wieder stationär, wegen akuter Suizidgedanken. Der Umgang mit ihr in der Klinik ist recht unterschiedlich. „Der Schutz von Leben hat stets Vorrang“ scheint nicht von allen so geteilt zu werden. Ich sehe kein übermäßiges Interesse, dass sie noch lange unter den Lebenden bleibt. Würde sie es Dir gleichtun, dann wäre es halt so. Man kann ja nicht alle retten.

    Nein, wir haben nichts gelernt und ich sehe auch keinen Willen, die Kurve zu kriegen. Dadurch ist es für mich sehr schwer, meinem Buch mit eurer und meiner Geschichte und denen vieler anderer doch noch Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Auch wenn ich mir meiner Sache extrem sicher bin – sonst hätte ich es nicht veröffentlicht: Ich habe Angst vor dem Abwinken, vor „So schlimm ist das ja nicht“, vor dem Verdrängen, vor „Erziehung ist Privatsache, da hat sich der Staat rauszuhalten.“

    Es ist aber keine Privatsache. Die Rettungskräfte, die Dich gefunden haben, werden die Bilder wohl noch immer vor Augen haben, wenn auch inzwischen verschwommener. Deine Kinder werden auf irgendeine Weise zu Tätern an sich selbst und/oder an anderen werden und ihre Narben weiterreichen. Nur wenn sie auf einer einsamen Insel, jedes für sich, aufwachsen würden, wäre es Privatsache. Deine Schwester wird weiter mit den Narben ihrer Kindheit zu kämpfen haben, genauso mit den Narben, die mit Deinem Tod entstanden sind.

    Ich möchte nur die Welt retten

    Also bleibt mein Plan trotz aller Befürchtungen: Ich werde per Crowdfunding Geld für Werbung sammeln, um dem Buch Aufmerksamkeit zu verschaffen und vielleicht doch etwas in Bewegung zu setzen, die Lernbehinderung zu beenden. Wenn ich an Deinem Grab stehe, ist der Kampfgeist deutlich größer als wenn ich am Computer sitze und die Aktion starten könnte. Vielleicht finde ich Menschen, die mir Arme und Beine stärken. Die müssen nicht so muskulös sein wie Deine. Irgendwo sitzt gerade sicher wieder ein Teenager im Kraftraum, pumpt sich auf. Wieder werden andere glauben, er mache das nur, um zu posen. Wieder kann die wahre Geschichte dahinter eine ganz andere sein. Wieder kann die Geschichte eines Tages vorzeitig enden. Wieder würden Narben vererbt. Wieder würde ein Grabstein stehen. Wieder würde an dem Grab jemand stehen, voller Wut, Trauer, Ungerechtigkeitsempfinden, Hilflosigkeit. Wieder würde jemand all diese Gefühle unterdrücken müssen, um nicht die ganze Welt zusammenzuschreien, so dass die Ohren bluten.

    Falls Du jetzt in einem Paralleluniversum unbeschwert durch die Gegend läufst und springst und irgendwelche Fäden zu diesem Universum hier hast: Zieh bitte paar davon, um mich zu unterstützen. Falls das egozentrisch klingt: Meine Therapeutin sagte, ich soll mehr an mich selbst denken.

    Falls Du einfach nur Asche bist: Es hätte nicht sein müssen.

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    Ein Witz

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    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin […]

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    Mein liebes Leben

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    Hör auf mit dem Scheiß

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    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

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    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

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    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • „Was macht Dich denn bitte zum Experten?!“

    „Was macht Dich denn bitte zum Experten?!“

    Du bist Journalist, Blogger, Influencer oder hast auf anderen Wegen Reichweite, dank der Du mein Buch ins Blickfeld möglichst vieler Menschen rücken kannst? Oder überlegst Du, mich per Crowdfunding zu unterstützen? Aber Du bist Dir unsicher, was mich zu einer glaubhaften, seriösen Quelle macht? Fragst Du Dich, was mich zum Experten macht?

    Nichts. Ich habe keine Sekunde Psychologie oder ähnliches studiert, kein einziges Buch über psychische Erkrankungen oder Kindesentwicklung gelesen. Alles, was ich schreibe, sind Beobachtungen und Ergebnis von Zuhören. Aber hör bitte an der Stelle nicht gleich auf mit dem Lesen, ich fahre ein paar schwere Geschütze auf 🙂

    In der Schulzeit konnte ich nicht verstehen, wieso viele Mitschüler an Textaufgaben scheiterten. Man braucht doch einfach nur aus den entscheidenden Zahlen und Fakten eine Formel aufstellen und sie lösen?! Dafür war ich im Sport ein echter Grobmotoriker und wusste nicht, was ich beim Springen, Werfen und Rennen falsch mache.

    Mit dem IQ durch den Bürokratiedschungel

    Mit ca. 20 kaufte ich mir für 5 DM ein Buch bei Karstadt mit Intelligenztests, verfasst von einem Professor für Psychologie. Bei Test 1 landete ich bei einem IQ von 133, bei Test 2 war das Ergebnis 147. Wo genau mein IQ lag und was davon heute, 30 Jahre später, noch übrig ist, weiß ich nicht. Genutzt hat er mir nicht wirklich viel. Vielleicht konnte ich mich schneller durch all die Formalitäten schlagen, mit denen ich nach dem Schlaganfall meines Vaters 2019 zu kämpfen hatte. Für eine große Karriere hatte es auf jeden Fall nicht im Ansatz gereicht. IQ-Tests sind darauf ausgelegt, Muster schnell zu erkennen. Was in der Mathematik funktioniert, kann bei Menschen genauso klappen.

    Bin nicht sexy, aber emotional intelligent

    In einem Partnersuch-Portal sollte ich die Frage beantworten, was ich unter „emotionaler Intelligenz“ verstehe. Meine erste Reaktion war: „Wow, da hat sich ja mal wieder jemand ein supertolles Wort einfallen lassen, was ganz schlau klingt.“ Für mich gehörte das in die Kategorie „Superfood“ für einen einfachen Apfel. Auch wenn ich „Mindset“ lese oder höre, muss ich meinen Augenbrauen zurufen, dass sie bitte unten bleiben sollen. Man kann sich mit der Verwendung solcher Wörter fix einen klugen Anstrich geben, aber oft erscheinen mir die auf solche Wörter folgenden Sätze als heiße Luft, die keinem Praxistest bestehen.

    Heute sehe ich „emotionale Intelligenz“ gelassener. Ja, vielleicht würde das einfache Wort Empathie schon völlig ausreichen. In meinem 5-DM-Intelligenztest-Buch gibt es neben den allgemeinen Tests auch je einen für Sprache, für Zahlenlogik und für räumlich-visuelle Vorstellung. Das heißt, es gibt auch sprachliche Intelligenz, zahlenlogische und räumlich-visuelle.

    Der Mensch, die lebendige Textaufgabe

    Und damit kann es ja auch emotionale Intelligenz geben: Wie gut und schnell (die Intelligenztests waren alle auf 20 Minuten beschränkt) kann ich das Gefühlsleben eines anderen Menschen verstehen? Gibt es ein Muster zu früheren Begegnungen? Das, was dir ein Mensch erzählt, kannst du auch als Textaufgabe sehen. Wenn du anfängst mit Mathe, stehen dir nur ein paar Zahlen zur Verfügung, dazu ein + und dann ein -. Damit kommst du nicht weit, du musst weiter Erfahrungen sammeln.

    Erzählt dir ein Mensch zum ersten Mal von Selbstverletzungen und du hattest vorher keine Erfahrungen damit, auch keine ganz eigenen, dann bleibt dir eigentlich nur, ihm zuzuhören, Erfahrung zu sammeln, Fragen zu stellen: Was macht das mit dir?

    Mir ging es so mit Sophie. Sie war knapp 18, als sie mich das erste Mal anschrieb. Uns trennten 35 Jahre. Anfangs dachte ich, jemand will mich in eine Falle locken. Für Sophie wurde ich zu einem Menschen, dem sie als so ziemlich einzigen vertrauen konnte. Ihre Eltern und ihr Bruder hatten dafür gesorgt, dass Sophie schon mit 12 sprungbereit war, um das Leben hinter sich zu lassen. Depressionen waren die Folge, wohl auch Borderline und die Selbstverletzungen. Mit 23 bekam sie einen Schlaganfall. Ob sie noch lebt, weiß ich nicht.

    Wenige Jahre später begegnete ich Meggie. Es dauerte nicht lange, bis sie mir von ihren Selbstverletzungen erzählte, obwohl sie diese ansonsten nur selten zum Thema macht aus Angst vor den Reaktionen. Ich erzählte Meggie von Sophie und auch von einer anderen Frau, die über ihre Selbstverletzungen gesagt hatten: „Sie zeigen mir, dass ich lebe“. Ich fragte Meggie, ob das bei ihr auch so ist. Sie bejahte. Ich konnte also durch meine Erfahrungen die Textaufgabe von Meggie besser lösen, dadurch konnte sie sich wieder besser von mir verstanden fühlen, weiteres Vertrauen gewinnen, was sehr erleichternd sein kann.

    Das Gegenteil von intelligent

    Emotional unintelligent wäre es gewesen, den Frauen zu sagen: „Was für ein Blödsinn, lass doch den Scheiß einfach sein!“ Dann hätte ich auch Menschen, die sich in ihren depressiven Phasen zurückziehen, sagen können: „Geh doch einfach unter Leute, dann bist du nicht mehr traurig!“ Oder ich hätte Menschen in manischen Phasen sagen können: „Du Idiot, dieses Lied im Radio ist doch nicht für dich geschrieben worden! Und die Chinesen kommen nicht morgen!“

    Meine Erfahrungen sagen aber: Das funktioniert so nicht. Ein Mensch mit Realitätsverlust kann nicht durch Faktenchecks in die Realität zurückgeholt werden. Die Hormonstörung in der Depression kann nicht mit „Geh doch mal unter Leute“ glattgebügelt werden. Und für jede Selbstverletzung gibt es eine Ursache, genauso wie für jede Sucht und auch gegen die kommt kein „Zigaretten gefährden aber deine Gesundheit!“ an.

    Ich Frauenversteher

    Eine Frau, Mitte 40, schrieb mir: „Danke, vor allem fürs Verstehen … Als mein Freund mich vorhin fragte, was los sei, hab ich es ihm nicht sagen können… Weil er mich nicht versteht. Nicht verstehen kann… Ich erreiche ihn mit meinen Worten und Gedanken gar nicht. Und du bringst es nach einmal Lesen auf den Punkt… So offen reden kann ich grad nur mit dir.“

    Wir waren zweimal zu Wanderungen unterwegs, ansonsten chatteten wir, ohne dass da irgendwelche Herzchen hin- und herflogen. Zum Zeitpunkt des Zitats kannten wir uns vielleicht zwei Jahre, mit ihrem Freund war sie deutlich länger zusammen. Warum fühlte sie sich von mir wesentlich besser verstanden als von ihm, obwohl er ihre Emotionen tagtäglich live studieren konnte inklusive Körpersprache? An dem Punkt macht „emotionale Intelligenz“ für mich Sinn – aber vielleicht ist es eben doch „einfach nur“ Empathie.

    Immer wieder fühlten sich Menschen von mir recht schnell verstanden, ob 18-jährig oder Ü70. Immer wieder vertrauten sie mir Dinge an, über die sie sonst schwer bis gar nicht mit anderen Menschen reden konnten. Offenbar mache ich beim Zuhören etwas richtig. Das, was ich an Fragen stelle und aus Erfahrung erkläre, scheint oft ins Schwarze zu treffen, was mein Gegenüber immer wieder so überrascht wie mich selbst.

    Theorie + Praxis = Logisch

    Ich stelle keine neuen Theorien auf, habe keine Studien durchgeführt, forsche nicht. Ich gebe einfach nur das wieder, was Menschen erzählen, was Psychologen, Neurologen, andere Ärzte und Forscher sagen. Wenn die Theorie mit der Praxis zusammenpasst, dann gebe ich es so wieder.

    Wenn der kanadische Arzt Gabor Maté die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschung zusammenfasst und dabei sagt, dass wohl jede Suchterkrankung durch Verletzungen und Traumata in der Kindheit entsteht und ich immer Suchterkrankte mit mehr oder weniger heftiger Kindheit begegne, dann ist die Lösung der Textaufgabe: Wenn du Sucht bekämpfen willst, musst du Kinder vor Verletzungen schützen. Die emotionale Intelligenz sagt mir: Wenn ich jemandem vorwerfen würde, an der Flasche oder der Nadel oder an exzessivem Sport oder Arbeit zu hängen, dann würde ich ihm vorwerfen, dass seine Eltern ihn nicht die Zuneigung geschenkt hatten, die ein Kind braucht.

    Wenn Psychologen bei jedem hilfesuchenden Erwachsenen in der Kindheit graben, um die Ursache des psychischen Ausnahmezustandes ausfindig zu machen, dann sagt mir die Logik: Jede psychische Erkrankung ist das Ergebnis von Verletzungen in der Kindheit. Wer die Erkrankungen bekämpfen will, muss Kindern das verletzungsfreie Aufwachsen ermöglichen.

    Wenn Psychologen sagen, dass 100% der psychisch Erkrankten Wut in sich tragen und ich etwas gegen Wut in der Gesellschaft unternehmen will, muss ich psychische Erkrankungen eindämmen, womit wir wieder beim verletzungsfreien Aufwachsen sind.

    Viele Probleme, eine Ursache?

    Wenn ich das Abwerten von Ausländern, von Gläubigen, von Blondinen, von Wissenschaftlern, Aluhutträgern, SUV-Fahrern, Fahrrad-Fahrern, Eliten, Bürgergeldempfängern, alten, weißen Männern, der Gen Z usw. immer bei Menschen sehe, die in ihrer Kindheit einiges mitmachen mussten und die als Erwachsene nicht wirklich mit sich klarkommen, dann kann ich versuchsweise Begriffe wie Ausländerfeindlichkeit, Homophobie, Antisemitismus usw. weglassen und das Abwerten als einfachen Versuch ansehen, den nie gesund gewachsenen Selbstwert aufzuwerten. Warum ist der Selbstwert nie gesund gewachsen? In 99,9% der Fälle landet man wieder bei den Eltern. Warum konnten die Eltern den Selbstwert ihres Kindes nicht gesund entwickeln lassen? Erfahrung sagt: Weil sie selbst ohne diesen aufgewachsen waren. Lösung der Textaufgabe: Wer Hass bekämpfen will, muss Kindern ermöglichen, von ihren Eltern einen gesunden Selbstwert auf die Reise mitzubekommen.

    Warum sollten mir Journalisten & Co. zuhören?

    Um mein Buch in aller Munde zu bringen, soll über den Inhalt berichtet werden. Aber was gelten meine Worte, wenn unter den Artikel nicht geschrieben werden kann: „Sonnestrant hat Psychologie studiert, arbeitete lange als Psychotherapeut, später mit eigener Praxis, engagiert sich in der Suchtforschung und betreibt den Podcast „Lass Sonne in Dein Herz“?

    Meine Gegenfrage wäre: Was qualifiziert eine Frau als Expertin für Putins Krieg, die vier Tage vor dem offiziellen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine mit ihrer üblichen Art der Unfehlbarkeit erklärt hatte, dass Russland nie in die Ukraine einmarschieren werde? Warum darf diese Frau trotz ihrer völligen Fehleinschätzung regelmäßig bei Markus Lanz und in anderen Formaten Putin als rationalen Menschen einstufen, mit dem man ja nur auf Augenhöhe verhandeln bräuchte? Was macht sie zu einer Expertin, deren Worte mehr Gewicht haben als die vom Malermeister um die Ecke?

    Kam in ihrer Einschätzung Putins jemals das Wort „Narzisst“ vor? Hat sie jemals laut darüber nachgedacht, dass Narzissten nichts mit rationalem Denken zu tun haben, sondern es ihnen immer um Macht, Einfluss, Besitz, Aufmerksamkeit geht? Schickt ein rational denkender Mensch aus angeblicher Angst vor der NATO-Erweiterung vorsorglich hunderttausende seiner Landsleute in Tod und Verstümmelung? Kann man deshalb dessen Argument, er wolle ja nur die weitere Erweiterung verhindern, immer wieder als Kriegsgrund wiederholen? Oder sind einem solchen Menschen aus dem für Narzissten typischen Fehlen von Empathie Menschenleben egal, Hauptsache er schreibt für immer seinen Namen in die Geschichtsbücher neben andere große Eroberer? Eroberer, die am Ende alles wieder verloren hatten, was die von ihnen in den Tod geschickten Menschen eingenommen hatten?

    Und wieder grüßt das Murmeltier

    Es ist erschreckend, wie sich die Geschichte wiederholt: Hitler wollte sein Heimatland Österreich befreien und der notleidenden Bevölkerung zu Hilfe kommen – damit begründete er den Einmarsch ins Alpenland im März 1938. Mit einer Volksabstimmung ließ er rückwirkend die Annexion rechtfertigen. Hitler wollte auch die Verfolgung deutscher Landsleute in der Tschechoslowakei und Polen stoppen – das gab er als offizielle Gründe an für den Einmarsch in diese Nachbarländer.

    Putins anderer offizieller Kriegsgrund neben der angeblichen Angst vor der NATO-Erweiterung: den angeblichen Genozid an den in der Ukraine lebenden Russen stoppen. Mit Abstimmungen ließ er die Annexionen als „richtig gemacht“ besiegeln.

    Hitler ging es aber nicht um das Wohlergehen von Menschen. Wenn mir Menschenleben am Herzen liegen, dann schicke ich keine Soldaten in den möglichen Tod, sofern ich nicht selbst angegriffen werde. Hitler wollte erobern, die Pläne dafür lagen bereit und er wollte endlich loslegen. Warum sieht die Frau, die überall auftreten darf, Putin nicht in Hitlers Tradition: dem Eroberer? Warum glaubt sie an seine Verhandlungsbereitschaft? Was in seinem Wesen gibt ihr Anlass zu diesem Glauben?

    Vor allem der britische Regierungschef Chamberlain hatte mehrmals mit Hitler direkt gesprochen, in der Hoffnung, ein Krieg könne vermieden werden. Er wollte ihm entgegenkommen, Rüstungsabkommen schließen, deutsche Interessen in Mittel- und Südosteuropa anerkennen. Er unterzeichnete im September 1938 das Münchener Abkommen, was Deutschland berechtigte, das Sudentenland zu annektieren. Er tat dies im Glauben, einen weiteren Weltkrieg verhindern zu können. Und er schien sich sehr sicher, den Frieden in Europa gesichert zu haben.

    Ein halbes Jahr später, im März 1939, marschierten deutsche Truppen in Prag ein. Prag hatte nichts mit dem Sudentenland zu tun. Chamberlain wurde nun klar, dass er Hitler auf den Leim gegangen war und er startete die Aufrüstung Großbritanniens. Mit Polen und anderen Staaten schloss er Verträge, die diesen Staaten Sicherheiten geben sollten, so wie die Ukraine 1994 im Budapester Memorandum Sicherheitsgarantien von Russland, den USA und wieder von Großbritannien bekam. Im Gegenzug gab die Ukraine die auf ihrem Gebiet stationierten Atomwaffen ab. Hätten die Ukrainer auch die Abschusscodes in den Händen gehabt, wären sie die drittstärkste Atommacht dieser Zeit gewesen.

    Hitler überfiel die Staaten trotz der Sicherheitsgarantien der Briten, Putin kackte auf das Abkommen von Budapest. Am Ende half gegen den Eroberer Hitler keine Beschwichtigung, sondern nur geballte militärische Stärke: Panzer, Schiffe, Flugzeuge, Bomben, Granaten, Gewehrkugeln, Millionen Soldaten. Briten und Amerikaner warfen in ihrer Wirtschaft alles in die Waagschale, was an Rüstung möglich war. 1943 bauten die USA u.a. 2654 Kriegsschiffe und 54100 Kampfflugzeuge. Hätten sie viel eher erkannt, was Hitler vorhat, wären die Opferzahlen wohl geringer ausgefallen und der hinterlassene Schutthaufen wäre kleiner gewesen.

    Und selbst als die Lage für Hitler längst aussichtslos war, alle gewonnenen Gebiete wieder verloren waren, das einstige Kernland zum Großteil von Briten, Franzosen, Russen und Amerikanern besetzt war, sagte der Eroberer nicht: „War ´ne dumme Idee, tut mir leid um die vielen Opfer.“ Nein, der Eroberer schickte Jugendliche und Alte an die Front. Erst mit seinem Suizid war der Weg frei für Frieden. Ergebnis: Millionen Tote für rein gar nichts. Die in diesen Jahren erlittenen Traumata haben sich vererbt auf die nächsten Generationen und wirken auch heute noch in unterschiedlichsten Varianten nach.

    Nazi oder Narzi?

    Die Lehre aus dieser Geschichte sollte sein: Ein Narzisst ist nicht mit Verhandlungen, Zugeständnissen, Respekt o.ä. zu stoppen, wenn er erobern will. Narzissten erkennen zielsicher die Schwächen ihres Gegenübers und können diese perfekt für ihre Zwecke nutzen. Hat das Gegenüber Angst vor einem militärischen Konflikt? Perfekt! Dann kann ich mir ein Land nach dem anderen holen und mich darauf verlassen, dass die andere Seite mir immer wieder nur sagen wird: „Damit ist es jetzt aber genug, sonst … Lass uns jetzt verhandeln.“

    Diktatoren sind praktisch immer Narzissten, so las ich es von einem Psychologen. Putin wurde von einem ehemaligen CIA-Psychologen als Narzisst eingestuft. Warum soll Putin anders ticken als Hitler? Weil wir nicht mehr 1939 haben, sondern 2025?

    Die Auswirkungen von Narzissmus werden immer die gleichen bleiben – genauso wie die Ursache: Verletzungen in der Kindheit, durch die sich kein gesunder Selbstwert aufbauen kann. Das ist bei Putin so, bei Trump ebenso, der von Dutzenden Psychologen als Narzisst eingestuft wurde. Hitlers Vater war ein Despot. Genauso sehe ich meinen eigenen Vater, der seinen Erzeuger nie kennengelernt hatte – auch hier spielte Hitler eine Rolle. Zuneigung war von meinem Vater nicht zu erwarten, genauso wenig wie Anerkennung. Entsprechend gering war mein Selbstwert jahrzehntelang. Ich hätte mich im Leben nicht mit einem Buch an die Öffentlichkeit gewagt, in der ich Dinge erkläre, die ich nicht studiert habe. Außer dem IQ hatte ich doch keine Stärken, so meine Wahrnehmung.

    Mein Glück war wohl, dass meine Mum gegensätzlich zu meinem Vater tickte, was Empathie und Mitgefühl angeht. Das half mir zwar nicht zu einem besseren Selbstbewusstsein, aber ich hatte nie das Bestreben, mich über andere stellen zu müssen, um mich aufzuwerten. Ich brauche keine anderen Länder erobern, um meinen Selbstwert zu steigern. Ich könnte nicht zehntausende Leben opfern, nur damit mein Name irgendwann auf einem Straßenschild in einer eroberten Hauptstadt steht.

    Wenn wir sagen :„Nie wieder Krieg!“, dann heißt das für mich: „Nie wieder Narzissten“ und das heißt: Nie wieder Kinder ohne gesunden Selbstwert aus den Kinderzimmern gehen lassen. DAS wäre für mich die richtige Lehre aus der Geschichte jedes Krieges und jedes Möchtegern-Diktators.

    Warum dieser Geschichtsausflug?

    Er soll Dir helfen, ein Gespür zu entwickeln. Vergleiche die Frau, die in jeder Polit-Talkshow gern gesehen ist und mich. Wir sind beide keine Experten für Kriege oder Menschen. Wessen Einschätzung ist für Dich nachvollziehbarer? Von wem würdest Du Dir in Zukunft eher den Wahnsinn in dieser Welt erklären lassen (ohne dass Du diese Erklärung dann für die einzig richtige halten brauchst)? Wenn diese Frau so viel Sendezeit bekommt, ohne Expertin zu sein, wäre es dann so verkehrt, wenn auch ich zu Wort kommen würde? Was ist mit all den anderen Politikern, die ebenfalls über die Dinge sprechen dürfen, bei denen ihnen eine fachliche Eignung fehlt?

    Was ist mit Dir los?

    Der Vorteil an dem, was ich schreibe: Du kannst Deinen ganz eigenen Faktencheck machen. Blättere Deine eigene Geschichte durch bis zum Anfang: Waren Deine Eltern für Dich da? Hast Du Zuneigung von beiden Elternteilen bekommen? Anerkennung, Liebe, Aufmerksamkeit?

    Wenn nicht: Auf welche Weise versuchst Du seit dem Verlassen Deines Kinderzimmers Anerkennung, Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit zu bekommen? Machen diese Versuche Dich glücklich oder stressen sie Dich? Versuchst Du weiterhin, ein nettes Wort Deiner Mutter oder Deines Vaters für Dein Dasein zu hören? Wie viel Aufwand betreibst Du dafür und tut Dir das gut?

    Wie sieht Dein Selbstwert aus? Von was ist er abhängig? Von Deinem Aussehen? Von Deinem Fleiß auf Arbeit? Deinem Besitz? Von der Aufmerksamkeit Deines Partners oder von der, die Du in sozialen Netzwerken bekommst? Hängt Dein Selbstwert davon ab, dass Du andere abwertest? Was würdest Du in Deinen eigenen Augen morgen wert sein, wenn Du aus irgendwelchen Gründen nur noch zu Hause sitzen könntest, ohne Aufmerksamkeit, Arbeit, Besitz, Aussehen, Einfluss, Macht? Wärst Du dennoch mit Dir zufrieden oder würden die alten Wunden beginnen zu bluten? Wie ehrlich kannst Du in all diesen Fragen zu Dir selbst sein? Was lässt Dich der blinde Fleck nicht sehen, den jeder Mensch hat?

    Wenn Du jetzt sehr nachdenklich auf den Bildschirm schaust, durch ihn hindurch, Du sehr still wirst, dann habe ich etwas in Dir bewegt, ohne Experte zu sein. Und darum geht es mir mit dem Buch: Etwas in Gang bringen. Ich stelle mich nicht hin und sage: „Alles ist richtig, was ich behaupte!“ Aber ich fühle mich mit dem Gesagten sehr dicht an der Realität, auch durch das positive Feedback jener Menschen, mit denen ich mich ganz privat unterhalten habe und nicht aus Recherche-Zwecken.

    Konnte ich Dich überzeugen? Dann nutze Deine Macht, Deinen Einfluss, Deine Aufmerksamkeit, Deinen Besitz gern dazu, mein Buch auf Bestseller-Listen zu bringen und es zum Thema auf allen Kanälen zu machen. Die Weltuntergangsuhr wurde Anfang 2025 von 90 auf 89 Sekunden vor 12 Uhr gestellt. Die eine Sekunde ist nicht zuletzt dem nächsten Narzissten in einer Machtposition zu verdanken, der mit Eroberungen droht. Eigentlich wäre es höchste Zeit, über die Folgen kaputter Kindheiten zu sprechen und etwas dagegenzusetzen. Eigentlich wäre es höchste Zeit, endlich aus der Geschichte zu lernen. Also packen wir es gemeinsam an!

    Noch viel mehr Lesestoff zum Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ findest Du hier:

    Mach, was Meggie macht.

    Mach, was Meggie macht.

    „Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    „Ich habe mich gefreut, wenn Papa fünf Minuten Zeit für mich hatte.“ Jens hat den Arbeitseifer seines Vaters geerbt und wird in sechs Jahren sterben.

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Suizid kann Freiheit bedeuten. 2020 hat Ulli die erste freie Entscheidung seines Lebens getroffen. Dieser Neubeginn bedeutete seine Freiheit. Und sein Ende.

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Saskia gibt mit Ü40 die Hoffnung nicht auf, von ihrer Mum ein nettes Wort für ihr Dasein zu hören. Bettina bekam mit 20 ein Kind, um ihrem Elternhaus zu entkommen – und lebt seitdem in den gleichen Verhältnissen.

    Woher kommt Hass?

    Woher kommt Hass?

    Natascha Kampusch als Hassobjekt?! Das macht keinen Sinn – doch beim Zuhören erklärt sich auch beim Thema Hass, wie sich unsere „Special Effects“ entwickeln.

    Wie entsteht Sucht?

    Wie entsteht Sucht?

    Annie ist 16, 1,70 m, 40 kg. Ihr Vater versteht nicht, warum sie nicht einfach mehr isst. Er selbst steckt jeden Monat 500 Euro in sein Onlinespiel. Annies Mutter vermeidet Diskussionen mit ihm über ihr Rauchen. Verstehen des jeweils anderen? Fehlanzeige.

    Verrückt – Das Interview

    Verrückt – Das Interview

    Frage: Was muss passieren, damit diese Welt weniger verrückt ist? Antwort: Wir müssen zuhören lernen. Oder wir verbieten das Kinderkriegen.

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    Jochen wäre fast ertrunken, der Vater zerrte ihn wieder ins Wasser. Opfer und Täter, weiß und schwarz. Doch ist es wirklich so einfach?

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Die größte irgendwas aller irgendwas

    Die größte irgendwas aller irgendwas

    Es war einmal vor irgendeiner Zeit, als irgendeiner in irgendeinem Land irgendetwas suchte. Mit irgendwem machte er sich irgendwann auf die Reise. Zum Abschied küsste er irgendwen und sagte mit irgendwelchen Gefühlen irgendetwas.

    Irgendwie kamen sie zu irgendeinem Wald und hörten irgendwoher irgendetwas. Irgendeiner sagte zum anderen irgendetwas und sie machten irgendetwas. Irgendwann gelangten sie irgendwohin und in ihren Gesichtern zeigte sich irgendetwas.

    Irgendwann setzten sie ihre Reise fort, vorbei an irgendetwas. Irgendwer wedelte irgendwann irgendwo mit irgendetwas, doch irgendetwas sagte den beiden: „Irgendetwas stimmt dort nicht“ und so machten sie irgendetwas. Als irgendetwas unterging, suchten sie nach irgendetwas, wo sie schlafen konnten. In irgendeinem Schloss wehte irgendetwas durch irgendetwas, irgendwer schien irgendwo zu sein. Wegen irgendwelcher Gefühle konnten sie kaum schlafen und irgendwann, kurz nachdem irgendetwas aufgegangen war, liefen sie auf irgendetwas irgendwohin. Von irgendwo hoch oben konnten sie irgendwohin sehen, soweit irgendetwas reichte. Irgendetwas klopfte bei diesem Anblick irgendwie anders in ihnen, doch irgendwann nahmen sie Abschied.

    Irgendeine Zeit später passierte irgendetwas mit dem Begleiter von dem einem und so musste dieser allein weiterreisen. Irgendwie irgendwo irgendwann erblickte er eine irgendetwas, sie stellte sich ihm nicht vor. Doch irgendwie stand irgendetwas in ihm in irgendetwas: „Ich sah irgendwie noch nie ein solch irgendetwas irgendetwas.“

    Irgendwer errötete: „Ihr müsst irgendwie aus irgendetwas gereist sein, ich habe Euch bislang nirgendwo gesehen.“

    „Irgendetwas führte mich hierher und irgendwie glaube ich, dass es irgendetwas zu bedeuten hat.“

    „Irgendwie fühle ich irgendetwas irgendwo.“

    „Es geht mir irgendwie.“

    Beide schauten sich tief irgendwohin, traten näher zueinander und machten irgendetwas.

    „Nirgendwo nirgendwann habe ich so etwas je getan“, sagte irgendwer.

    „Auch für mich bedeutet dieser Moment irgendetwas. Irgendwann werden wir irgendwem irgendwo irgendetwas davon erzählen.“

    Und wenn mit ihnen nicht irgendetwas passiert ist, dann sind sie noch heute irgendwo.

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Du & ich

    Du & ich

    In einem liegen wir gerade lachend im Schnee, in einem anderen lehnt dein Kopf an meinem. In einem bist du Papst und ich dein Leibwächter, in einem anderen sind die Rollen vertauscht.

    Brief an Dich

    Brief an Dich

    Du trägst mich auf deinen Schultern durch gute und schlechte Zeiten. Wir haben keine Liebesbeziehung, sind eine Zweckgemeinschaft mit gewissen Vorzügen.

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht.Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit.Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: „Ich bin […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

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    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Ich bin mit Ulli hier. Er ist tot.

    Ich bin mit Ulli hier. Er ist tot.

    Ich bin mit Ulli hier.

    Mit meinem ehemaligen Mitschüler Ulli laufe ich durch ein großes Gebäude. An nichts ist zu sehen, was das für ein Bau ist, für mich fühlt es sich nach einer Klinik an. Wir gehen zu einem Fahrstuhl, locker-leicht, fahren eine Etage nach oben. Unser Ziel scheint eine Gruppentherapie zu sein, aber auch das fühlt sich recht ungewiss an. Ulli sieht in einem Nebengang wohl Kinderspielzeug, ausgelassen springt und läuft er in diese Richtung, so wie er zu Schulzeiten hin und wieder aus seinem Ernst ausgebrochen war. Ich gehe schmunzelnd weiter, freue mich, wie unbeschwert er ist. Mir geht durch den Kopf: „Ich bin mit Ulli hier.“ Doch so, wie ich mich von ihm entferne, schlägt der Gedanke plötzlich um: „Ulli ist tot! Er ist nicht hier. Aber ich bin mit ihm hier, mit seiner Geschichte.“ Tränen setzen sich in Bewegung.

    Ich wachte leicht auf, die Tränen liefen auch in der Realität über meine Wangen. Obwohl ich eher schlief als wach war, nahm mich dieser Traum heftig mit.

    Als ich am Morgen auf dem Klo saß und an den Traum dachte, kamen wieder die Tränen, der Gedanke: „Ich bin mit seiner Geschichte hier.“ Der Satz klang kitschig und furchtbar treffend zugleich.

    Warum bin ich hier?

    Dieses Hier war eine psychosomatische Klinik. Hier sollte herausgefunden werden, warum mein Körper seit 6 Jahren zu immer weniger zu gebrauchen ist. An Wanderungen 6-8 km täglich wie noch 6 Jahre zuvor war jetzt überhaupt nicht mehr zu denken, selbst ein halber Kilometer aller zwei Tage ließ meine Muskeln erschöpfen wie nach einem langen Marsch. Für mich war klar, dass es eine greifbare Diagnose geben muss, an Blutwerten oder anderen Messwerten ablesbar.

    „Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden.“ So sagte es mir meine Psychologin irgendwann. Messbares werde man wohl nicht finden. Zu viel erlebt, zu viel gehört, zu viel an negativen Gefühlen, Emotionen. Zu viel Trauer, zu viel Enttäuschung, zu viel Hilflosigkeit, zu viel Ungerechtigkeitsempfinden.

    In den 10 Jahren zuvor hatte ich viel zugehört und fühlte mich robust, das alles wegstecken zu können. Dutzende Geschichten von kaputten Kindheiten, die in psychische Erkrankungen führten. Es schien keinen Menschen zu geben ohne Depressionen, bipolare Störung, Selbstverletzungen, Suizidgedanken, narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Angststörungen, Zwangsstörungen …

    Ulli scheint die Sonne aus dem Hintern

    Nur Ulli war anders. Dachte ich. 2018 sah ich ihn im Freibad. Mit muskelbepacktem Körper stieg er aus dem Wasser, mit gewinnendem Lächeln. Er war Chirurg, hatte Familie, war sicher finanziell gut abgesichert. Wenn es einer aus meiner Klasse auf die Sonnenseite des Lebens geschafft hatte, dann ganz sicher Ulli. Aber gut, er kam auch aus einem Elternhaus mit Chirurg und Lehrerin, als gute Startbedingungen.

    Zwei Jahre später nahm sich Ulli aus dem Leben. Seine Schwester erzählte mir von der Kindheit der beiden – weitab der Sonnenseite. Gewalt, Manipulation, Leben unter zwei narzisstischen Elternteilen. Ullis Suizid sei seine erste freie Entscheidung gewesen, so seine Schwester.

    Auf seinen Tod reagierte ich fassungslos, doch ohne Tränen. Das Jahr zuvor hatte mich in einen gefühlsmäßigen Sarkophag gesteckt, eine Serie von fünf dicken Einschlägen war zu viel für meinen Kopf. Trauer, Wut, Enttäuschung, Hilflosigkeit – alles wurde immer wieder getriggert. Fünf Monate nach Ulli starb mein Onkel. Bei der Beisetzung fühlte ich mich völlig deplatziert. Während alle um mich herum tief bewegt waren, lief ich herum mit dem Gedanken: „Tja, so ist das Leben.“

    Mein Sarkophag bricht auf

    Du kannst nicht dauerhaft trauern, hilflos sein, enttäuscht vom Leben, wütend auf den, der deine Biografie so verfasst hat und auf jene, die den gleichen Scheiß der vorherigen Generationen einfach wiederholen. Also schaltet der Kopf auf „Annahmeschluss“ um. Die Gefühle und Emotionen werden weggedrückt – der Körper muss es ausbaden, weil es viel Energie frisst, den Sarkophag zu tragen.

    „Ulli ist tot! Er ist nicht hier!“ – Dieser Traum ließ den Sarkophag brechen. An diesem Morgen brauchte ich nur an diese beiden Sätze denken und sofort regten sich die Gefühle.

    Im Traum war ich mit Ulli gefühlt auf dem Weg in die Gruppentherapie. In der Realität stand diese an diesem Morgen tatsächlich auf dem Plan. Am Anfang fragte die Psychotherapeutin jedes Mal: „Wie geht es Ihnen heute?“ Meist setzte danach lange Stille ein, trotz um die zehn Menschen im Raum. Ich zögerte sehr lange, ob ich von dem Traum erzählen sollte. Mir war klar, dass das Erzählen vor zehn Leuten nicht ohne Tränen ablaufen würde. Vor den Tränen hatte ich weniger Angst als vor einem möglichen starken Dammbruch. Als Vierter rang ich mich nach langer Stille im Raum durch.

    Ab dem Satz „Ich bin mit Ulli hier“ ging es nur noch unter Tränen weiter. Ja, ich war mit ihm hier und mit den Geschichten all der anderen. Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden. Als ich am Abend aufschrieb, was der Tag so gebracht hatte, wurden die Augen bei diesem Satz wieder ordentlich feucht.

    Guckt hin! Hört zu!

    Beim Schreiben versuchte ich mir selbst zu erklären, warum mich dieser Satz so mitnahm. Ich hatte viele Geschichten über die Jahre gehört, die ähnlich zum Kopfschütteln waren wie die von Ulli. Doch ihn kannte ich und wir hätten uns als Kinder darüber unterhalten können, dass uns ein wenig angenehmes Elternhaus verbindet. Damals glaubte ich, uns trennen Welten. Bei Ulli war auch der Kontrast zwischen dem, was man bei ihm sah – „Der MUSS auf der Sonnenseite des Lebens sein“ – und dem, was man nicht sah, am Größten.

    All diese Geschichten hatten mich dazu gebracht, das Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ zu schreiben. In dieses Buch packte ich jene Gefühle, die ich abseits davon unter dem Sarkophag aus Beton eingepackt hatte: „Guckt doch hin! Hört zu! Dann wisst ihr, was in dieser Welt kaputt ist und repariert werden muss!“ Doch für das Buch fand sich kein Verlag. Und Ullis Tod veränderte nicht das Geringste. Kurz etwas Betroffenheit bei einigen Menschen und dann zurück zum Alltag. Keine Strafe für seine Eltern. Kein Lerneffekt für die nächsten Generationen. Selbst in meiner eigenen Familie werden neue Kinder in toxischen Beziehungen auf die Reise in Selbsthass, Depression, Selbstverletzung, Suizidgedanken geschickt. Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt, soll Gandhi gesagt haben.

    Recht aufs Kaputtmachen

    2014 hatte ich ein Foto von mir entdeckt, das mir ebenfalls Tränen in die Augen getrieben hatte. Auf dem Bild war ich vielleicht 4 Jahre alt, wirkte unbeschwert. Beim Betrachten dachte ich: „Wenn du wüsstest, was in den nächsten Jahren auf dich zukommt …“ Ich wollte dieses Kind beschützen, doch natürlich war es dafür zu spät. Genauso wenig kann ich heutige Kinder beschützen. In der ersten Gruppentherapie hatte ich gesagt, dass werdende Eltern ab dem Zeitpunkt, an dem die Schwangerschaft feststeht, psychologisch betreut werden sollten: Gibt es Auffälligkeiten, die einem Kind schaden werden? Die Mitpatienten stöhnten entsetzt auf. Mitpatienten, die alle in der Klinik waren, weil mindestens ein Elternteil in der Kindheit es aufgrund der eigenen psychischen Schieflage an Anerkennung, Zuneigung, Liebe vermissen ließ. Mitpatienten, denen regelmäßig die Tränen kamen, wenn sie über die eigenen Eltern sprachen – wenn überhaupt. Offenbar hat jede Generation aufs Neue ein Recht, die nächste Generation kaputtzumachen. Klar, weil ICH es ja bei MEINEN Kindern viel besser mache! Da brauche ich keinen Psychologen, der mich überwacht! Aus Opfern werden Täter.

    Ulli ist tot. Er hat drei Kinder hinterlassen. Wer wird dafür sorgen, dass sie diesen Einschlag verkraften? Das regelt sich schon irgendwie, oder? Und wenn nicht, dann bleibt der Gang in die Klinik, wo sie sagen können: „Ich bin mit meinem Vater hier. Mein Vater ist tot.“

    Mehr zu Ullis Geschichte.

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Du & ich

    Du & ich

    In einem liegen wir gerade lachend im Schnee, in einem anderen lehnt dein Kopf an meinem. In einem bist du Papst und ich dein Leibwächter, in einem anderen sind die Rollen vertauscht.

    Brief an Dich

    Brief an Dich

    Du trägst mich auf deinen Schultern durch gute und schlechte Zeiten. Wir haben keine Liebesbeziehung, sind eine Zweckgemeinschaft mit gewissen Vorzügen.

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht. Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit. Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

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  • Erklär mir Gefühle: Empathie

    Erklär mir Gefühle: Empathie

    Wie erklärst du Empathie? Kannst du es in einem Satz beschreiben? Oder bräuchtest du eher eine A4-Seite? Würde dir überhaupt etwas einfallen? Setzt du es mit Mitgefühl gleich? Hast du Empathie?

    Männer!

    Ich lernte Anja in einer psychosomatischen Klinik kennen. In dieser Zeit entschied sie sich, ihrem Mann den Laufpass zu geben. Entscheidend war, zu spüren, dass Mann sich auch anders um sie bemühen kann als es jener tat, mit dem sie 14 Jahre zusammenlebte. Im Nachhinein erkennt sie in ihm einen Menschen mit narzisstischen Zügen. Narzissten verstehen es sehr gut, deine Schwächen zu finden und sie zu nutzen, meist ist es der nie gesund gewachsene Selbstwert.

    In Anjas Kopf sitzt der innere Kritiker, der ihr immer wieder klarmacht: „Das machst du falsch. Du bist falsch.“ Er lässt sie nach der Entscheidung auch daran zweifeln, ob die Trennung richtig ist. Ihre Schwester hatte Anja vor der Hochzeit gewarnt: „Nicht diesen Mann! Du hast was Besseres verdient.“

    In der Klinik hat sie die freie Wahl. Die erste fällt auf einen Mann, der harmlos, freundlich, zurückhaltend wirkt – allerdings die Diagnose narzisstische Persönlichkeit hat. Ist es Zufall, dass Anja wieder bei solch einem Typ landet? Der Abschied von ihm fällt Anja schwer, doch der nächste Kandidat ist längst da. Ein anderer Mitpatient, recht konservativ eingestellt, sieht dieses Bäumchen-wechsel-dich-Spiel mit Kopfschütteln: Noch nicht mal richtig getrennt und schon von einem zum anderen …

    Anja genießt die Aufmerksamkeit von Anton, für sie ein spürbarer Unterschied zu dem, was ihr Mann für sie übrig hat. Mit Anton kann sie über alles reden, nachdem sie sich entschieden hat, sich ihm gegenüber zu öffnen. Mit Vertrauen tut sie sich schwer. Sie fühlt sich verstanden, genießt die Zeit mit ihm. Er schenkt ihr so viel Aufmerksamkeit wie keiner anderen Mitpatientin. Das macht Mann nicht einfach so, oder?

    Nach dem Ende der Klinikzeit treffen sie sich, es läuft – bis Anja etwas Falsches sagt: „Die Treffen mit dir sind der Höhepunkt meiner Woche.“ Wenn du dich um einen anderen Menschen bemühst, würdest du doch nichts lieber hören als einen solchen Satz, oder? Doch Anton reagiert nicht begeistert, überhaupt nicht – ernüchternd für Anja. Die Treffen laufen aus, der Kontakt per Chat und Telefon bleibt.

    „Weißt du, was er in dir sieht?“, frage ich Anja. „Platonische Freundin? Potentielle Frau fürs Leben? Mögliche Bettgeschichte?“ Anja weiß es nicht – und hängt mächtig in den Seilen. Die rosarote Brille ist auf ihre Nase geschweißt, auch als wir uns zu dritt treffen. Anja und Anton sitzen mir gegenüber. Ich weiß, wie sehr sie innerlich an ihm hängt – und er preist ihr locker-flockig mehrere Männer an. Anja lächelt äußerlich. Ich greife mir innerlich an den Kopf: Wie Scheiße muss es sich anfühlen, wenn dir der Mensch, der Farbe in dein oft graues Leben bringt, andere Typen schmackhaft macht … Empathie?

    Die Verabschiedung zwischen Anton und mir ist deutlich emotionaler als jene zwischen ihm und Anja. Wenn sie immer noch einen Beweis brauchte, dass er nicht der Farbenbringer sein will, dann ist es dieses Treffen. Anton steigt in sein Auto, ich laufe mit Anja zum Bahnhof.

    Rosarot gegen das Grau

    „Kann er nicht einfach mal doof sein?!“, fragt sie mit reichlich Seufzen und Verzweiflung in der Stimme, die Schultern auf Halbmast.

    Die Reaktion, die mir auf der Zunge liegt: „Kannst DU nicht einfach mal doof sein?!“ Anja weiß, dass ich mir Hoffnungen bei ihr mache, doch wenn ein Mensch so neben mir in den Seilen hängt, gewinnt in mir das Mitgefühl gegen Egoismus. Empathie?

    Mit dem Treffen verschwindet die rosarote Brille nicht – nicht bei Anja, auch nicht bei mir. Irgendwann schreibt sie: Sie merke schon, dass sie sich in meinen Augen entzaubern würde. Ist das die sanfte Version, mir einen Korb zu geben? Oder ist es für Anja immer nur eine Frage der Zeit, wann Mann all die Fehler an ihr entdeckt, welche ihr innerer Kritiker ihr täglich seitenweise vorbetet? Kann Mann sie überhaupt lieben, ohne narzisstisch-manipulativ zu sein? Wenn sie so wenig von sich hält, kannst du doch nicht kommen mit „Passt schon“?! Dann bist DU doch der verlogene Typ, oder? Wenig später sorgt sie für klare Verhältnisse zu meinen Ungunsten. trotzdem bleiben wir in Kontakt.

    Zwei Monate nach dem Treffen zu dritt rauscht Anja in ein enormes Tief, das ihr Angst vor sich selbst macht, sie geht freiwillig in die Klinik. Der Liebeskummer scheint die Hauptrolle dabei zu spielen. Anton lässt sie nicht los – er hat schon längst losgelassen. Noch immer hat sie ein Bild von ihm in positiven Farben, auch wenn sie dazwischenschiebt: „Ich weiß, dass er kein Heiliger ist.“

    Die dunkle Seite

    Ich selbst lernte Anton in der Klinik nur wenig kennen. Auffällig war, wie enorm schlecht er verlieren konnte. Daneben gab es allerdings einen Farbtupfer, den Anja – ebenfalls recht erfolgsorientiert bei Spielen – nicht kannte. Dieser Tupfer hatte das Potential, Anjas Bild von Anton stark zu verwaschen. Doch wollte ich das? Sie hatte erst in ihrem Mann den Falschen erkannt, dann die Enttäuschung mit dem ersten Klinik-Kandidaten – sollte ich ihr jetzt klarmachen, dass sie sich schon wieder mächtig in einem Menschen getäuscht hatte? Ihr ging es absolut nicht gut und ich konnte Null abschätzen, was ein Geraderücken von Antons Bild bei Anja anrichten würde. Irgendwie schien es ihr immer noch gutzutun, ihn kennengelernt und greifbar zu haben als scheinbar ganz anderen Typ Mann. Außerdem: Wie sieht das aus, wenn ich mir Hoffnungen bei ihr machte und dann den anderen madig mache? Empathie?

    In der Klinik stabilisiert sie sich langsam, bei ihrer Therapeutin ist natürlich auch Anton Thema. So, wie sie mir schreibt, denke ich wieder: „Arghh, wenn du wüsstest, was ich weiß …“ Langsam wechselt dieser fehlende Farbtupfer von „Wenn ich ihr davon erzähle, wäre das ihr K.o.“ zu „Das ist die vielleicht einzige Chance, wie sie sich von ihm befreien kann.“

    Ich will, dass Anja es noch in der Zeit erfährt, während der sie rund um die Uhr Personal um sich hat, das sie auffängt. Als sie wieder von einem Therapeutengespräch über Anton schreibt, lasse ich durchblicken, dass ich ihr Bild von ihm verändern könnte. Sie möchte Bedenkzeit, gibt am nächsten Tag ihr Okay.

    Anton, Anja und ich spielten in der Klinik abends oft Brettspiele, wir hatten viel Spaß. Als Anja an einem Abend kurz aus dem Raum ging, erzählte mir Anton von einer Bettgeschichte, recht stolz. Als die Frau anfing, mehr in dieser Bett-Beziehung zu sehen, hatte er ihr die Augen öffnen müssen. So wie er diese Geschichte erzählt hatte, klang das nicht nach einem einfühlsamen Mann, der Frauen auf Händen trägt – und wenn, dann nur bis zur Bettkante. Anton schien kontrollieren zu wollen, welche Frau was in ihm sieht – und bloß nicht zu viel. Wenn sie diese Regel verletzt, gibt es Klartext. Als Anja die Treffen mit ihm zum Höhepunkt der Woche erklärt hatte, verstieß auch sie wohl gegen diese Regel. Was Anja am gleichen Abend aus Antons Mund direkt erfuhr: Er hatte in seinen 40 Lebensjahren rund 25 Frauen leidenschaftlich geküsst. Zusammen mit der Bettgeschichte entstand für mich dieses Bild von ihm: Lange, innige Bindungen sind ausgeschlossen, das Jagen ist ihm wichtig, nicht gemeinsam verbrachte Zeit.

    Anjas Reaktion auf meine Nachricht: „Scheiße.“ Tränen. Wut. Ernüchterung. Es ist gut, dass Schwestern und Therapeuten greifbar sind, sie werden in der Folge gebraucht. Auch wenn es ihr weh tut, ist sie mir dankbar.

    Der Entzug

    Die rosarote Brille wird blasser, langsam, sehr langsam. Anja bleibt mit Anton in Kontakt, auch per Telefon. Mittlerweile ist ein Dreivierteljahr vergangen. Die Sucht namens Liebe hält im Schnitt ca. 6 Monate, danach wird der Blick meist klarer. Doch bei Anja dauert es. Sie glaubt, dass sie mit Anton befreundet bleiben kann, schließlich gibt es auch abseits von Liebe Verbindendes mit ihm. Ich will ihr diese Illusion ungern nehmen, doch wenn jemand so an einem Menschen hängt, der andere dagegen eher weniger, dann wird da immer ein Stein im Schuh sein, der schmerzt. Aus eigener Erfahrung und der Erfahrung anderer rate ich jedem unglücklich Verliebten: absolute Abstinenz. Kein Kontakt, kein „Nur mal Hallo sagen“, kein „Einfach nur mal so treffen“ und dabei den Geruch der Droge wieder wahrnehmen. Liebe ist eine Sucht wie jede andere – nur stärker.

    Anja hatte ich dies über die 9 Monate bis dahin ein, zwei Mal so geschrieben, aber nicht direkt auf sie gemünzt, eher als allgemeine Erkenntnis – natürlich mit dem Hintergedanken, dass sie nur mit dem Kontaktabbruch zur Ruhe kommen würde. Aber sag einem Menschen, der in einem anderen Menschen das große Glück sieht: „Lauf!!!“ Nicht zu ihm, sondern von ihm weg, für immer.

    Anjas rosarote Brille landet mit der Zeit unter dem Bett, ist mal weiter entfernt, mal näher, sobald sie mit Anton telefoniert. Zum Geburtstag muss sie ihm natürlich übers Telefon gratulieren, ist ja harmlos. In der Nacht zuvor träumt sie davon: Sie gratuliert Anton – zum 60. Geburtstag. Und er? Reagiert uninteressiert. Genau das ist Anjas Angst, bevor sie mit Anton tatsächlich am Telefon spricht.

    Ich schreibe ihr zu ihrem Traum: „Also ein Mann, von dem du dir Aufmerksamkeit/Anerkennung/Zuneigung erhoffst, aber er lässt dich links liegen. Der rote Faden aus der Kindheit?“

    Ich wusste so gut wie nichts über Anjas Start ins Leben, obwohl sie in den Gruppentherapien viel gesprochen hatte. Laut meiner vagen Erinnerung war ihr Vater gestorben, doch das war falsch, „er war nicht da“, so Anja. Ich wurde das Gefühl nie los, dass sie mir nicht vertrauen kann und fragte deshalb auch kaum nach, was das Verstehen des anderen schwer macht.

    Entsprechend antwortet Anja auf meine Frage, ob die ausbleibende Aufmerksamkeit eines Mannes der rote Faden aus Kindertagen bis heute ist: „Naja, so einfach ist es nicht. Verbundenheit ist das neue Wort.“

    Die Antwort überrascht mich nicht. Ein schnelles „Da liegst du richtig“ kenne ich von ihr nicht. Das mag auch an ihrem Trotz liegen, der sich gerne zeigt. Überrascht werde ich am Tag darauf: „Ich habe mit meiner Freundin gestern Abend geredet und überlege, ob es nicht doch so ist. Roter Faden und so. Du liegst recht oft richtig, denke ich.“

    Zuhören!

    Für mich fühlt sich das „Du liegst recht oft richtig“ wie ein Ritterschlag an. Aber warum sollte auch bei ihr mein sonst so sicheres Gespür versagen? In den rund 14 Jahren zuvor hatte sich dieses Gespür entwickelt, vor allem durch das Zuhören bei den Geschichten anderer und meiner eigenen. Aus erster Hand kenne ich, was unerwiderte Liebe und das ewige Hinterherlaufen mit einem macht. Genauso kenne ich das Loch, welches durch Trauer ausgelöst wird. Ich kenne auch den Leck-mich-am-Arsch-Zustand, bei dem Gefühle gedämpft zu sein scheinen. Du bist in dieser Phase nicht traurig, aber du findest auch Dinge nicht schreiend komisch. Als die Oma einer Kumpeline starb und sie sich einer gefühlsmäßigen Schwebe befand, versuchte ich nicht, sie krampfhaft zum Lachen zu bringen, sondern einfach nur da zu sein, unverkrampft, mit der Gewissheit, dass es sich irgendwann wieder verändert. Empathie?

    In diesen 14 Jahren kam ich immer wieder mit Menschen ins Gespräch, die sich bei mir verstanden fühlten, die sich mir öffnen konnten, so wie sie es bei anderen nicht bzw. kaum konnten. Bei diesen Gesprächen trieb mich immer Neugier an, auch wenn die Geschichten, die mir erzählt wurden, meist deprimierend waren. Mich interessierte immer der rote Faden, das Warum. Detektivarbeit. Wenn sich der rote Faden fand, war es immer ein Aha-Moment, als würde im Krimi der Täter gefunden. Mit jeder Unterhaltung wurde mir bewusster: Keiner unserer Special Effects kommt aus heiterem Himmel, jeder ist der Donner nach dem Einschlag – und der findet im Kinderzimmer statt. Die Beziehung mit einem Narzissten hat nichts mit Dummheit oder ähnlichem zu tun. Ein Narzisst weiß, was dir fehlt und nutzt es für sich aus – meist ist es Aufmerksamkeit. Selbst Stalken kann als Beweis von Liebe gesehen werden, wenn du als Kind keine Liebe bekommen hast.

    Anton hatte Anja in der Klinikzeit und danach viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber was war sein Ziel? Wofür der ganze Aufwand, wenn sie ihn nicht zum Highlight der Woche erklären durfte? Was hatte er mit ihr vor? Einfach die nächste Kurzzeit-Bettgeschichte? Anders war es nicht zu erklären.

    Eines hatte er erreicht: Stammgast in Anjas Kopf zu bleiben. Doch der Gast wird mit zunehmender Zeit zur Belastung, Anja kann und will ihn nicht mehr beherbergen. Und so entschließt sie sich nach einem Jahr zum harten Entzug: absolute Abstinenz, Kontaktabbruch, Chat löschen. Weg von der Droge. Weg von „Vielleicht ja doch noch …“

    Die Wege, die wir gehen (könnten)

    Als Anja während unserer Klinikzeit schweren Herzens Abschied genommen hatte von Kandidat 1, hing sie durch. Ich war erst meinen dritten Tag dort, sah die beiden nebeneinander am Tisch im ansonsten leeren Raum sitzen, die Hände berührten sich. Mit ihm war sie immer wieder zu einer Allee mit Kirschbäumen gegangen. Als sie wütend auf ihn war, holte sie ihm Kirschen – später wurde ihr klar, dass sie immer wieder Männern gefällig ist, sich selbst aber dabei völlig vergisst.

    Ich ging davon aus, dass ich 2 bis 3 Wochen in der Klinik bleiben würde. Bis heute ist mir ein Rätsel, warum ich damals auf die Idee kam, Anja würde nun mit mir statt Kandidat 1 rausgehen – war der Wunsch Vater des Gedanken?! Auf jeden Fall sagte ich ihr, dass ich nicht mit ihr zur Allee laufen werde. Meine Superkraft namens Zuhören war mir inzwischen bewusst und ich wollte nicht, dass Anja sich von mir auch wieder gut verstanden fühlt, ich aber nach 2, 3 Wochen weg bin und sie wieder in den Seilen hängt. Abhängigkeit von Männern war ein großes Thema bei ihr. Empathie?

    Was wäre passiert, wenn ich doch die Rolle übernommen hätte, mit ihr den Weg zu den Kirschbäumen gegangen wäre? Wenn ich mich nicht in sie hineingefühlt hätte, sondern egoistisch gewesen wäre? Hätte sie sich in mich verliebt statt in Anton? Oder wäre ihr „einfach nur“ der monatelange Liebeskummer inklusive dem zweiten Klinikaufenthalt erspart geblieben? Ist Empathie in dieser Welt der falsche Weichensteller für unsere Wege? Wenn so viele Menschen ohne gesundem Selbstbewusstsein das Kinderzimmer verlassen, sich kaum selbst lieben können und damit auch kaum „echte“ Liebe annehmen können, wie weit kommst du dann mit dem, was du als Empathie empfindest?

    Ich verstehe

    Empathie ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. So kannst du es bei Wikipedia lesen. Empathie wird gleichgesetzt mit Einfühlungsvermögen. Laut neuerer Hirnforschung gibt es wohl einen deutlichen Unterschied zum Mitgefühl. Empathie ist kein Gefühl, aber mit vielen Gefühlen verbunden.

    Empathie funktioniert nur, wenn du deine eigenen Emotionen wahrnimmst, verstehst, deuten kannst. Wenn du dich selbst nicht verstehst, kannst du schwer andere verstehen. Zum Abschluss der Klinikzeit hatte ich Anja einen Brief geschrieben mit Wünschen für ihre Zukunft. Rund ein Jahr später las sich dieser Brief für sie anders, jetzt machte er mehr Sinn, weil sie sich inzwischen durch weitere Therapien und Selbstreflexionen besser kennengelernt hatte.

    Ist es überheblich, wenn man glaubt, den Kern von fremden Menschen teils besser erkennen zu können als dieser Mensch selbst? Ich versuche, demütig zu bleiben, immer wieder Fragen zu stellen anstatt mich festzulegen: „Hey, wach auf, du willst die Aufmerksamkeit, die dein Vater dir nie geschenkt hat! Wenn du so weitermachst, landest du wieder bei einem Narzissten!“ Solche verbalen Einläufe würden voraussetzen, dass Menschen von Vernunft geleitet sind, man ihnen nur sagen braucht, was das Richtige für sie ist, sie sagen „Danke!“ und schweben durchs weitere Leben.

    Die Liebe Vernunft

    Hätte der Mensch etwas mit Vernunft zu tun, dann hätte Anja nach dem Treffen mit Anton und mir gesagt: „Okay, hab geschnallt, dass der mich nicht will, also probieren wir zwei es.“ Sie hätte sich monatelangen, schmerzhaften Liebeskummer erspart, wäre – hoffentlich – nicht noch einmal in der Klinik gelandet. Ich hätte es ausgehalten, das Highlight ihrer Woche zu sein. Aber in Sachen Liebe ist Vernunft noch machtloser als abseits davon. Optisches Beuteschema, Geruch, Hüfte-Taille-Verhältnis – wenn etwas davon nicht stimmt, kann Amor einpacken.

    Aber es spielen, wie mir inzwischen klar ist, eben auch die roten Fäden aus der Kindheit eine Rolle. Du kannst nur so viel Liebe empfangen, wie du dich selbst liebst. Wenn dein innerer Kritiker dir ständig Listen deines Scheiterns überreicht, wie sollst du dann an ein ehrlich gemeintes „Ich hab nichts an dir auszusetzen“ glauben? Die „Liebe“ eines Narzissten ist da zielgruppenorientiert perfekt zugeschnitten: Nicht ehrlich, aber gerade so viel, wie du dich selbst lieben kannst.

    Empathie oder Liebe?

    Narzissten scheinen nicht lange Single zu sein, sie haben die Anziehungskraft von Misthaufen auf Fliegen. Mein Vater, absolut lieblos gegenüber Frau und Kindern, war 20 Jahre verheiratet, ich war bisher zwei Monate in einer Beziehung. In meinem Umfeld gab und gibt es reichlich Beziehungen, die ich nicht geschenkt haben möchte. Toxische Beziehungen scheinen Standard zu sein. Die Liebe der meisten Menschen zu sich selbst ist äußerst übersichtlich und damit können sie auch andere nicht wirklich lieben und Liebe annehmen.

    Gespieltes Mitgefühl ist in Mode: So tun, als würde man sich für andere einsetzen. Reden, aber nichts wirklich tun. Frag die Leute im Ahrtal, frag Hinterbliebene von Terroranschlägen. Populistische Parteien, die nicht einmal den Anschein machen wollen, empathisch zu wirken, sind obenauf. Immanuel Kant gehörte zu den Ersten, die sich mit dem Missbrauch von Empathie durch Politiker befassten. Um Macht zu bekommen, braucht es nicht unbedingt eine Armee, es reicht schon der meisterhafte Umgang mit Worten. Das gilt genauso für toxische Beziehungen. Du brauchst deinen Partner nicht unbedingt an die Kette legen, die richtig platzierten Sätze können reichen.

    Forscher befassen sich heute auch mit dem Missbrauch der Empathie durch Medien. Vom „Geschäft mit Gefühlen“ ist die Rede. Wer sich über Werbung finanzieren muss, muss so viele Menschen wie möglich anziehen und das erreichst du, wenn du negative Emotionen kitzelst: Wut, Neid, Angst, Frust. Schau dir Überschriften an: Wie sind sie formuliert? Empatisch?

    Empathie kann krank machen, zur Empathischen Erschöpfungsstörung führen. Bin ich deshalb so im Arsch? Zu viel mitgefühlt?

    Hilfst du mir?

    Empathie für Menschen, deren Land zerbombt wird? „Ist doch egal, ob die von dem oder dem Oligarchen geplündert werden! Keine Waffen!“ Ich stand mit 11 Jahren nachts auf der Straße, meine Mutter war mit mir aus der Wohnung geflohen, weil mein Vater mal wieder zeigen musste, wer der Herr im Hause ist. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn keiner zu Hilfe kommt, keiner dem Tyrannen in den Arm fällt. Ich weiß, wie es ist, wenn der Übermächtige machen darf, was er für richtig und sich für unfehlbar hält. Ich weiß, dass ein solcher Mensch nicht mit Diplomatie zu stoppen ist. Ein schief gewachsenes Ego ist nicht mit Worten geradezurücken. Und auch wenn du vorher Fehler gemacht hast, sollte das kein Grund sein, Hilfe zu versagen. Ja, mein Bruder hatte mal wieder Scheiße gebaut, aber das ist für einen Vater kein Grund, gewalttätig zu werden.

    Einfach doof sein

    Der Mangel an Empathie wird der Sargnagel dieser Welt sein. Die Aktien der Empathie scheinen weltweit in den Keller zu rauschen und vererben sich an kommende Generationen. Eine Trendwende kann es nur geben, wenn Kinder mit gesundem Selbstbewusstsein aufwachsen, sie sich als Erwachsene selbst lieben können, nicht auf das Abwerten anderer angewiesen sind. Dann können wir auch nicht abhängig werden von manipulativen Narzissten. Wir brauchen keine Casanovas, bei denen wir stolz sind, als Nummer 26 in sein Blickfeld gelangt zu sein. Wir brauchen niemandem Kirschen holen, wenn wir wütend auf ihn sind. Wir brauchen unser Selbst nicht vergessen. Wir können mit anderen mitfühlen, weil wir unsere eigenen Gefühle wahrnehmen, verstehen. Wir können daran glauben, einfach nur so geliebt zu werden, ohne brav Pfötchen geben zu müssen oder anders gefällig zu sein. Wir können einfach mal doof sein.

    „Erklär mir Gefühle“ – die Serie zum Fühlen

    Die Geschichten bauen immer auf der vorherigen auf, Du kannst Dir aber auch eine mittendrin rausgreifen.

    Mit Dir ist alles anders.

    Wieder versinkt sie im Meer der Tränen. Warum verändert sich ihr Bad Boy nicht zum Guten wie in all den Büchern? Als der Duft eines anderen sie fesselt, fühlt sie sich das erste Mal frei. Nur hat sie überhaupt Glück verdient?

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    Ohne erkennbare Regung im Gesicht schloss sie das Buch über den gezähmten Bad Boy und sein glückselig lächelndes Mauerblümchen und ließ es über den Rand der Wanne auf den Boden fallen. Seit vier Stunden saß sie hier. Kerzenlicht flackerte im ansonsten dunklen Raum. Noch mehr Geschichten über Bad Boys in allen Varianten fanden sich in ihrem Bücherregal. Immer endeten sie glücklich. Nur ihre eigene nicht.
    Das Smartphone meldete sich. Doch ihre Hände blieben im Wasser, ihre Augen starrten auf die Fliesen, sahen hindurch. Gedanken ließen sich nicht greifen. Einmal mehr.

    Inzwischen eingewickelt in eine Decke auf dem Sofa zusammengekauert sitzend, klingelte es erneut.

    „Hallo. Wo brennt´s? … Ja, hab gerade geheult. … Ja, wegen ihm. … Das war´s endgültig, ich mach das nicht mehr mit. … Weil ich dumm bin, ganz einfach. Dumm geboren und ich werde dumm sterben. … Doch doch. Du darfst mich erschießen, wenn ich wieder einknicke. Gebe ich dir schriftlich. … Ach, ich weiß doch, dass sich alle an den Kopf gegriffen haben, warum ich mir das immer wieder habe bieten lassen. … Ja klar, jeder trägt sein Päckchen. Trotzdem nervt es einfach nur. … Wieso? … Nicht dein Ernst?! … Sag mal, spinnen die alle?! … Das hat sie dir am Frühstückstisch gesagt?! … Hör auf. Wer zieht bitte zu jemandem, den man zwei Wochen kennt? Hält die dich für doof?! Das läuft doch schon länger. Und deine Kids? … Also musst du jetzt den Schock wegstecken und gleichzeitig für die Mädchen da sein. Die müssen auch am Verstand ihrer Mutter zweifeln. Fröhliche Weihnachten. … Das ist einfach krank. … Ach Scheidung ist schon Thema?! Wenigstens das bleibt mir erspart. … Er hat mich am Telefon angeschrien, dass ich eine verlogene Schlampe bin. Hab aufgelegt, da hagelte es Nachrichten. Ich hatte gestern Abend keine Lust auf ihn und sagte, dass es mir nicht geht und dass ich mich aufs Sofa legen will. Sofa ist in seiner Welt eh nur dazu da, entweder am TV oder Läppi zu hängen oder für Sex. Dazwischen gibt’s nichts. Hab dann aber Mädelsabend bei Svenja gemacht. Hätte ich ihm gesagt, ich treffe mich mit ihr, hätte er wieder gedacht, ich hab was mit einem anderen. Erst rief er mich fünfmal in der Nacht an. Heute schrieb er, dass er gestern Abend bei mir vorbeigefahren ist, alles war dunkel, dann hat er geklingelt und keiner hat aufgemacht. Ans Handy bin ich auch nicht gegangen, also MUSS ich einen anderen haben, ich Schlampe. Der liegt sicher neben mir im Bett. Er könne auch ohne App bis drei zählen, er ist im Bild, was da läuft und ich hätte schon immer einen Schaden gehabt und mir könne keiner über den Weg trauen … (Die Tränen sind zurück) … genauso wenig wie seiner Ex, alle Frauen schieben ihn ab. Aber ich werde schon mein blaues Wunder erleben, wenn der Neue meinen fetten Arsch nicht mehr erträgt. Hinter jedem Satz stand ein Ausrufezeichen. Und die letzte Nachricht endete dann mit Ich liebe dich! … Ja, Svenja hatte mich gewarnt vor seiner Eifersucht. Ich dachte, bei mir fühlt er sich sicher, weil ich nicht auf die Idee käme, was mit zwei Typen gleichzeitig laufen zu haben. Ich hatte mich ja schon eingeschränkt wegen ihm, bin nicht mehr mit meinen Kumpels weggegangen, auf dich war er auch eifersüchtig. … Ist dem doch egal, dass du Frau und Kinder hast – bzw. eine Frau hattest. Wir hätten ja trotzdem jederzeit übereinander herfallen können. Nach 15 Jahren würde es ja auch langsam Zeit … Das hat er ja nie begriffen, dass da nichts mehr passieren wird, das hat mich ja so genervt. Wenn mehr zwischen uns beiden sein könnte, hätten wir es doch schon längst probiert und uns den ganzen Mist mit dem Suchen sparen können, aber das kam ja alles nicht an bei ihm! Ich kann froh sein, dass du noch mit mir sprichst, so wie ich mich rar gemacht habe. Genauso bei meinen Mädels. Ich habe dauernd Fotos von ihm und mir gepostet mit Hashtag Love, Forever, NurDuUndIch, IchliebeDich, SeinMädel, damit er beruhigt ist und die Klappe hält. … Andauernd diese endlosen Diskussionen. Wenn er aller halben Stunde fragt, was ich mache, ist das ja nur, weil er sich Sorgen um mich macht. Und wenn ich mich eine Stunde nicht melde, dann hat er Angst, mir ist was passiert. Ja klar. Er hält mich echt für blöde. Aber hat er ja recht. … Mit wem hast du dich bei Whatsapp geschrieben, als du 8:14 Uhr online warst?! Immer wieder dieses Gefrage. (Sie wischt sich Tränen von der Wange und putzt sich die Nase.) … Ich stand schon paar Mal kurz davor bzw. gab es ja kleine Pausen. Aber ehrlich gesagt hab ich Angst, wie er reagiert. Ob er dann ständig vor meiner Wohnung steht oder ob er mich pausenlos mit Beleidigungen zutextet. … Ich weiß. Dem Typen, mit dem man eine angeblich glückliche Beziehung hat, sollte man nicht solche Psychodinger zutrauen dürfen. Das sagt doch schon alles, wie krank das ist. … Erzähl´s mir lieber nicht. … Ja, es nervt tierisch. Ich bin hundemüde, kann wieder nicht schlafen, Magen zwickt, Puls rast, ich zittere, Hals ist zu. Irgendwie ahnte ich, dass da wieder was kommt. Aber gut, muss ich durch. Hab ja Übung drin im Hinfallen, Aufstehen und Krone richten. Ich will nur ein einziges Mal glücklich sein. Oder einfach meine Ruhe haben. Glück macht eh den großen Bogen um mich, also Ruhe. Nichts hören, nichts sehen. Da kann man nicht enttäuscht werden … Wäre es nicht so weit weg, würde ich jetzt am Meer sitzen und die Welt könnte mich mal. … Ehrlich gesagt nein, ohne Rückfahrtticket. Was hab ich denn hier? Jeden Morgen aufstehen, damit man sich bis zum Abend durchkämpfen kann. Und wenn jemand fragt, wie es dir geht: Immer schön lächeln. Das soll Leben sein?! … Nein, keine Sorge. … Ich denke schon. Das kann ich einfach nicht mehr länger mit mir machen lassen. … Ich werde meinem Herzen folgen und das tun, was das Richtige für mich ist. … Ja, können wir gerne machen, am besten am Wochenende, hab frei. Dann kann er denken, ich hab was mit einem anderen. Deine Kids können sicher auch Abwechslung vertragen. … Das könnt ihr ja unter euch ausmachen, ich komme überall hin mit. Hauptsache, wir können quatschen und ich komme raus. Hier erinnert mich gerade alles an ihn und das geht mir auf den Magen. Ich werde nochmal meine Runde durch den Wald drehen. … Egal, hab meine LED. Vielleicht fressen mich die Wölfe. … Gut, dann vielleicht bis Samstag. Lass dich nicht unterkriegen. … Ja, mach ich. Danke für dein offenes Ohr, auch wenn du gerade selbst zehn brauchst. … Kein Problem. Geteiltes Leid … Genau. Also: Ciao.“

    Stille kehrte ins Wohnzimmer zurück. Sie trocknete sich Augen und Nase, verschwand im Bad und anschließend in dicken Klamotten aus der Tür.Ruhig blieb es auch in der oberen Schublade der Schrankwand. Darin standen sich zwei Plastikfiguren gegenüber. Schwaches Licht fiel durch einen schmalen Spalt auf die vier Zentimeter großen, völlig nackten Spielzeuge. In ihren Gesichtern mischte sich der Charme unschuldiger Kinder mit einer ordentlichen Portion Schlitzohrigkeit.
    Die zwei begleiteten ihre Besitzerin seit frühesten Tagen. Sie gingen mit in den Kindergarten, bewohnten vorübergehend eine Puppenstube, mussten ihren Platz jedoch zugunsten einer langen, blonden, äußerst dünnen Prominenten aus zweiter Hand räumen. Später landeten die nackten Zwei gemeinsam mit anderen Kindheitserinnerungen in einer dünnwandigen Dose. Diese deutlich schlichtere Unterkunft war freigeworden, als die bisherigen Bewohner – um die 20 Pralinen – während eines Frust-Essens innerhalb kürzester Zeit zwangsgeräumt worden waren.

    …”

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Schrödingers Sophie

    Schrödingers Sophie


    Lebendig und tot

    Nicht zuletzt durch die Serie „The Big Bang Theory“ ist sie zur berühmtesten Katze der Welt geworden, die nie ein Mensch gesehen hat: Schrödingers Katze. Das Tier sitzt in einem Karton, zusammen mit tödlichem Gift. Das Gift kann jederzeit freigesetzt werden. Solange du nicht in den Karton schaust, weißt du nicht, ob die Katze noch lebt. Du stehst daneben und auch wenn du weißt, dass das Tier entweder lebt ODER tot sein muss, ist die Katze für dich eigentlich beides: tot UND lebendig.

    Im Gegensatz zur Katze in diesem Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger lebt Sophie tatsächlich – oder sie lebte. 2015 lernte ich sie kennen, sie schrieb mich auf einer Plattform an, bei der es ums Unterhalten geht, aber die vor allem zur Suche nach dem passenden Deckel genutzt wird. Ihr Name war mit einer Warnung versehen: Ich sollte darauf achten, dass Sophie noch nicht 18 ist. Als sie mich – zu dem Zeitpunkt war ich 43 – anschrieb, glaubte ich an eine Falle: Wollte mich jemand in irgendetwas locken und mich zu erpressen?! Warum würde eine 25 Jahre jüngere Frau Kontakt zu mir suchen?! Doch es war keine Falle, Sophie war echt, knapp 18.

    Sophies Gift

    Sie lebte rund 300 km entfernt von mir – oder sie lebt noch immer dort. Warum die Frage offen ist bei einer so jungen Frau? Weil sich viel Gift im Karton mit Sophie befand. Mit 12 stand sie auf dem Balkon, sprungbereit. Vier Briefe hatte sie zuvor geschrieben. Ihr Karton war die Familie, die eigentlich ein sicherer Raum sein sollte. Ihr Gift waren ihre Eltern, ihr Bruder. Ein halbes Jahr hatte dieser Sophie immer wieder geschlagen. Die Eltern wussten davon, doch es war ihnen egal. Und so stand Sophie auf dem Balkon, zum Abschied bereit. Liebe, Zuneigung, Anerkennung fand sie bis dahin weder bei ihrer Mutter noch bei ihrem Vater. Entsprechend winzig war ihr Selbstwert. Wenn dich deine eigenen Eltern mobben, kannst du nichts wert sein.

    Sophie sprang nicht. Doch sie glaubte, sie würde nicht älter als 27. In dem Alter starben Musiklegenden wie Janis Joplin, Kurt Cobain und Amy Winehouse. Sophie war nicht krank – nicht körperlich. Ihre Psyche war jedoch schon früh ein Trümmerfeld, sturmreif geschossen von jenen, die sie in diese Welt gesetzt hatten.

    Ihr Kampf

    Entsprechend viel Kraft verlangte ihr die Ausbildung zur Altenpflegerin ab, aber auch das Leben an sich. Immer wieder tauchte sie länger ab, um sich dann mit einem neuen Account zurückzumelden. Zeitweise zog sie bei ihren Eltern aus und bei ihrer Oma ein. Diese schien der einzige Halt in der Familie für Sophie, wurde aber irgendwann „wunderlich“, teils giftig, vielleicht eine Alterserscheinung.

    Immer wieder gab es psychische Einbrüche, Selbstverletzungen. Wirklich gut ging es ihr nie. Einem Kumpel zuliebe ging Sophie für kurze Zeit zu einer Psychologin. Doch diese kam ihr irgendwann „zu nah“. Mit ihren Fragen drohte die Therapeutin offenbar eine Tür bei Sophie zu öffnen, die diese aber geschlossen lassen wollte. Was genau sich hinter der Tür verbarg, konnte sie nicht sagen, es war ein absolut ungutes Gefühl und so brach Sophie die Besuche ab.

    Für mich war Sophie wie eine Begegnung mit meinem 18-jährigen Ich. Ich stellte mir immer wieder vor, was ich hätte in diesem Alter gebraucht, um mein Schneckenhaus verlassen zu können. Erst mit 38 hatte ich erstmals das Gefühl, von einer Frau als Mann wahrgenommen zu werden, nicht nur als der gute Kumpel, der so gut zuhören kann. Diese kopfinterne Veränderung von einem Neutrum hin zu einem Mann bewirkte viel, löste eine Kettenreaktion aus, die ich mir rückblickend viel eher gewünscht hätte. So versuchte ich Sophie, nicht als Teenager, sondern als Frau wahrzunehmen und ihr das auch so zu vermitteln.

    Sie ist wieder da

    Anfang 2020 tauchte sie nach langer Stille wieder auf. Ohne Worte schickte sie mir das Foto eines Briefs, in welchem ihr zur bestandenen Prüfung zur Altenpflegerin gratuliert wurde. Ich fühlte mich versetzt in die Rolle ihres Ersatzvaters und gab mein Bestes, um ihren durchschimmernden Stolz auf den Abschluss und das Durchhalten der Ausbildung zu bestärken und ihr mageres Selbstbewusstsein ein wenig zu füttern. Wenn sie über ihre Arbeit schrieb, war immer wieder ein „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“ zu spüren. Mein Vater war zu dieser Zeit selbst in einem Pflegeheim, wodurch ich ein klein wenig Einblick in die Arbeit des Personals hatte und Sophies Schaffen besser nachvollziehen konnte.

    In den Tagen darauf präsentierte sie mir ihre neuen Schuhe, ganz in weiß. Auffällige Farben trug Sophie schon in den Jahren zuvor nicht. Auffallen wollte sie nie, lieber unsichtbar sein.

    „Hab 5 Kilo abgenommen“ – mit ihrem Gewicht war sie nie glücklich, mit ihrer Figur kam sie nicht klar. Trotzdem hatte sie mir 2015 Fotos geschickt, von einem Kumpel gemacht. Einerseits fühlte ich mich damals geschmeichelt, denn solche Bilder hatte mir zuvor keine Frau geschickt. Andererseits hoffte ich, dass sie mit diesen Fotos nicht leichtfertig umgehen würde, auch wenn ihr Wunsch nach positivem Feedback verständlich war, so wie die Anerkennung im Elternhaus gegen Null ging.

    Umwege zum Glück

    Wer sein Kinderzimmer ohne gesundes Selbstbewusstsein verlässt, betritt Umwege zum Glück, die immer Wege ins Unglück sind. Du willst endlich Aufmerksamkeit, einen Hauch von Zuneigung, Liebe – all das, was du bisher nie bekommen hast.

    Dafür nimmst du Sachen in Kauf, die dir am Ende nicht gut tun, ob toxische Beziehung, Sucht oder andere Umwege zum Glück. Wann immer es um Sophies Figur ging, versuchte ich vorsichtig, ihre großen Selbstzweifel ein wenig geradezurücken, brachte dabei die Bilder von 2015 in Erinnerung. Doch das Selbstbild hing dank ihres Elternhauses verdammt schief, mit langen Nägeln festgeklopft. Sie wolle bloß nicht so dick werden wie viele Pflegerinnen, denen sie begegnet war. Ihre Essgewohnheiten schwankten zwischen Magerkost und Pizza nebst Energy-Drink. Als Fan von geregelten Mahlzeiten wünschte ich ihr jemanden an die Seite, mit dem sie eine Balance finden konnte – beim Essen wie im ganzen Leben.

    Endlich glücklich?

    Und einen potentiellen Kandidaten hatte Sophie inzwischen gefunden. Er wohnte nicht weit weg von ihr, sehr ländlich. Ihrem Hang zu mehr oder weniger älteren Männern war sie treugeblieben, 10 Jahre trennten beide. „Dieses Jahr kriegst du den Antrag, damit wir nächstes Jahr heiraten“, zitierte Sophie ihren Freund. Er wolle ein Kind, wenn es ein Junge wird, soll er Finn heißen. Sophie bevorzugte „Jonas“. Ich schrieb zwischendurch: „Gut, dass ihr es nicht eilig habt.“ Zu meiner leichten Beruhigung trat Sophie selbst etwas auf die Bremse: „Lass irgendwas sein und man merkt, das Zusammenleben funktioniert nicht …“

    Bis zu dieser Zeit Anfang 2020 hatte ich reichlich Geschichten gesammelt mit dem Muster „Ich will ein Kind und Familie, dann wird endlich alles gut.“ Nur wurde es nie gut. Babys sind nicht die Lösung deiner Probleme, sie werden zum Erbe deiner Probleme. Ja, diese süßen Gesichter scheinen jeden Schmerz vergessen lassen zu können. Eine Frau, die als Teenager von ihrem Vater missbraucht worden war, ging diesen Weg. Auch sie glaubte, mit einem Kind werde alles gut. Das Kind war da, der Partner im Streit weg und die Frau merkte immer mehr, dass die alten Wunden nicht durch ein Kind geheilt werden.

    Sophie hatte in den 5 Jahren zuvor immer wieder davon gesprochen, so bald wie möglich Mutter werden zu wollen – gleichzeitig glaubte sie, nicht älter als 27 zu werden. Ich gönnte ihr jedes Glück der Welt, aber ich gönnte keinem Kind, unter diesen Umständen geboren zu werden. Wer mit sich selbst nicht klarkommt, kann einem Kind nicht vorleben, wie es mit sich selbst klarkommt. Wer keinen Selbstwert hat, kann keinen Selbstwert weitergeben. Und so wünschte ich Sophie, dass sie von ihrem neuen Freund gut behandelt wird, aber dass sich die Familiengründung noch weit in die Zukunft verschieben würde.

    Mitte Februar 2020 tauchte Sophie wieder ab. Im Gegensatz zu früher versuchte ich dieses Mal, ihr Verschwinden positiv zu sehen. „Wenn sie sich nicht melden, geht es ihnen gut.“ Ich glaubte, dass nun der neue Freund meine „Aufgaben“ übernommen hatte und Sophie so glücklich wäre, wie es unter ihren Umständen möglich war.

    Eine Enttäuschung zu viel

    Anfang September 2020 war sie wieder da – und sie klang alles andere als glücklich. Sie sei wieder Single. Meine Antwort: „Autsch. Woran ist es mit dem jungen Mann auf dem Lande gescheitert? Hoffentlich nicht wieder so ne Nummer mit ner anderen wie der eine.“

    Sophie: „Er ist nun Papa seit knapp nem Monat.“

    Ich: „Ääähm, dank dir?!“

    Sophie: „Nein. Ähnliche Situation wie 2017… Nicht getrennt, aber schon mit einer anderen zusammen. Ich ziehe sowas wohl magisch an. Aber es in Ordnung.“

    Nichts war in Ordnung. Der Sohn wurde im Juli geboren – von der Ex des Freundes, von dem mir Sophie im Februar geschrieben hatte. Die Ex war damals ungefähr im 4. Monat schwanger – und der Freund schmiedete gleichzeitig mit Sophie Pläne über eine Familie, schwafelte von Heirat.

    „Ich befinde mich derzeit in der schwierigsten Downphase, die ich bisher hatte … Ursache? Ich weiß es nicht“, schrieb Sophie. „Ich bekam im März dann auch Schlafprobleme bis Anfang August … wenns gut lief insgesamt 2-3 h geschlafen. 2-3 Tage wach war nicht mehr unnormal … abschalten ging nicht mehr. Ab 12 Uhr gearbeitet meist bis 23 Uhr… – freiwillig Juli, dann Diagnose Burnout die ich hinnahm aber ehrlich? … ich glaube nicht dran. Ja ich bin nicht mehr wirklich leistungsfähig bzw. belastbar aber es liegt größtenteils daran das ich kaum Zeit für einen Ausgleich habe und hier sowieso alleine lebe und jetzt nach knapp 12 Monaten anfange, den Ort kennenzulernen.“

    Ich kann nicht schlafen

    Für mich stand außer Frage, dass die Trennung und vor allem die erneute heftige menschliche Enttäuschung die Gründe waren für die Schlafprobleme und Sophies rauschende Talfahrt. 2010 erlebte ich selbst drei Monate, in denen ich maximal 1-3 Stunden pro Nacht schlief. Genau wie bei Sophie ging eine extreme menschliche Enttäuschung voraus. Immer wieder dachte ich beim versuchten Einschlafen: „Wie kann ein Mensch so falsch sein …“

    Doch Sophie wollte keinerlei Zusammenhang sehen zwischen dem „Übrigens werde ich Papa mit meiner Ex“ und den schlaflosen Nächten: „Es lag definitiv nicht an der Trennung. Hingenommen und alleine weiter gemacht. Mir ist das ehrlich gesagt alles Schnuppe und ich bin sehr gleichgültig geworden was auch okay ist.“

    Mein Schlaf kehrte 2010 erst zurück, als ich mir sagte: „Ach egal, ob ich diese Nacht schlafe, leg ich mich halt tagsüber hin … Scheiß drauf …“ Meine Selbstständigkeit machte dies möglich, Sophie musste weiterhin auf Arbeit funktionieren. Ohne Gleichgültigkeit hätten sich meine Schlafstörungen immer weiter gezogen, weil ich weiterhin im Stressmodus gewesen wäre: „Du musst doch endlich mal wieder schlafen!!!“ Stresshormone verjagen aber Schlafhormone. Als der Schlaf zurückkam, blieb eine Leck-mich-am-Arsch-Einstellung, offenbar ein Selbstschutz der Psyche. Genauso blieb eine permanente Benommenheit bis heute, als würde man nachts um 2 aufstehen: Man funktioniert, aber irgendwie ist man nicht klar da.

    Was die Psyche nicht aushält, muss der Körper ausbaden

    Und es zeigten sich in der Zeit nach den schlaflosen Monaten zwei Autoimmunerkrankungen. In meinem Blut fanden sich Antikörper, die die Schilddrüse angreifen können und verschiedene Stellen meiner Haut wurden nicht mehr braun im Sommer, Diagnose: Vitiligo. Und auch hier sollte sich bald eine Parallele finden zu Sophie, nur dass es sie deutlich heftiger erwischte.

    Wieder verschwand Sophie, dieses Mal nur einen Monat. Anfang Oktober 2020: „War heute beim Arzt… Verdacht auf Blutarmut… richtig nett.“

    14 Tage später: erhöhte Entzündungwerte. Sophie beschrieb nun auch Symptome, die sie seit der Schlafentzug-Phase hatte: Schwindel, kraftlose Beine, unwillkürliche Zuckungen, neuerdings „zeitweise Blindfisch“: „Ich falle ab und zu um, vors Waschbecken, gegen Küchenschränke, vors Sofa, auf dem Weg zum Klo. Montag lag ich halb aufm Sofa und wurde hochgezogen, weil ich am Zucken war. Ich bin dann sofort wieder ansprechbar und kann reagieren. Passiert meist 1 bis 2 Mal am Tag. Licht aus und Tschüss.“

    Wieder zwei Wochen später: Sophie schickte mir Fotos von der Kardiologie-Abteilung – nicht als Pflegerin, sondern als Patientin: „Es liegt wahrscheinlich eine Verengung der Halsschlagader vor. Am Mittwoch geht es wohl auf die Neurologie, Schädel-MRT war auffällig, Verdacht auf Multiple Sklerose.“

    Vier Tage später: „MS konnte ausgeschlossen werden, dafür wurde eine hochgradige Gefäßwandentzündung festgestellt. Da bekomme ich demnächst Kortison. Macht ja nur das Immunsystem kaputt xD Nach der Entlassung gibts engmaschige Kontrolle beim Gefäßdoc. Ultraschall auch erledigt, um zu sehen, ob die Gefäße sich geweitet haben. Ist eher selten mit dieser Gefäßwandentzündung im europäischen Raum. Die Ärzte können es sich nicht erklären, da ich weder rauche, nur selten Alkohol trinke und relativ gut auf meine Ernährung achte. Drogen auch nicht. Und trotzdem Aneurysma im Kopf … Durch das bin ich umgekippt, weil das Hirn nicht richtig versorgt wird. Am Hals verengte Schlagadern, da bekomme ich Stents eingesetzt. Bluthochdruck am Bein, zu niedriger Blutdruck in den Armen. Gutartige Zyste am Eierstock, paar Gallensteine. Weiter arbeiten in der Pflege wird mir abgeraten, Ausbildung alles umsonst. Bekomme hier einige Mitleidsblicke.“

    Zwei Tage später: „Bleibe länger. Ultraschall ergab, das es zwar eine Verbesserung gab aber auch gleichzeitig eine Verschlechterung. Irgendwann schaltest du ab und verdrängst, was der Doc zu dir sagt und lässt nur noch zu. Nach der Entlassung komme ich wenige Wochen später nochmal für einige Tage her … um dann kurz darauf ambulant weiterzumachen. Wurde heute entschieden.“

    Einen Tag später: „Diagnose steht fest: Vaskulitis.“

    Bei dieser Autoimmunerkrankung greifen körpereigene Zellen die Wände der Adern an. Die Gefäßwandentzündungen bei Sophie, die sich die Ärzte bis dahin nicht erklären konnten, waren nun kein Rätsel mehr – aber ein großes Problem. Autoimmunerkrankungen sind bisher nicht heilbar, man kann nur versuchen, die Symptome abzufedern. Und es gibt immer wieder Schübe, also Phase, in denen der Körper sich selbst stärker angreift. Bei Vitiligo wird dann das optische Problem größer, bei Adern wird es lebensgefährlich.

    Wir hatten also beide eine heftige menschliche Enttäuschung, anschließend drei Monate massive Schlafstörungen und wenig später tauchten Autoimmunerkrankungen auf. Schwer zu glauben, dass die Erkrankungen auch ohne die Enttäuschungen aufgetaucht wären.

    Frohe Weihnachten

    Einen Monat später, Mitte Dezember 2020, meldete sich Sophie kurz von Zuhause und beschrieb den nächsten Klinikaufenthalt: eine Infusion, welche die Autoimmunerkrankung in Schach halten soll und das Setzen der Stents in die linke Halsschlagader – „die rechte ist ja nicht mehr zu retten, Gefäße zu sehr betroffen, das dort ein Eingriff wenig Sinn macht. Option Bypass.“

    Einen Tag vor Weihnachten postete sie ein Bild von sich bei Facebook, wieder aus der Klinik: Schlaganfall. Die Folge: eine Dysphasie: „Ich weiß was ich sagen möchte, aber kann nicht.“ Mit dem Lesen war sie schnell überfordert. In den drei Wochen danach antwortete Sophie selten und nur mit ein, zwei Wörtern. Auf meine Frage „Wie ist die Lage?“ kam: „Geht es …“ Auf meine Antwort bekam ich keine Reaktion mehr.

    Die Fortsetzung der Geschichte?

    Heute, fast vier Jahre später, ist Sophie für mich gleichzeitig lebendig und tot, wie Schrödingers Katze. Ich weiß nicht, wie es weiterging. Und ich weiß nicht, was ich mir wünschen soll, wie es weiterging. Ich könnte ihre Schwester anschreiben und fragen, ob Sophie noch lebt und wenn ja wie. Aber ich weiß nicht, welche Antwort ich erhoffen soll.

    Wenn Sophie über die Misshandlungen durch ihre Familie schrieb, über die psychischen Folgen, wenn sie mir Bilder ihrer Selbstverletzungen schickte und ihre Suizidgedanken andeutete, wünschte ich mir für sie einen riesigen Stinkefinger, den sie ihrer Familie hätte zeigen können: „IHR bekommt mich nicht klein! Ich werde leben! Ich werde älter als 27!“

    Andererseits schien mir das Leben für sie ein einziger Kampf zu sein, den sie nie und nimmer gewinnen konnte. Wie so viele andere suchte sie doch noch Zuneigung in ihrer Familie – wie bei so gut wie allen wäre das ein sich nie erfüllender Wunsch geblieben. Mit ihrem kaputtgeschlagenen Selbstbewusstsein würde sie immer wieder bei Typen landen, die sie früher oder später enttäuschen. Wo auch immer sie Halt suchte, landete sie hart auf dem Boden. Mit der Gefäßentzündung hätte sie wohl immer zwischen Leben und Tod gestanden – oder sie steht. Ist Sophie Geschichte? Ist ihre Geschichte zu Ende? Ging sie weiter?

    Für mich lebt sie und ist gleichzeitig tot. Wie Schrödingers Katze. So kann ich glauben, sie wäre von allen Sorgen befreit oder hat doch noch eine Chance, glücklich sein zu können. Vielleicht liegt sie nach weiteren Schlaganfällen dauerhaft in einem Bett, betreut von einer Altenpflegerin in Ausbildung, so wie Sophie einst eine war. Diese Fortsetzung der Geschichte würde ich ungern lesen, aber sie würde zu Sophies Leben passen. Und so werde ich es wohl dabei belassen: Der Karton bleibt geschlossen.

    Psychologen für alle!

    Sophies Geschichte wird mich zusammen mit all den anderen Geschichten immer dafür eintreten lassen, dass werdende Eltern ab dem Zeitpunkt, zu dem die Schwangerschaft feststeht, psychologisch betreut werden bis das Kind 18 ist. Ziel der Betreuung soll sein, Persönlichkeitsstörungen und Verletzungen aus der Kindheit der Eltern zu erkennen und zu behandeln, so dass das Kind eine viel bessere Chance hat, das Kinderzimmer mit einem gesunden Selbstwert zu verlassen. Ein solcher Mensch wird weder eine toxische Beziehung eingehen müssen, noch mit seinem selbstsüchtigem Verhalten einen anderen Menschen so krank machen wie Sophie.

    Das letzte Wort überlasse ich ihr, „meinem Küken“, wie ich sie manchmal kopfintern bezeichnete. Vielleicht steckt ja auch darin des Rätsels Lösung, warum ich nichts mehr von ihr höre. Ein Jahr nach unserem ersten Kontakt hatte die mir damals 18-Jährige geschrieben: „Du bist fast der Einzige dem ich alles erzähle…Die Fragen stellen. Um Rat / Hilfe bitte. Und das länger wie nur 3 Monate oder so… Mein Kreis ist so klein, weil ich irgendwann nicht mehr mit Personen zurecht komme. Irgendwas stört mich dann und dann bin ich gestresst … Ende ist meistens dann der Kontaktabbruch.“


    Den Blick hinter die Gardinen mit 80 weiteren Biografiesplittern gibt es in meinem Buch:

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Noch viel mehr Lesestoff zum Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ findest Du hier:

    Mach, was Meggie macht.

    Mach, was Meggie macht.

    „Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    „Ich habe mich gefreut, wenn Papa fünf Minuten Zeit für mich hatte.“ Jens hat den Arbeitseifer seines Vaters geerbt und wird in sechs Jahren sterben.

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Suizid kann Freiheit bedeuten. 2020 hat Ulli die erste freie Entscheidung seines Lebens getroffen. Dieser Neubeginn bedeutete seine Freiheit. Und sein Ende.

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Saskia gibt mit Ü40 die Hoffnung nicht auf, von ihrer Mum ein nettes Wort für ihr Dasein zu hören. Bettina bekam mit 20 ein Kind, um ihrem Elternhaus zu entkommen – und lebt seitdem in den gleichen Verhältnissen.

    Woher kommt Hass?

    Woher kommt Hass?

    Natascha Kampusch als Hassobjekt?! Das macht keinen Sinn – doch beim Zuhören erklärt sich auch beim Thema Hass, wie sich unsere „Special Effects“ entwickeln.

    Wie entsteht Sucht?

    Wie entsteht Sucht?

    Annie ist 16, 1,70 m, 40 kg. Ihr Vater versteht nicht, warum sie nicht einfach mehr isst. Er selbst steckt jeden Monat 500 Euro in sein Onlinespiel. Annies Mutter vermeidet Diskussionen mit ihm über ihr Rauchen. Verstehen des jeweils anderen? Fehlanzeige.

    Verrückt – Das Interview

    Verrückt – Das Interview

    Frage: Was muss passieren, damit diese Welt weniger verrückt ist? Antwort: Wir müssen zuhören lernen. Oder wir verbieten das Kinderkriegen.

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    Jochen wäre fast ertrunken, der Vater zerrte ihn wieder ins Wasser. Opfer und Täter, weiß und schwarz. Doch ist es wirklich so einfach?

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Mach, was Meggie macht.

    Mach, was Meggie macht.

    Wenn Kinder in der Klinik „Flaschen drehen“ spielen

    Anfang 2022 hatte ich es endlich geschafft: Ich schmiss mein Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ auf den Markt, an dem ich Monate bis Jahre gesessen hatte. All die Geschichten derer, für die sich kein Schwein interessiert, füllten 700 Seiten – mehr waren von der Druckerei her nicht möglich. Die Moral all dieser Geschichten: Jede psychische Erkrankung entsteht durch einen Einschlag in der Kindheit. Ich bin nicht der Entdecker dieser Erkenntnis, sie ergibt sich aus dem Zuhören und dem Vorgehen der Psychologen. Bei ihnen geht es immer um die Kindheit. Nicht, weil sie gern lustige Geschichten von kleinen, süßen Zwergen hören möchten, sondern weil sie eben aus Erfahrung wissen, wo der rote Faden anfängt, der sich in Depressionen, Zwangsstörungen, Selbstverletzungen, Sucht, Selbstzweifel usw. fortsetzt.

    Im Sommer 2024 konnte ich dies aus erster Hand recherchieren. Mein Körper machte in den Jahren zuvor immer weniger das, zu was er eigentlich in der Lage gewesen sein sollte. Während ich 2016 jeden Tag bei Wind und Wetter 6, 7, 8 km wanderte, schaffte ich inzwischen keine 500 m mehr aller paar Tage, ohne dass sich die Muskeln im Nachhinein darüber beschwerten. Um herauszufinden, wo der Hase im Pfeffer liegt, ging ich in eine psychosomatische Klinik. Für mich war es schwer vorstellbar, dass es keine organische Ursache gibt, dass alles „nur“ von der Psyche kommt. Ja, meine Kindheit war reich an Einschlägen und auch als Erwachsener hagelte es unregelmäßig Fäkalien in die Trompete. Aber wieso sollte ich deshalb kaum noch laufen können?

    „Was der Kopf nicht verarbeiten kann, muss der Körper ausbaden“, so sagte es mir meine Psychologin in der Klinik. Hmm. Da ich inzwischen alles Mögliche an Diagnostik der Organe ohne Befund hinter mir hatte, fing ich an, diesen Satz zu glauben. „Sie müssen sich mehr um sich selbst kümmern“, war ein weiterer Satz, der in den Therapiesitzungen fiel. Ich hatte von einem ziemlich kleinen Teil jener Menschen erzählt, deren Geschichten ich über die Jahre zuvor gesammelt, ihnen zugehört hatte. Geschichten, die Psychologen täglich zu hören bekommen, aber sie haben ihre Techniken, damit es sie mit der Zeit nicht erschlägt. In mir steckten diese Geschichten nebst meiner eigenen. In meinem Buchtitel heißt es nicht umsonst „… – ein Aufschrei“. Das Buch war mein Versuch der Selbstreinigung, des Alarmschlagens, des „Hört doch endlich mal zu!“ – doch weder Journalisten noch Buchverlage wollten davon etwas wissen. Also muss mein Körper das ausbaden, was der Kopf nicht verarbeiten kann.

    In der Klinik stellte ich mich deshalb in den Mittelpunkt meines Denkens – ich war aber auch einfach zu platt fürs weitere Zuhören. Und so fragte ich Mitpatienten keine Löcher in den Bauch über deren Geschichten, blieb so gut es ging bei mir.

    Mit drei Mitpatienten (zwei Männer, eine Frau) erlebte ich lustige Abende. Wir saßen meist im Speiseraum zusammen und spielten. Unsere inneren Kinder kamen dabei nicht zu kurz. Jene Kinder, die in ihrer Kindheit nicht das bekamen, was Kinder bekommen sollten: Zuneigung, Anerkennung, Liebe von BEIDEN Elternteilen.

    „Wie die Kinder“ ging es unter uns vieren auch zu, als eine neue Patientin auf Station kommen sollte. Sie wurde mit Anfang 30 angekündigt. Mein Hang zu ganz leicht jüngeren Frauen war allseits bekannt – auch, dass ich mich bis Mitte 40 erfolgreich von Frauen jeglichen Alters hatte fernhalten können. Und so hieß es von meinen Spielgefährten: „Die Meggie setzen wir im Speiseraum neben dich!“

    Dutzende, furchtbar kindische Witze später saß sie dann neben mir. Ich war heilfroh, dass keiner dieser netten Leute nun einen dieser Witze neu auflegte und wir uns nicht vor Lachen auf den Boden legen mussten. Wer in eine solche Klinik kommt, hat äußerst selten ein stabiles Selbstbewusstsein und wenn du als „Die Neue“ dann scheinbar ausgelacht wirst, könntest du schnell wieder deinen Koffer packen, nur weil so ein paar Kinder im Alter von 30 bis 50 anwesend sind.

    Doch Meggie wurde schnell warm mit uns Kindern. Gleich am ersten Tag war sie dabei bei einem weiteren Spieleabend. Die Kinder waren inzwischen ins Jugendalter gekommen und spielten „Flaschen drehen“. Eine Menge von eher eindeutigen als zweideutigen Fragen wartete auf Antworten: „Wie viele Menschen hast du leidenschaftlich geküsst?“ bis „Welches ist deine Lieblingsstellung?“ Nirgends geht es lustiger zu als in einer psychosomatischen Klinik.

    Meggie machte mit, sie wirkte nicht peinlich berührt, ergriff nicht die Flucht – was ich durchaus verstanden hätte. Oft hatte sie ein spitzbübischen Lächeln auf den Lippen. Und immerhin hatte sie damit das Schlimmste hinter sich, denn meine drei Spielkameraden verließen zwei Tage später die Station.

    „Da war nichts.“

    Jede psychische Erkrankung entsteht durch einen Einschlag in der Kindheit. Das sagte ich auch Meggie in einem unserer ernsteren Gespräche. Sie kam mit der Diagnose Borderline in die Klinik, war zuvor auch schon in einer anderen. Borderline war für mich Neuland, ich hatte bis dahin niemanden, der mir aus seinem eigenen Leben darüber etwas erzählt hatte – zumindest glaubte ich das.

    Meggie sagte mir, dass sie schwer neue Kontakte halten kann. Nach ca. drei Monaten lässt sie neue Verbindungen meist einschlafen. Das erinnerte mich sofort an eine Frau, mit der ich fünf Jahre zuvor immer mal wieder Kontakt hatte. Anne war 18, als sie mich anschrieb – ich verstand nicht, was sie mit mir altem Knochen wollte. Mit der Zeit wurde das Bild rund. In ihrer Familie hatte sie nur Gegner, Anne war der Sandsack für alle und schon mit 12 stand sie auf dem Balkon, zum Absprung bereit.

    Ca. vier Jahre nach unserem ersten Kontakt schrieb sie mir: „Du bist fast der Einzige, dem ich alles erzähle…Die Fragen stellen. Um Rat / Hilfe bitte. Und das länger wie nur 3 Monate oder so… Mein Kreis ist so klein, weil ich irgendwann nicht mehr mit Personen zurecht komme. Irgendwas stört mich dann und dann bin ich gestresst … Ende ist meistens dann der Kontaktabbruch.“ Ich las Meggie diese Sätze vor und sie konnte es 1:1 nachvollziehen. Es sei typisch bei Borderline.

    Als ich sagte, dass Anne mir ein Foto geschickt hatte, auf dem ein geritzter Unterarm zu sehen war, sprach Meggie von ihren eigenen Selbstverletzungen. Auch diese seien bei Borderline typisch. Normalerweise spreche sie nicht mit anderen darüber, weil sie bisher meist nur verständnisloses Kopfschütteln erntete. Ich erinnerte mich an einen Satz einer Verwandten, den auch eine Frau von einem Onlinedate mir gesagt hatte bezüglich ihrer Selbstverletzungen: „Der Schmerz zeigt, dass ich lebe.“ Auch dies konnte Meggie unterschreiben. Ja, diese Selbstverletzungen seien völlig sinnlos, das würde ihr natürlich auch jedes Mal klar, nachdem es passiert ist. Aber in dem Moment, wo es passiert, sei es wie eine Sucht und jegliche Vernunft hat in dieser Minute keine Chance.

    Hätte ich anderen nicht zugehört, dann hätte ich nichts gewusst über all das, was Meggie mir erzählte und ich hätte vermutlich so reagiert, wie viele reagieren: Kopfschütteln. Nur weiß ich heute: Alles hat einen Grund, so unvernünftig es auch sein mag und dieser Grund ist immer in der Kindheit zu finden.

    „Da war nichts.“ Meggie zuckte mit den Schultern und schien sich ein klein wenig über meine großen, ratlosen Augen zu freuen. Sie zerriss einfach mal so die 700 Seiten, an denen ich so hart gearbeitet hatte. „Meine Eltern sind selbst unter gewalttätigen Eltern groß geworden und sie wollten ihren eigenen Kindern das nicht antun. Sie haben uns Kindern viel Freiraum gelassen, haben uns auch aus dem größten Blödsinn rausgeholt, ohne uns danach die Ohren langzuziehen. Ich hatte eine schöne Kindheit.“

    700 Seiten. Für die Tonne. Ich schrieb einer Freundin: „Wenn Meggie nicht irgendwas aus ihrer Kindheit extrem verdrängt hat, kann man bei ihr nicht sagen: An der Stelle haben die Eltern versagt und dort ist die Ursache für die Erkrankungen.

    Immerhin war ich mit Meggie in einem Punkt vereint: Auch sie suchte nach der Ursache für ihre körperlichen Probleme, von denen es eine Menge gab und die sie arbeitsunfähig machten.

    In einem weiteren „Küchengespräch“ erzählte Meggie vom Tod ihrer Oma, als Meggie 15 war. Die Eltern hatten ihr nicht gesagt, dass es mit ihrer Oma zu Ende geht, so dass Meggie nicht Abschied nehmen konnte, was sie ihren Eltern stark verübelte. „Na dann ist das vielleicht der Grund für deine Probleme?“, stellte ich den Raum. Ganz geschlagen wollte ich mich mit meiner Einschlag-Erkenntnis nicht geben. Dass Meggie mir die Geschichte um ihre Oma unter Tränen erzählte, zeigte, dass die Wunde da war. Von ihrer Therapeutin bekam sie als Hausaufgabe, einen Abschiedsbrief an ihre Oma zu verfassen, um darin all das zu sagen, was sie ihr noch hätte sagen wollen. Auch sollte sie mit ihren Eltern über die Enttäuschung sprechen, die durch das Verschweigen entstanden war und wohl noch immer rumorte.

    Aber reicht das für Borderline, für Selbstverletzungen? Reicht das für diese ständigen Selbstzweifel, das ständige „Ich bin schuld“ bei jeglichem Anlass, von dem Meggie mir erzählte? Hatte sie schlechte Gene, die aus einer großen Mücke einen Elefanten gemacht hatte?

    „Als ich 9 war, hat mein Vater uns verlassen für eine andere.“ Meggie sagte dies fast beiläufig, als wir wieder zusammensaßen. „Ich war sooo wütend auf ihn. Und ich dachte, dass das ganz klar meine Schuld ist.“

    Ich sah Meggie wie versteinert an: „Ähm, in deiner Kindheit ist also nichts passiert?!“ Sie musste grinsen und mir rauschten diverse Felsbrocken von meinem Herzen: Ich brauchte die 700 Seiten doch nicht einstampfen. Nach einem Jahr kehrte ihr Vater in die Familie zurück, bereute seinen Irrweg, aber klar, der Einschlag war da. In der Schule erlebte Meggie Mobbing, war aber zunächst auch selbst Täterin.

    Auf jeden Fall: Rätsel gelöst.

    „Ich sehe einen Raum.“

    Meggie wirkte meist eher unbeschwert, das spitzbübische, fast schon kindliche Lächeln auf den Lippen, wenn es ihr gut ging. Wenn es ihr mies ging – und sie es nicht überspielen konnte, war es deutlich zu sehen. Sie war inzwischen vielleicht zwei Wochen in der Klinik, als sie mit verheultem Gesicht zum Mittagessen kam. Auch während des Essens konnte sie sich nicht beruhigen. Ich versuchte, meinem Plan treu und bei mir selbst zu bleiben. Doch wenn neben mir jemand so mit sich kämpft, kann ich nicht einfach mit meinem Tablett aufstehen und gehen. Als die meisten Mitpatienten aus dem Raum waren, fragte ich leise, was los ist.

    „Ich sehe ein Bild vor mir seit ein paar Tagen …“ Meggies Stimme war kaum zu hören und mit dem Kampf gegen die Tränen, die weiterhin liefen, überlagert. Auf meine Frage, was sie sieht, konnte sie nur sagen: „Ich sehe einen Raum, verschwommen … Jeden Tag wird das Bild ein bisschen deutlicher.“

    Ob sie sagen könne, wie deutlich das Bild in Prozent sei, raunte ich.

    „Vielleicht 60% heute.“

    Meggie konnte keine Details nennen, nur, dass es eher dunkel sei und sie ein Kind war. Ich stellte mir ein Kellerabteil vor, fragte aber nicht nach solchen Details. Schon das, was sie jetzt sah, schien mehr als genug für sie zu sein. So, wie dieses verschwommene Bild in ihr arbeitete, blieb ich bei einer einzigen Vermutung hängen. Diese sprach ich nicht aus, ich war kein Fachmann, sondern Laie und nur wegen „Ich sehe einen Raum“ und den Tränen einen „Tipp“ abzugeben, schien mir völlig unangebracht, auch wenn ich mit meiner Intuition selten danebenliege.

    Das Bild wurde mit jedem Tag etwas deutlicher und Meggies Kampf ging jeden Tag in eine neue, härtere Runde. Seit Jahren konnte sie nachts kaum schlafen, immer erst gegen 4 bis 6 Uhr, die Gründe waren unbekannt. Weder Körper noch Kopf bekamen in all der Zeit die Erholung, die es braucht. Und jetzt raubte dieses schärfer werdende Bild Energie, die in Meggie kaum vorhanden war. Die feuchten Augen und die kämpfenden Mundwinkel wurden häufiger, unbeschwerte Momente seltener.

    Keiner unserer Special Effects entsteht aus heiterem Himmel. Jeder ist der Donner nach dem Einschlag.

    Mit einem Mitpatienten versuchten wir, Meggie ein wenig Halt zu geben, sie ab und zu für ein paar Minuten auf andere Gedanken zu bringen, ohne dass es krampfhaft wurde. Auf dem Klinikgelände gab es einen Feldhasen, der eine gute innere Uhr zu haben schien. Gegen 20 Uhr tauchte er an einem Baugelände auf, manchmal mit Anhang, wir tauften ihn den 8-Uhr-Hasen. Mit Meggie und dem Mitpatienten gingen wir auf „Hasenjagd“. Wir Männer schwärmten von Hasenbraten, entwickelten Rezeptideen, während Meggie Meister Lampe um jeden Preis verteidigen wollte. Ich überlegte laut, ob mir eine Hasenpfote zu Liebesglück bei einer Mitpatientin verhelfen könnte und dass der Hase damit sicher einverstanden wäre, weil er mir jegliches Glück gönnen würde – Meggie sah das anders.

    Was, wenn der Staudamm explodiert?

    Natürlich ersetzte die Hasenjagd keine Therapieminute. Bei ihrer Psychologin konnte Meggie das Bild, das jeden Tag deutlicher wurde, nicht ansprechen. Sie hatte Angst, dass in dem Moment der komplette Staudamm in sich zusammenstürzen und Meggie in den Wassermassen ertrinken würde. Noch immer war nicht das Wort ausgesprochen worden, um welches es zu gehen schien. Noch immer hielt ich mich selbst beim Aussprechen zurück, auch wenn ich mir inzwischen sicher war, um was es geht. Ich hoffte, Meggie würde es als Erste über die Lippen bringen. Und ich hatte Angst, dass ich den Staudamm einreiße, wenn ich das Wort in den Mund nehme. Meggie wirkte eh schon jeden Tag näher am Ertrinken, ohne dass der Damm brach, der 20 Jahre unerschütterlich zementiert stand.

    Nur irgendetwas musste passieren. Meggie ging zu ihrer Therapeutin, sie sprachen über Oma und Eltern – aber nicht über den gigantischen Elefanten. Dabei war ER es ja, der alles erklären würde. Er war der Einschlag in der Kindheit. Wegen ihm war sie hier – und wusste 20 Jahre nichts von ihm.

    Sie vermied das Wort weiterhin, was ich problemlos verstehen konnte. Ich ging dazu über, „M-Wort“ zu sagen, wenn es um den Elefanten ging. Der Versuch, ein paar Steinchen vom Damm zu lösen, ohne dass er sofort explodiert. Für Meggie schien das in Ordnung zu sein und ich glaubte, dass es für sie auch befreiend sein müsse, wenn für uns klar war, um was es geht, ohne dass sie Einzelheiten nennen musste. Von denen gab es eh keine. Aus dem Bild des Raums wurde kein Video mit Handlung und Ton, es tauchte kein Akteur auf. Aber Meggie wusste, was in dem Raum auf dem Dachboden passiert war, auch das Haus kannte sie. Das Bild habe sie immer wieder ganz vage begleitet und irgendwie Unbehagen in ihr ausgelöst, aber den Grund erfuhr sie erst jetzt, 20 Jahre später.

    „Wir müssen reden.“

    An einem weiteren Sommerabend ging mein Mitpatient und ich zum Garten der Klinik, unweit des Hasen-Reviers, Meggie wollte hinterherkommen. Wir saßen auf einer Bank in der Sonne, als sie mit müden Beinen angeschlichen kam, wieder feuchte Augen und Wangen. Ihr Zustand war einfach übel, ein totaler Zusammenbruch schien nur eine Frage von Tagen. Noch immer wussten nur wir beiden Männer von dem, was in ihr so unglaublich arbeitete.

    Später erfuhr Meggie, dass gerade Traumatisierte einen inneren Kreis von Menschen haben, denen sie sich anvertrauen können. In diesen Kreis passen oft nur ein, zwei Personen hinein. Einerseits ehrte es uns ja, dass Meggie ausgerechnet zwei Männern so sehr vertrauen konnte, obwohl sie damit bisher immer Probleme hatte – der Grund war nun klar. Andererseits konnten wir nicht helfen und Hilfe war dringendst nötig.

    Wir stellten uns in den Garten, grübelnd, wie es weitergehen kann. Ich fragte Meggie, ob es für sie in Ordnung wäre, wenn wir für sie das Eis brechen würden. Der Plan war, der diensthabenden Schwester zu sagen, dass Meggie mit ihr reden müsste. Mit dieser Schwester kam sie gut klar, sie gehörte zu jenen, die über Empathie verfügen. Es sollte der kleine Schubs werden, der „die Sache“ ins Rollen bringt. Wenn die Schwester erst mal weiß, worum es geht, wird es die Therapeutin erfahren und diese hätte genug Erfahrung, wie ab da weiter zu verfahren ist.

    Nach einem Besuch beim 8-Uhr-Hasen gingen wir wie die drei Musketiere Richtung Klinikgebäude. Okay, es fühlte sich schon arg seltsam an, Meggies Beine waren eher weich wie gekochte Nudeln statt stahlhart wie ein Säbel, Stress pur in ihr. Der Schwester kam es ein bisschen wie Kasperletheater vor, als wir drei vor ihr standen, wie wir später erfuhren. Aber wir hatten bis dahin keine Übung darin, wie man einem Missbrauchsopfer helfen kann, das Ende des Verdrängungsprozesses zu starten. Meggie sprach lange mit der Schwester, unter vielen Tränen. Diese trockneten auch danach nicht so schnell, aber Meggie war froh, dass der Elefant nun einen Namen hatte.

    Das M-Wort kam ihr weiterhin nicht über die Lippen. Ich fragte sie, ob es für sie ein Anfang wäre, wenn sie „Ich bin ein Missbrauchsopfer“ sagt statt „Ich wurde missbraucht“, dann wäre ganz klar, wer Täter und wer Opfer war. Meggie gab sich andauernd die Schuld für alles Mögliche und mir gefiel der Gedanke überhaupt nicht, dass sie sich auch für das, was ihr mit 10 passiert war, Schuld zuschreiben könnte. Über die Jahre hatte ich immer wieder gehört, dass Opfer sich mit „Ich war daran schuld“ rumschleppen. Meggie konnte mit der Idee leben, doch es sollte dauern, bis sie es sagen konnte.

    Verdrängen heißt nicht vergessen

    Jede psychische Erkrankung entsteht durch einen Einschlag in der Kindheit. So, wie ich Meggie weiterhin und zunehmend leiden sah, hätte ich sie gern als Gegenbeispiel genommen. Dann gibt es eben in einem von 100 oder 60 Fällen keinen Beginn des roten Fadens im Kinderzimmer. Mein Buch wäre trotzdem nicht gleich für die Tonne gewesen. In ihm findet sich die Geschichte von Claire. Mit 9 Jahren bekam sie erste Angstanfälle. Mit Männern schlief sie als Erwachsene nie aus Liebe oder aus eigenem Bedürfnis. Immer tat sie es, weil sie meinte, man erwarte dies von ihr und sie müsse es tun, damit der Mann zufrieden ist. Machte einer sie an, stieg in ihr das Schuldgefühl auf, ihm zu Willen sein zu müssen. Entsprechend groß wurde die Zahl der Männer, mit denen sie ins Bett ging.

    Dieses von ihr selbst als gestört empfundene Verhalten war für Claire ein völliges Rätsel – bis ihr ein Mann über den Weg lief, als sie sich mit ihrem Sohn in einem Geschäft umsah. Mit einem Schlag war der Film wieder da, der in der Kindheit entstanden und bis zur Begegnung mit diesem Mann tief im untersten Fach ihres Unterbewusstseins hinter dicken Türen lag. Für Claire stand fest: Dieser Mann war Täter an ihr. An dem Tag, an dem Claire im Freien zum Opfer wurde, herrschte Wind. Als Erwachsene fiel Claire immer wieder um, wenn sie in Zugluft stand. Jetzt war für die Ärzte der Grund klar. Wind bedeutete Gefahr: „Gleich passiert was Schlimmes, also abschalten.“

    Dass ich jemals selbst live dabei sein würde, wenn bei einem Missbrauchsopfer der alte Film aus dem Giftschrank des Unterbewusstseins geholt wird, hatte ich nicht im Geringsten erwartet. Wie oft kommt das schon vor, dass ein solcher Einschlag so lange verdrängt werden kann zum vermeintlichen Schutz des Opfers? Häufiger, als ich denke, aber es ist kein Thema, wie so vieles bei psychischen Erkrankungen? Wenn wir schon mit Depressiven nicht umgehen können, wie soll das erst aussehen bei Claire, bei Meggie?

    „Jetzt muss es aber auch mal gutsein.“

    Im Buch zitiere ich eine Frau, die 14 Jahre nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall so im Arsch war wie nie zuvor. Ihre Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung. Wann immer sie ihre Geschichte erzählte, hörte sie als Reaktion: „Aber nach xx Jahren musst du das doch mal hinter dir lassen können?!“ Vielleicht hätte Hanna das gekonnt, wenn beim Unfall nicht ihre 4 Wochen alte Tochter auf dem Rücksitz gesessen und nicht wie tot gewirkt hätte. Für Hanna war klar, dass ihr Kind tot ist, doch Constanze hatte einfach tief geschlafen. 14 Jahre später: In Hannas Träumen stirbt Constanze auf unterschiedlichste Weisen noch immer. Wie sollst du etwas hinter dir lassen, wenn die Bilder dich ständig verfolgen?

    „Siehst du den Täter?“, fragte ich Meggie irgendwann – „Oder würdest du ihn überhaupt sehen wollen?!“

    Meggie verneinte beides. „Wenn ich wüsste, wer das war, dürfte meine Papa das nicht wissen, er würde den umbringen.“

    Aber irgendwie hatten wir beide das beklemmende Gefühl, dass auch das Gesicht des Täters irgendwann auftauchen würde, so, wie es sich bis dahin gesteigert hatte. Für Meggie hoffte ich, dass mit dem Wachwerden der Bilder nun immerhin das Trauma bearbeitet werden kann. Der Gegner stand fest, also ran an die Arbeit, ihr Psychologen!

    „Es wird Ihnen erst mal schlechter gehen, bevor es besser wird.“ So prophezeite es Meggies Psychologin aus ihrer Erfahrung.

    „Noch schlechter?!“, fragte ich entgeistert. Meggie schien schon jetzt auf blutrotem Zahnfleisch zu kriechen. Wie sollte es ihr denn noch schlechter gehen?!

    Nach 8 Wochen verabschiedete ich mich aus der Klinik, wenige Tage nach meinem Mitpatienten, der mit mir zu Meggies innerem Kreis gehörte. Als er ging, heulte Meggie und ich bekam einen Vorgeschmack, wie der Abschied zwischen uns aussehen würde. An meinem Entlasstag versuchte ich, schon im Vorfeld etwas Wind aus dem Segel zu nehmen und irgendwann versiegt jeder Tränenvorrat vorübergehend, wenn man im Tal der Tränen sitzt. Klar gab es feuchte Augen, aber ich war ja nicht komplett aus der Welt.

    Meggie fällt vom Stuhl

    In den nächsten zwölf Monaten traf ich mich drei Mal mit Meggie, ansonsten schrieben wir. Mit den Monaten verstand ich, was die Psychologin meinte mit „Es wird Ihnen erst mal schlechter gehen, bevor es besser wird.“ Meggie konnte nicht mehr allein mit fremden Männern sein, ob Arzt, Anwalt, Psychologe. Sie bekam Anflüge von Panikattacken im Beisein mancher Männer, echte Panikattacken traten auch auf. Sie konnte nicht mehr mit anderen in einem Zimmer schlafen, auch nicht mit ihrer Schwester. Der Schlaf blieb eine Katastrophe – und wenn sie schlief, dann landete sie immer wieder in Albträumen. Aus dem verschwommenen Bild vom Anfang wurde ein Film, auch mit Ton. Das Gesicht des Täters tauchte auf.

    Dissoziationen kamen hinzu. Diese beschreibt Meggie so: „Jeder kennt ja, dass man mal dasitzt und so vor sich hin träumt. So kannst du dir Dissoziation vorstellen. Du kannst dich normal mit mir unterhalten und dann kann es passieren von jetzt auf gleich, dass ich weg bin. Dann kann es passieren, dass ich einfach umfalle oder vom Stuhl kippe. Es gibt unterschiedliche Formen: Bei einer kannst du vor mir stehen, mit den Fingern schnipsen und alles machen, Witze erzählen – ich reagiere aber nicht mehr.

    Normalerweise, wenn ein Mensch nicht mehr mit dir reden will, bewegt er ja trotzdem seine Augen, er hat Mimik, reagiert auf sein Gegenüber. Aber ich bin dann wie erstarrt. Das kann kurz sein, wo ich dann bewusstlos werde, wenn z.B. Männer im Raum sind. Da merke ich, wie mein Kopf immer weiter nach unten sinkt und ich versuche, mich aufzuraffen, mit Kühlakku, die mir jemand bringt. Eine Mitpatientin hat mich immer wieder mal angefasst, mich angesprochen, die konnte damit umgehen. Ich kann dir danach sagen, was du gesagt hast, also ich höre und sehe alles, kann aber nicht reagieren. Manche Schwestern haben da mit mir gesprochen und ich hätte die in der Luft zerreißen können wegen ihrer Ahnungslosigkeit. Wenn ich so dissoziiere, hab ich keine Kontrolle über meinen Körper. Wenn ich wieder zu mir komme, brauche ich ne ganze Weile, bis ich wieder alles bewegen kann. Hände und Beine sind da wie gelähmt, das ist typisch. Manche Schwestern haben meine Finger oder Füße bewegt. Durch Kühlakkus kommt Gefühl zurück.

    Eine Mitpatientin hat eine andere Form der Dissoziation. Keiner darf sie anfassen, bis auf eine Ärztin und eine Schwester, sonst fällt sie um und ist weg. In der Gruppentherapie fällt sie immer wieder vom Stuhl, knallt dann richtig auf den Boden, ungebremst. Aber sie versteht dich auch. Wenn sie wieder zu Bewusstsein kommt, krampft sie, es schüttelt sie, sie knallt mit dem Kopf irgendwo dagegen. Da muss man dann schnell was zum Polstern haben. Sie kann dann länger nicht laufen, hat Schmerzen durch den Krampf. Ich hoffe, dass das nicht so wird bei mir. Die Ärztin sagte, am Anfang ist Dissoziation milde, kann dann schlimmer werden.“

    „Sie haben noch Freunde?!“, fragte ihre Psychologin überrascht nach einigen Monaten. Normalerweise würden sich in dieser Phase die sozialen Kontakte stark ausdünnen. Die Selbstverletzungen gerieten in immer mehr Phasen außer Kontrolle, konnten sich dann für einige Zeit legen, bis es wieder suchtartig und nahezu unkontrollierbar wurde.

    Stress bekämpfte sie u.a. mit Zucker, was ihr Übergewicht verstärkte. Der Blick in den Spiegel wurde dadurch noch mehr zum Verzweifeln. Als ich in dieser Zeit die Meinung einer Influencerin las, dass Übergewichtige an den Folgekosten beteiligt werden sollten, wenn es keinen medizinischen Grund gibt, wusste ich nicht, was ich denken sollte. Diese Frau hatte selbst mit Magersucht zu kämpfen. Warum sie diese Erkrankung hatte, dürfte ihr in einer ihrer sicher stattgefundenen Therapien klargeworden sein. Warum ging sie dann davon aus, dass Esssucht entweder etwas Organisches als Ursache haben muss und wenn nicht, dann ist das einfach nur fehlender Wille?! Ich konnte es nur darauf schieben, dass diese Influencerin einmal mehr nach jener Aufmerksamkeit aus war, die sie in ihrer Kindheit vermisste und zu ihrer Magersucht geführt hatte. Aber vielleicht ist es bei ihr ja einfach nur ein medizinisches Problem. Über Selbstzweifel könnte sie sich aber ganz sicher mit Meggie unterhalten. Bei dieser waren die Zweifel schon vor dem Wachwerden der Bilder Stammgast und wurden nun nicht weniger.

    Ein Eis gegen Suizidgedanken

    In der Klinik war unter Therapeuten und Patienten vom inneren Kritiker oder Richter die Rede, der einem ständig in den Ohren liegt, was mit einem alles nicht stimmt. Meggie hatte keinen Kritiker oder Richter in sich, sondern einen Henker. Ohne langen oder kurzen Prozess stand das Urteil immer schon fest: „Schuldig!“ Auch jetzt, wo sie wusste, dass sie Null schuld an ihrer Schieflage hatte, bekam sie keine mildernden Umstände. Schuldig, schuldig, schuldig. Nichts wert. Gegen Suizidumsetzungen musste sie sich immer mehr wehren, Versuche gab es.

    Ich war schon bei Hanna, der Frau mit dem Unfall, nicht gut darin, einem Menschen mit Suizidgedanken zu erklären, dass sich das Leben aus diesem oder jenem Grund doch lohnt. Wenn ein Mensch derart leidet und immer mehr leidet, bringe ich es nicht übers Herz, zu sagen: „Aber guck mal, heute ist es sonnig und da vorn gibts Eis!“ Vor allem bringe ich solche Durchhalteparolen nicht über die Lippen, wenn ich sehe, wie mit Menschen dicht am Abgrund umgegangen wird. Das, was wir als Gesellschaft bezeichnen, ist unglaublich gut darin geübt, sich empathisch, solidarisch, bunt, ökologisch, weltoffen, gutmenschelnd zu präsentieren. Seltsamerweise bin ich noch keinem Menschen begegnet, der das Leben lieber hinter sich gehabt und gesagt hätte: „Aber ich fühle mich so gut aufgehoben unter meinen Mitmenschen, dass ich bleiben will.“

    Viel mehr erlebte ich bei diesen Menschen, wie sie von Behörden – möglichst in Gendersprache – mit Papierbergen zugeschüttet wurden. Wie sie von Kranken-, Rentenkassen und Versicherungen unter sehr einfühlsamen Firmenslogans hin- und hergeschickt wurden nach dem Motto: „Wir wollen nicht zahlen, sollen die anderen machen! Wie Sie bis dahin über die Runden kommen?! Nicht unser Problem.“ Seltsamerweise fühlen sich dann Menschen nah am Abgrund genau wie psychisch Erkrankte ohne Suizidabsichten überflüssig, hilflos, entkräftet, ernüchtert, enttäuscht, einsam. Und ich soll unter solchen Umständen Meggie sagen: „Ach, das Leben kann doch schön sein. Jetzt gehst du halt paar Jahre durchs tiefste aller Täler, aber danach wird bestimmt die Sonne scheinen“?! Nee, das kann ich nicht.

    Warum die alten Sachen rauskramen?!

    Der Satz „Verdrängen heißt nicht vergessen“ stammt von einer Frau, die ich 2011 online kennengelernt hatte und die mich aus meinem Schildkrötenpanzer holte. Sie war die erste Frau in meinem Leben, bei der ich mich als Mann wahrgenommen fühlte, nicht als der Typ, der so gut zuhören kann. Wir schrieben viel über Gott und die Welt, über die Einschläge, die es auch bei ihr reichlich gab.

    Wir kannten uns ca. ein Jahr, als sie mir schrieb, dass da noch „ein Hammer“ sei, bei dem sie überlegt, ob sie mir davon schreibt. Ich reagierte mit einem lachenden „Oh je“ und wartete gespannt, was da kommt. Das Lachen verschwand ganz schnell, als sie den Hammer auspackte: Missbrauch mit 10, 11 Jahren. Also so ziemlich im gleichen Alter wie Meggie. Während Meggie sich mit Partnerschaften sehr schwer tat, war die Frau, die mich wachgeküsst hatte, verheiratet mit zwei Kindern.

    Doch von Normalität konnte auch bei ihr nicht die Rede sein. Ihr Mann hatte in meinen Augen narzisstische Züge, was sie selbst nicht so sah. Übergewicht, vor allem durch reichlich Eis essen, war auch bei ihr Thema. Auf schwierige Lebensphasen reagierte sie mit Flucht in die Arme anderer Männer. Kurz nach dem völlig überraschenden Tod ihres Mannes ging sie auf Flirtversuche eines anderen ein, der sein Glück schon ein Jahr lang versucht hatte, als der Ehemann noch lebte. Bis dahin hatte sie die Nase über Frauen gerümpft, von denen ich ihr erzählte und die immer wieder neue Partner haben mussten: „Wie kann eine Frau denn bitte so verzweifelt sein?!“

    Nach dem Tod ihres Mannes legte ich ihr dringendst ans Herz, zu einem Psychologen zu gehen. Neben dem Missbrauch im Kindesalter gravierte sich der frühere Tod ihres Vaters und der Suizid eines Freundes nach der Trennung in ihren Lebenslauf, zu dem Zeitpunkt war sie 20. Ihre Tochter verhielt sich als Kind aus meiner Sicht sehr auffällig, immer wieder gab es massive Wutausbrüche. Wenn Eltern ihre Traumata nicht bearbeiten, werden die Kinder meist zu den Erben dieser Einschnitte auf irgendeine Weise. Bücher über vererbte Traumata gibt es.

    Vor allem zum Wohle ihrer Kinder legte ich ihr den Gang zum Psychologen ans Herz. Den Tod ihres Mannes hatte sie mitverfolgen müssen, Geräusche der Wiederbelebungsversuche blieben in ihrem Ohr – das nächste Trauma war perfekt. Als sie mir 9 Monate nach dem Tod ihres Mannes schrieb, sie werde nicht zum Psychologen gehen und der neue Mann werde im kommenden Jahr bei ihr einziehen, beendete ich den Kontakt. Für mich war es, als hätte ich zugucken sollen, wie ein Betrunkener ins Auto steigt mit den Worten: „Ich fahre jetzt mal schnell durch diese kurvige Allee.“ Klar, das kann gutgehen. Aber mir ging es zu dem Zeitpunkt schon körperlich mies und ich wollte nicht warten, was diese Fahrt bringt.

    Als ich nun bei Meggie das Ende der unabsichtlichen Verdrängung erlebte und diese anhaltende Talfahrt, fragte ich mich, ob es nicht doch besser ist, wenn die alten Bilder im Archiv hinter Stahltüren bleiben. Ich sah keinen Nutzen für Meggie und verstand nicht, warum die Bilder gerade ab unserer Begegnung in der Klinik wach wurden. Bei Claire war es die Begegnung mit dem vermeintlichen Täter, der alles wachwerden ließ, aber bei Meggie schien es keinen Trigger zu geben, der den Staudamm zum Brechen brachte.

    Ihre Psychologin sagte, dass die Psyche es wohl jetzt für den richtigen Zeitpunkt hält. Aber auch das leuchtete mir nicht ein. Meggie war nicht kraftstrotzend mit überflüssiger Energie in die Klinik eingerückt. Da gab es keine Reserven, um mit ihnen einfach mal für paar Wochen ein Trauma anzugehen. Meggie hatte das, was ihr mit 10 passiert war, überlebt. Die Psyche hätte doch sagen können: „Ja, das war Scheiße, aber seitdem ist nichts mehr passiert, also lass uns das Leben ab heute genießen.“ Nein, das Bild musste raus, es musste zum Film werden mit allen Details. Wozu?

    Meggie unter Dauerfeuer

    Zu meinem Erstaunen sah und sieht Meggie das Ende der nie beabsichtigten Verdrängung als notwendiges Übel an, auch nach einem Jahr. Sie sagt nicht: „Ach wäre doch alles wie in den Tagen, bevor das Bild deutlicher wurde.“ Klar, wirklich gut ging es ihr auch da schon nicht, von normalem Leben war sie ein ordentliches Stück weit weg.

    Wir waren und sind uns einig, dass das Trauma nie verarbeitet sein wird im Sinne von „Da ist jetzt alles tippitoppi.“ Traumata sind nicht heilbar, sie können nicht aus dem Lebenslauf radiert werden. Die Narbe wird immer da sein. Für Meggie geht es um eine Bearbeitung, um eines Tages von den stärksten Folgen befreit sein zu können. Es wird auch dann immer wieder Momente geben, in denen sie sich seltsam verhält, weil da ein Gesicht auftaucht, ein Geruch, ein Wort. Doch es wird sie nicht mehr so lange und heftig aus der Bahn werfen – hoffentlich.

    Wer auch immer mit gut gemeinten Ratschlägen zu Meggie kommt, der sollte zuvor eintausend Mal Danke sagen, nicht in ihrer Lage zu sein.

    Ihr Wunsch, eines Tages Mutter zu sein, ist wohl ihre stärkste Versicherung vor einem selbstgewählten Tod. Ob diese Versicherung ewig hält, bleibt abzuwarten. So, wie die „Gesellschaft“ mit ihr umgeht, würde ich nicht mein bisschen verbliebenes Geld darauf wetten. Im Frühjahr ´24 war sie wieder in der Klinik, so wie sie es nun in regelmäßigen Abständen sein wird. Versprochen wurde ihr ein Einzelzimmer, weil sie eben inzwischen nicht mehr mit anderen im gleichen Raum schlafen kann. Gelandet ist sie in einem Zweibettzimmer. Sie solle so versuchen, ihre Ängste zu überwinden. Dabei mangelt es Meggie nicht an innerem, hochgradigem Dauerstress. Jede Minute Schlaf würde ein Krümel Hilfe sein. Doch so wanderte sie eben nachts über den Flur mit innerer Panik, versuchte mit der Zeit, auch im Zimmer zu bleiben, der Puls hoch.

    Versprochen wurden ihr 12 Wochen Aufenthalt. Kurz vor Ablauf der achten Woche wurde ihr der Entlasstermin für den übernächsten Tag mitgeteilt, für Meggie ein weiterer Schlag gegen den Kopf. Einige Schwestern zeigten sich absolut einfühlsam in Meggies Ausnahmezustand, andere Schwestern schienen Spaß daran zu haben, mit der Bombe zu spielen.

    Ein Gutachten zu einer von Ärzteseite klar verpfuschten Rücken-OP mit drastischen Folgen fiel zugunsten der Klinik aus, der Prozess sollte eingestellt werden. Ein Mensch, der in seiner Kindheit großes Unrecht erfahren musste, erfährt als Erwachsene großes Unrecht wegen Geld – genau so macht man Menschen kaputt, jagt sie auf Brücken. Nein, einfach macht man es Meggie nicht.

    „100% aller psychisch Erkrankten haben Wut in sich.“ Das sagte eine Psychologin, von der mir erzählt worden war. „Die meisten kommen aber nicht an diese Wut ran.“ Unterdrückte Gefühle waren auch Thema während meines Klinikaufenthalts. Vor allem bei Trauer und Wut reagierte mein Körper deutlich, dazu ein hohes Maß an Ungerechtigkeitsempfinden. Meggie kann die Wut nicht rauslassen, die auch in ihr kocht. Sie kann nicht in den Wald gehen und schreien, in der Klinik hatte sie es mit einem Therapeuten versucht, aber sich nicht getraut. Und ich merkte bei mir, dass man Energie braucht, um Wut rauslassen zu können. Energie dafür hat aber aber weder sie noch ich. Wenn überhaupt, dann richtet Meggie auch die Wut gegen sich selbst.

    Nur ein Ventil scheint für sie greifbar, angeboten von Rechtspopulisten. Eine Partei, in deren Wahlprogramm psychisch Erkrankte nur vorkommen, wenn es um importierte Messerstecher geht. Eine Partei, in der Meggie am wenigsten Verständnis finden würde für ihre Problematik – von anderen Parteien wäre allerdings nicht haufenweise mehr Einfühlungsvermögen zu erwarten. Macht das Sinn? So wenig wie Selbstverletzungen – aber alles hat einen Grund. Auch das Rauslassen von Wut ist selten ein mit Vernunft verbundener Akt. Wer Parteien entzaubern will, die von Wut/Hass auf andere leben, muss dafür sorgen, dass Kinder psychisch gesund ihr Elternhaus verlassen können.

    Wie hättest Du Dein Kinderzimmer verletzungsfrei verlassen können?

    „Ich hoffe, dass wir in paar Jahren sagen können: War das eine irre Zeit damals …“, schrieb ich Meggie ein Jahr nach unserer ersten Begegnung. „Damals haben wir Flaschen drehen gespielt mit ziemlich eindeutigen Fragen und du warst mit dabei. Heute würdest du wohl nicht mitmachen, oder?“

    „Nein.“

    Ihr Leben hat sich extrem verändert – dabei ist ihr in diesen 12 Monaten nichts Dramatisches passiert. Nur ein 20 Jahre altes Bild wurde wach. Nur.

    „Nach so vielen Jahren musst du das doch abhaken können?!“ Wer das sagt, sollte nach den Einschlägen in der eigenen Kindheit Ausschau halten und den roten Faden zu heutigen, seltsamen Verhaltensweisen suchen. Sie sind ganz sicher da. Jede psychische Erkrankung entsteht durch einen Einschlag in der Kindheit. Das braucht nicht Missbrauch sein, auch nicht andere Formen von Gewalt, kein Einsperren im Keller.

    „Haben Ihre Mutter und Ihr Vater die Bedürfnisse nach Zuneigung, Sicherheit, Geborgenheit, Anerkennung erfüllt?“, so ist das Grundprinzip jeder Therapie. Stell dir diese Frage selbst, suche nach der Antwort. Wenn sie „Nein, meine Mutter/mein Vater waren nicht da für mich“ lautet, dann wirst du auch den roten Faden finden können, der aus deinem Kinderzimmer hin zu deinen heutigen „Special Effects“, also deinen Eigenheiten führt. Deinen Schuldgefühlen, deinen Schamgefühlen, deinen Ich-bin-nichts-wert-Gefühlen, deinen Ängsten, deiner Wut, deinem Hass, deinem Drang nach Aufmerksamkeit, deiner toxischen Beziehung, deinem Narzissmus, deiner Sucht, deinen Depressionen, deinem Borderline, deiner bipolaren Störung. Du kannst nichts davon einfach mal abhaken und damit nicht das, was in deiner Kindheit passiert ist.

    Und stell dir die Frage: Wie hättest du ohne Verletzungen dein Kinderzimmer verlassen können? Was wäre dazu nötig gewesen, ganz praktisch? Die Antwort darauf würde dir sagen, was du heute selbst machen solltest, wenn du Kinder hast oder welche planst. Und wenn deine Antwort einfach nur lautet: „Ich hätte die Anerkennung von Mum/Dad gebraucht“, dann frage dich, ob deine Eltern einen Schalter hatten, mit dem man Empathie, Fürsorge, Zuneigung, Liebe ein- und ausschalten kann. Lautet die Antwort darauf „Nein, den Schalter gab es nicht“, dann suche weiter nach einer wirklich praktischen Antwort. Wenn diese anders ausfällt als „Sie hätten zum Psychologen gemusst, um ihre eigenen Verletzungen/Traumata zu bearbeiten“, dann lass es mich bitte wissen. Bis dahin bleibt meine einzige Lösung: Sie hätten das machen müssen, was Meggie macht.

    Babys sind nicht die Lösung deiner Probleme. Sie sind die Erben deiner Probleme.

    Ich schreibe für mein Leben gern, der Umgang mit Worten erzeugt ein gutes Gefühl in meinem Hirn. Nur würde ich viel lieber Geschichten schreiben voller knisternder Erotik zwischen Menschen auf Augenhöhe, ohne Abhängigkeiten aus Kindheitsenttäuschungen. Das Verherrlichen toxischer Beziehungen inklusive wundersamer Selbstheilung von Narzissten wirst du von mir niemals lesen, auch nicht in 50 Schattierungen von Grau. Ich würde gern Geschichten schreiben zum Schieflachen. Geschichten über Paralleluniversen, wo mein Parallel-Ich ohne Hasenpfote doch noch die Frau aus der Klinik bekommt und mit ihr zu zweit Flaschen drehen spielt. Geschichten über die Leichtigkeit des Daseins. Aber Meggie existiert und ihre Geschichte ist die Geschichte vieler Menschen, für die sich kein Schwein interessiert und deren Leben ein Gang auf Messerspitzen ist.

    „Kann es sein, dass Sie Frauen retten wollen?“, fragte mich meine Psychologin. So, wie sie es mir erklärte, klang es nachvollziehbar: „Sie haben in Ihrer Kindheit eine schwache Frau – Ihre Mutter – erlebt, die unter einem despotischen Mann – Ihrem Vater – zu leiden hatte. Eigentlich hätte Ihre Mutter SIE retten müssen, aber als Kind glaubten Sie, dass Sie Ihre Mutter beschützen müssten. Und deshalb kümmern Sie sich heute so um Frauen, vergessen sich dabei aber selbst völlig und sind dadurch so im Arsch.“

    So plausibel das klang, bin ich inzwischen etwas anderer Ansicht. Ich möchte nicht Frauen retten, sondern Kinder davor bewahren, den gleichen Scheiß durchmachen zu müssen wie ich und wie andere. Bei erwachsenen Frauen, die gerettet werden müssten, ist das Kind ja schon längst im Brunnen gelandet, sie hätten genauso wie ich als Kind andere Umstände gebraucht, um heil das Kinderzimmer verlassen zu können.

    Und wann immer sich heute Prominente, die einzig und allein nach Aufmerksamkeit zu gieren scheinen, mit Babys zeigen, überkommt mich starkes Mitleid mit diesen Kindern. Genauso geht es mir mit Kindern, die in vergifteten Beziehungen geboren werden. In meiner Kindheit gab es den Begriff „toxische Beziehung“ noch lange nicht, aber er trifft auf meine Eltern absolut zu. Eine Beziehung weit weg von Augenhöhe. Ich weiß, wie es sich als Kind in einem solchen Klima lebt und wie laut das Echo ist weit in die Zeit des Daseins als Erwachsener.

    Mach, was Meggie macht

    Aus Opfern werden Täter. Auch das sollten uns die Geschichten real existierender Menschen lehren. Dazu brauche ich mir nur die Geschichte meines Vaters ins Gedächtnis rufen. Wer keine Opfer will, muss dafür sorgen, dass es keine Täter gibt. Warum fing Meggie mit ca. 12 an, andere zu mobben, zwei Jahre nach dem Missbrauch? Einfach nur Pubertät? Oder musste die erlittene Verletzung „raus“, die Wut? Wollte sie hart sein, um nicht selbst wieder verletzt zu werden?

    Wenn Meggie ihre Trauma-Bearbeitung überlebt, wird sie – hoffentlich – keinen Partner brauchen, der ihren schwachen Selbstwert schamlos ausnutzt, was das Markenzeichen toxischer Beziehungen ist. Meggie wird – hoffentlich – den inneren Henker los und ihn durch einen Berater ersetzen, der ihr Tipps ohne Anspruch auf Unfehlbarkeit gibt. Die Selbstverletzungen werden verschwinden – hoffentlich restlos. Mit dem Abschied vom Henker wird sie – hoffentlich – weniger Zucker brauchen, weil weniger Stress anfällt. Sie wird abnehmen, der Blick in den Spiegel wird angenehmer. Sie wird Komplimente annehmen können, wenn auch am Anfang dezente. Die langsame Veränderung wird ihr guttun, kleine Rückschläge nicht ausgeschlossen. Männer werden in ihr nicht mehr pauschal Angst auslösen. Ob jener, der heute sehr geduldig wartet, dann noch im Rennen sein wird, bleibt abzuwarten. So wie sie ihn beschreibt, scheint er zu den sehr wenigen Menschen (m/w/d) zu gehören, die beziehungstauglich auf Augenhöhe sind.

    Wenn Meggie ihre Trauma-Bearbeitung überlebt und eine Beziehung auf Augenhöhe eingehen kann, wird sie deutlich weniger Ballast an ein eigenes Kind vererben und dem Kind ein angenehmes, giftfreies Kinderzimmer bieten können. Die Gefahr, dass dieses Kind eines Tages Täter wird, wäre deutlich geringer – z.B. ein Täter wie der an Meggie. Sie hat in ihrer Hand, ob ein Erbe ihrer Geschichte irgendwann jemandem etwas Ähnliches antut wie ihr angetan wurde. Würde jeder seine Traumata bzw. schmerzhaften Erfahrungen aus der Kindheit bearbeiten unter professioneller Hilfe, anstatt sie der nächsten Generation in die Wiege zu werfen, sähe die Welt deutlich anders aus. Eigentlich sollten wir heilfroh sein, dass Meggie sich das antut. Eigentlich. Und eigentlich sollten wir ihr auf diesem Weg sämtliche Steine wegräumen, anstatt neue hinzuschmeißen. Eigentlich.


    Den Blick hinter die Gardinen mit 80 weiteren Biografiesplittern gibt es in meinem Buch:

    In 18 Stunden verstehst Du diese irre Welt.

    Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?

    Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!

    Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)

    Noch viel mehr Lesestoff zum Buch „Verrückt – ein Aufschrei“ findest Du hier:

    Mach, was Meggie macht.

    Mach, was Meggie macht.

    „Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    Sei fleißig, dann stirbst du.

    „Ich habe mich gefreut, wenn Papa fünf Minuten Zeit für mich hatte.“ Jens hat den Arbeitseifer seines Vaters geerbt und wird in sechs Jahren sterben.

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Herr Doktor tötet seine Kinder

    Suizid kann Freiheit bedeuten. 2020 hat Ulli die erste freie Entscheidung seines Lebens getroffen. Dieser Neubeginn bedeutete seine Freiheit. Und sein Ende.

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Das Märchen von der selbstverständlichen Mutterliebe

    Saskia gibt mit Ü40 die Hoffnung nicht auf, von ihrer Mum ein nettes Wort für ihr Dasein zu hören. Bettina bekam mit 20 ein Kind, um ihrem Elternhaus zu entkommen – und lebt seitdem in den gleichen Verhältnissen.

    Woher kommt Hass?

    Woher kommt Hass?

    Natascha Kampusch als Hassobjekt?! Das macht keinen Sinn – doch beim Zuhören erklärt sich auch beim Thema Hass, wie sich unsere „Special Effects“ entwickeln.

    Wie entsteht Sucht?

    Wie entsteht Sucht?

    Annie ist 16, 1,70 m, 40 kg. Ihr Vater versteht nicht, warum sie nicht einfach mehr isst. Er selbst steckt jeden Monat 500 Euro in sein Onlinespiel. Annies Mutter vermeidet Diskussionen mit ihm über ihr Rauchen. Verstehen des jeweils anderen? Fehlanzeige.

    Verrückt – Das Interview

    Verrückt – Das Interview

    Frage: Was muss passieren, damit diese Welt weniger verrückt ist? Antwort: Wir müssen zuhören lernen. Oder wir verbieten das Kinderkriegen.

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    #verrückt: Von Opfern und Tätern

    Jochen wäre fast ertrunken, der Vater zerrte ihn wieder ins Wasser. Opfer und Täter, weiß und schwarz. Doch ist es wirklich so einfach?

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

    Die Familie – Erfahre mehr über uns.

    2020 (2) 2022 (2) 2024 (2) Aluthutträger (2) Aurelie Joie (10) Ballast (2) beileid (1) bipolare störung (3) bipolare Sörung (2) corona (3) Covidioten (2) Depression (4) einsamkeit (1) falsche Vorbilder (1) fightforlove (1) freiheit (2) geduld (1) gefühle (10) gendern (4) Hass (3) hilflosigkeit (3) Journalismus (5) Kindheit (5) liebe (2) macht der worte (1) manie (3) meinestimmegegenignoranz (19) missbrauch (2) mitgefühl (1) narzisst (5) Politiker (3) psychische Erkrankungen (11) selbstbewusstsein (1) selbstverletzung (2) selbstzweifel (2) suizidgedanken (1) tot (3) trauer (2) Vater & Sohn (2) verrückt (22) verschwörungsmythen (3) verständnis (4) vertrauen (1) wird nicht besser (3) zu spät (1)

  • Malzeit

    Per Klick vergrößern.

  • Post von Papa

    Post von Papa

    „Hi. Kann ich mich zu dir setzen?“

    „Okay.“

    „Was machst du hier?“

    „Ich warte auf Post.“

    „Oh, dann ist es wohl was Wichtiges.“

    „Kann man so sagen.“

    „Ein Liebesbrief?“

    „Post von Papa.“

    „Ah, cool. Schreibt er oft?“

    „Nein.“

    „Aber er hat dir Bescheid gegeben, dass er schreibt?“

    „Nein.“

    „Oh. Wie lange wartest du schon?“

    „Hmm … Seit ich Kind war.“

    „Autsch. Dann hast du wohl viel Geduld.“

    „Eigentlich nicht.“

    „Was macht dich optimistisch, dass er noch schreibt?“

    „Naja … Er ist mein Papa.“

    „Verstehe. Kann er schreiben?“

    „Was?!“

    „Naja, kann ja sein, dass er gar nicht schreiben kann und du wartest und wartest und hoffst. Du siehst nicht wirklich glücklich aus.“

    „Hmm …“

    „Eigentlich könnten wir hier zusammen warten auf Post von unseren Vätern. Seltsamerweise habe ich nie auf einen Brief von meinem gewartet. Ich hab glaube schon als Kind eingesehen, dass er nicht schreiben kann. Seit paar Jahren weiß ich auch warum. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, seine Mutter ging viel arbeiten und hatte kaum Zeit übrig – und auch nicht wirklich viel Liebe für ihre Kinder. Mein Vater hat dadurch nicht gelernt, wie man schreibt. Ich verstehe, dass ich nie Post von ihm bekam – was nicht heißt, dass ich Verständnis dafür habe im Sinne von Sein Verhalten entschuldigen.

    „Und was hast du davon?“

    „Naja, ich denke, es hat mich frei gemacht.“

    „Wie das?“

    „Ich kann rumsitzen, ohne auf etwas zu warten. Ich hatte 20 Jahre keinen Kontakt zu ihm, hab ihn dann wiedergesehen und gemerkt, dass er sich Null geändert hat. Er hätte nicht mal ansatzweise verstanden, wieso ich mir Post von ihm gewünscht hätte, wieso das wichtig sein soll. Und so läuft das bei so ziemlich allen Menschen. Wir lernen das Schreiben nicht, nur weil wir älter werden. Und wir lernen auch nicht einfach so, wie wichtig es ist, seinen Kindern mal zu schreiben – selbst wenn uns selbst ein Brief als Kind gutgetan hätte.“

    „Hmm …“

    „Was würde passieren, wenn dein Vater doch noch schreibt?“

    „Es wäre einfach schön.“

    „Du hast doch sicher auch Post von anderen bekommen?!“

    „Ja. Wobei …“

    „Was?“

    „Ich hab viel dafür getan, dass sie mir schreiben.“

    „Zu viel?“

    „Denke ja. Hat viel Energie gekostet.“

    „Hat es sich wenigstens gelohnt?“

    „Hmm … Nicht wirklich.“

    „Weiß dein Vater, dass du wartest? Also hast du ihm gegenüber auch viel getan, damit er doch noch schreibt?“

    „Als Kind ja. Hat aber nicht geholfen.“

    „Wenn ich erraten könnte, was du dir in dem Brief zu lesen erhoffst und ich würde dir das ehrlichen Herzens so schreiben: Würde das Sinn für dich machen?“

    „Wie meinst du das?“

    „Du hast dir die Briefe, die du bisher bekommen hast, immer hart erarbeitet. Wenn dann jemand von sich aus Ähnliches schreibt, ohne dass du vorher die Welt aus den Angeln heben brauchst: Würde dir das was geben?“

    „Gute Frage …“

    „Oder würde eine Stimme in dir sagen: Nee, nee, du hast so einen Brief gar nicht verdient, wenn du dir vorher nicht den Allerwertesten aufreißt?“

    „Hmm …“

    „Sorry für die vielen Fragen, ich geh wohl lieber wieder, will dich nicht nerven. Ciao.“

    „Moment. Würdest du mir schreiben?“

    „Klar. Aber nur, wenn du eine Sache machst.“

    „Hmm, okay.“

    „Du reißt dir nicht den Allerwertesten auf dafür.“

    „Du bist doof.“

    „Und du kannst ganz gut lächeln.“

    Weitere Tagebuchseiten, in die Du gern reinschauen darfst:

    Du & ich

    Du & ich

    In einem liegen wir gerade lachend im Schnee, in einem anderen lehnt dein Kopf an meinem. In einem bist du Papst und ich dein Leibwächter, in einem anderen sind die Rollen vertauscht.

    Brief an Dich

    Brief an Dich

    Du trägst mich auf deinen Schultern durch gute und schlechte Zeiten. Wir haben keine Liebesbeziehung, sind eine Zweckgemeinschaft mit gewissen Vorzügen.

    Ein Witz

    Ein Witz

    In mitten des Ozeans sinkt nach heftigen Stürmen ein Boot ganz langsam. Der Mann darin ist erschöpft, er bekommt den Kahn einfach nicht mehr leer, so sehr er sich bemüht. Ein zweites Boot nähert sich, der Mann schöpft Hoffnung – Rettung in Sicht nach langer Zeit. Der andere Mann kommt immer näher, grüßt kurz, schaut: […]

    Der Stein vor mir.

    Der Stein vor mir.

    Vor mir liegt ein Stein. Kein kleiner Kiesel. Er lässt mich nicht vorwärts kommen – oder schützt er mich?

    Mein liebes Leben

    Mein liebes Leben

    Wir hatten es selten leicht miteinander, du und ich. Von Liebesbeziehung konnte kaum die Rede sein, mein liebes Leben.

    Hör auf mit dem Scheiß

    Hör auf mit dem Scheiß

    Wenn dein Ego nie wachsen konnte, ist es dir eben egal, wie ehrlich ein „Ich liebe dich“ ist. Hauptsache, du bekommst es zu hören.

    Von Worten und Narben

    Von Worten und Narben

    „Die langen Ärmel ihrer Bluse rutschten nach unten, als sie in ihrer Freude die Hände noch oben riss.
    Er sah ihre Narben am Handgelenk …“ – Wie geht es wohl weiter?

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    Mein Beileid (für die Angehörigen)

    „Wie konnte sie nur? Ja, ihr ging es dreckig, aber was sollten wir denn machen? Mein tiefempfundenes Beileid. Sag´ Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Jetzt muss ich erstmal los.“

    Lady in Red

    Lady in Red

    Im dunklen Wasser des kleinen Sees versinken Nachtgedanken, heißt es. Doch aus ihm können auch zauberhafte Wesen steigen.

    Ich bin tot.

    Ich bin tot.

    Ich hab´s geschafft: Ich bin tot. Endlich kann ich machen, was mir Freude am Leben gibt.

    Du brauchst ein offenes Ohr?

    Jeder Mensch hat zwei Ohren. Nur was wir damit anfangen, ist recht unterschiedlich. Umso erleichternder ist es in Krisenzeiten, wenn du jemanden findest, der zuhören kann. In den letzten Jahren lernte ich, dass dies wohl meine Superkraft ist. Diese biete ich Dir hier an.

    #MeineStimmeGegenIgnoranz

    #MeineStimmegegenIgnoranz – leise Version
    MeineStimmegegenIgnoranz – laute Version

    1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.

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