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Mach, was Meggie macht.
„Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.
Crowdfunding für das Buch „Verrückt – ein Aufschrei“
Nicht zuletzt durch die Serie „The Big Bang Theory“ ist sie zur berühmtesten Katze der Welt geworden, die nie ein Mensch gesehen hat: Schrödingers Katze. Das Tier sitzt in einem Karton, zusammen mit tödlichem Gift. Das Gift kann jederzeit freigesetzt werden. Solange du nicht in den Karton schaust, weißt du nicht, ob die Katze noch lebt. Du stehst daneben und auch wenn du weißt, dass das Tier entweder lebt ODER tot sein muss, ist die Katze für dich eigentlich beides: tot UND lebendig.
Im Gegensatz zur Katze in diesem Gedankenexperiment des Physikers Erwin Schrödinger lebt Sophie tatsächlich – oder sie lebte. 2015 lernte ich sie kennen, sie schrieb mich auf einer Plattform an, bei der es ums Unterhalten geht, aber die vor allem zur Suche nach dem passenden Deckel genutzt wird. Ihr Name war mit einer Warnung versehen: Ich sollte darauf achten, dass Sophie noch nicht 18 ist. Als sie mich – zu dem Zeitpunkt war ich 43 – anschrieb, glaubte ich an eine Falle: Wollte mich jemand in irgendetwas locken und mich zu erpressen?! Warum würde eine 25 Jahre jüngere Frau Kontakt zu mir suchen?! Doch es war keine Falle, Sophie war echt, knapp 18.
Sie lebte rund 300 km entfernt von mir – oder sie lebt noch immer dort. Warum die Frage offen ist bei einer so jungen Frau? Weil sich viel Gift im Karton mit Sophie befand. Mit 12 stand sie auf dem Balkon, sprungbereit. Vier Briefe hatte sie zuvor geschrieben. Ihr Karton war die Familie, die eigentlich ein sicherer Raum sein sollte. Ihr Gift waren ihre Eltern, ihr Bruder. Ein halbes Jahr hatte dieser Sophie immer wieder geschlagen. Die Eltern wussten davon, doch es war ihnen egal. Und so stand Sophie auf dem Balkon, zum Abschied bereit. Liebe, Zuneigung, Anerkennung fand sie bis dahin weder bei ihrer Mutter noch bei ihrem Vater. Entsprechend winzig war ihr Selbstwert. Wenn dich deine eigenen Eltern mobben, kannst du nichts wert sein.
Sophie sprang nicht. Doch sie glaubte, sie würde nicht älter als 27. In dem Alter starben Musiklegenden wie Janis Joplin, Kurt Cobain und Amy Winehouse. Sophie war nicht krank – nicht körperlich. Ihre Psyche war jedoch schon früh ein Trümmerfeld, sturmreif geschossen von jenen, die sie in diese Welt gesetzt hatten.
Entsprechend viel Kraft verlangte ihr die Ausbildung zur Altenpflegerin ab, aber auch das Leben an sich. Immer wieder tauchte sie länger ab, um sich dann mit einem neuen Account zurückzumelden. Zeitweise zog sie bei ihren Eltern aus und bei ihrer Oma ein. Diese schien der einzige Halt in der Familie für Sophie, wurde aber irgendwann „wunderlich“, teils giftig, vielleicht eine Alterserscheinung.
Immer wieder gab es psychische Einbrüche, Selbstverletzungen. Wirklich gut ging es ihr nie. Einem Kumpel zuliebe ging Sophie für kurze Zeit zu einer Psychologin. Doch diese kam ihr irgendwann „zu nah“. Mit ihren Fragen drohte die Therapeutin offenbar eine Tür bei Sophie zu öffnen, die diese aber geschlossen lassen wollte. Was genau sich hinter der Tür verbarg, konnte sie nicht sagen, es war ein absolut ungutes Gefühl und so brach Sophie die Besuche ab.
Für mich war Sophie wie eine Begegnung mit meinem 18-jährigen Ich. Ich stellte mir immer wieder vor, was ich hätte in diesem Alter gebraucht, um mein Schneckenhaus verlassen zu können. Erst mit 38 hatte ich erstmals das Gefühl, von einer Frau als Mann wahrgenommen zu werden, nicht nur als der gute Kumpel, der so gut zuhören kann. Diese kopfinterne Veränderung von einem Neutrum hin zu einem Mann bewirkte viel, löste eine Kettenreaktion aus, die ich mir rückblickend viel eher gewünscht hätte. So versuchte ich Sophie, nicht als Teenager, sondern als Frau wahrzunehmen und ihr das auch so zu vermitteln.
Anfang 2020 tauchte sie nach langer Stille wieder auf. Ohne Worte schickte sie mir das Foto eines Briefs, in welchem ihr zur bestandenen Prüfung zur Altenpflegerin gratuliert wurde. Ich fühlte mich versetzt in die Rolle ihres Ersatzvaters und gab mein Bestes, um ihren durchschimmernden Stolz auf den Abschluss und das Durchhalten der Ausbildung zu bestärken und ihr mageres Selbstbewusstsein ein wenig zu füttern. Wenn sie über ihre Arbeit schrieb, war immer wieder ein „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“ zu spüren. Mein Vater war zu dieser Zeit selbst in einem Pflegeheim, wodurch ich ein klein wenig Einblick in die Arbeit des Personals hatte und Sophies Schaffen besser nachvollziehen konnte.
In den Tagen darauf präsentierte sie mir ihre neuen Schuhe, ganz in weiß. Auffällige Farben trug Sophie schon in den Jahren zuvor nicht. Auffallen wollte sie nie, lieber unsichtbar sein.
„Hab 5 Kilo abgenommen“ – mit ihrem Gewicht war sie nie glücklich, mit ihrer Figur kam sie nicht klar. Trotzdem hatte sie mir 2015 Fotos geschickt, von einem Kumpel gemacht. Einerseits fühlte ich mich damals geschmeichelt, denn solche Bilder hatte mir zuvor keine Frau geschickt. Andererseits hoffte ich, dass sie mit diesen Fotos nicht leichtfertig umgehen würde, auch wenn ihr Wunsch nach positivem Feedback verständlich war, so wie die Anerkennung im Elternhaus gegen Null ging.
Wer sein Kinderzimmer ohne gesundes Selbstbewusstsein verlässt, betritt Umwege zum Glück, die immer Wege ins Unglück sind. Du willst endlich Aufmerksamkeit, einen Hauch von Zuneigung, Liebe – all das, was du bisher nie bekommen hast.
Dafür nimmst du Sachen in Kauf, die dir am Ende nicht gut tun, ob toxische Beziehung, Sucht oder andere Umwege zum Glück. Wann immer es um Sophies Figur ging, versuchte ich vorsichtig, ihre großen Selbstzweifel ein wenig geradezurücken, brachte dabei die Bilder von 2015 in Erinnerung. Doch das Selbstbild hing dank ihres Elternhauses verdammt schief, mit langen Nägeln festgeklopft. Sie wolle bloß nicht so dick werden wie viele Pflegerinnen, denen sie begegnet war. Ihre Essgewohnheiten schwankten zwischen Magerkost und Pizza nebst Energy-Drink. Als Fan von geregelten Mahlzeiten wünschte ich ihr jemanden an die Seite, mit dem sie eine Balance finden konnte – beim Essen wie im ganzen Leben.
Und einen potentiellen Kandidaten hatte Sophie inzwischen gefunden. Er wohnte nicht weit weg von ihr, sehr ländlich. Ihrem Hang zu mehr oder weniger älteren Männern war sie treugeblieben, 10 Jahre trennten beide. „Dieses Jahr kriegst du den Antrag, damit wir nächstes Jahr heiraten“, zitierte Sophie ihren Freund. Er wolle ein Kind, wenn es ein Junge wird, soll er Finn heißen. Sophie bevorzugte „Jonas“. Ich schrieb zwischendurch: „Gut, dass ihr es nicht eilig habt.“ Zu meiner leichten Beruhigung trat Sophie selbst etwas auf die Bremse: „Lass irgendwas sein und man merkt, das Zusammenleben funktioniert nicht …“
Bis zu dieser Zeit Anfang 2020 hatte ich reichlich Geschichten gesammelt mit dem Muster „Ich will ein Kind und Familie, dann wird endlich alles gut.“ Nur wurde es nie gut. Babys sind nicht die Lösung deiner Probleme, sie werden zum Erbe deiner Probleme. Ja, diese süßen Gesichter scheinen jeden Schmerz vergessen lassen zu können. Eine Frau, die als Teenager von ihrem Vater missbraucht worden war, ging diesen Weg. Auch sie glaubte, mit einem Kind werde alles gut. Das Kind war da, der Partner im Streit weg und die Frau merkte immer mehr, dass die alten Wunden nicht durch ein Kind geheilt werden.
Sophie hatte in den 5 Jahren zuvor immer wieder davon gesprochen, so bald wie möglich Mutter werden zu wollen – gleichzeitig glaubte sie, nicht älter als 27 zu werden. Ich gönnte ihr jedes Glück der Welt, aber ich gönnte keinem Kind, unter diesen Umständen geboren zu werden. Wer mit sich selbst nicht klarkommt, kann einem Kind nicht vorleben, wie es mit sich selbst klarkommt. Wer keinen Selbstwert hat, kann keinen Selbstwert weitergeben. Und so wünschte ich Sophie, dass sie von ihrem neuen Freund gut behandelt wird, aber dass sich die Familiengründung noch weit in die Zukunft verschieben würde.
Mitte Februar 2020 tauchte Sophie wieder ab. Im Gegensatz zu früher versuchte ich dieses Mal, ihr Verschwinden positiv zu sehen. „Wenn sie sich nicht melden, geht es ihnen gut.“ Ich glaubte, dass nun der neue Freund meine „Aufgaben“ übernommen hatte und Sophie so glücklich wäre, wie es unter ihren Umständen möglich war.
Anfang September 2020 war sie wieder da – und sie klang alles andere als glücklich. Sie sei wieder Single. Meine Antwort: „Autsch. Woran ist es mit dem jungen Mann auf dem Lande gescheitert? Hoffentlich nicht wieder so ne Nummer mit ner anderen wie der eine.“
Sophie: „Er ist nun Papa seit knapp nem Monat.“
Ich: „Ääähm, dank dir?!“
Sophie: „Nein. Ähnliche Situation wie 2017… Nicht getrennt, aber schon mit einer anderen zusammen. Ich ziehe sowas wohl magisch an. Aber es in Ordnung.“
Nichts war in Ordnung. Der Sohn wurde im Juli geboren – von der Ex des Freundes, von dem mir Sophie im Februar geschrieben hatte. Die Ex war damals ungefähr im 4. Monat schwanger – und der Freund schmiedete gleichzeitig mit Sophie Pläne über eine Familie, schwafelte von Heirat.
„Ich befinde mich derzeit in der schwierigsten Downphase, die ich bisher hatte … Ursache? Ich weiß es nicht“, schrieb Sophie. „Ich bekam im März dann auch Schlafprobleme bis Anfang August … wenns gut lief insgesamt 2-3 h geschlafen. 2-3 Tage wach war nicht mehr unnormal … abschalten ging nicht mehr. Ab 12 Uhr gearbeitet meist bis 23 Uhr… – freiwillig Juli, dann Diagnose Burnout die ich hinnahm aber ehrlich? … ich glaube nicht dran. Ja ich bin nicht mehr wirklich leistungsfähig bzw. belastbar aber es liegt größtenteils daran das ich kaum Zeit für einen Ausgleich habe und hier sowieso alleine lebe und jetzt nach knapp 12 Monaten anfange, den Ort kennenzulernen.“
Für mich stand außer Frage, dass die Trennung und vor allem die erneute heftige menschliche Enttäuschung die Gründe waren für die Schlafprobleme und Sophies rauschende Talfahrt. 2010 erlebte ich selbst drei Monate, in denen ich maximal 1-3 Stunden pro Nacht schlief. Genau wie bei Sophie ging eine extreme menschliche Enttäuschung voraus. Immer wieder dachte ich beim versuchten Einschlafen: „Wie kann ein Mensch so falsch sein …“
Doch Sophie wollte keinerlei Zusammenhang sehen zwischen dem „Übrigens werde ich Papa mit meiner Ex“ und den schlaflosen Nächten: „Es lag definitiv nicht an der Trennung. Hingenommen und alleine weiter gemacht. Mir ist das ehrlich gesagt alles Schnuppe und ich bin sehr gleichgültig geworden was auch okay ist.“
Mein Schlaf kehrte 2010 erst zurück, als ich mir sagte: „Ach egal, ob ich diese Nacht schlafe, leg ich mich halt tagsüber hin … Scheiß drauf …“ Meine Selbstständigkeit machte dies möglich, Sophie musste weiterhin auf Arbeit funktionieren. Ohne Gleichgültigkeit hätten sich meine Schlafstörungen immer weiter gezogen, weil ich weiterhin im Stressmodus gewesen wäre: „Du musst doch endlich mal wieder schlafen!!!“ Stresshormone verjagen aber Schlafhormone. Als der Schlaf zurückkam, blieb eine Leck-mich-am-Arsch-Einstellung, offenbar ein Selbstschutz der Psyche. Genauso blieb eine permanente Benommenheit bis heute, als würde man nachts um 2 aufstehen: Man funktioniert, aber irgendwie ist man nicht klar da.
Und es zeigten sich in der Zeit nach den schlaflosen Monaten zwei Autoimmunerkrankungen. In meinem Blut fanden sich Antikörper, die die Schilddrüse angreifen können und verschiedene Stellen meiner Haut wurden nicht mehr braun im Sommer, Diagnose: Vitiligo. Und auch hier sollte sich bald eine Parallele finden zu Sophie, nur dass es sie deutlich heftiger erwischte.
Wieder verschwand Sophie, dieses Mal nur einen Monat. Anfang Oktober 2020: „War heute beim Arzt… Verdacht auf Blutarmut… richtig nett.“
14 Tage später: erhöhte Entzündungwerte. Sophie beschrieb nun auch Symptome, die sie seit der Schlafentzug-Phase hatte: Schwindel, kraftlose Beine, unwillkürliche Zuckungen, neuerdings „zeitweise Blindfisch“: „Ich falle ab und zu um, vors Waschbecken, gegen Küchenschränke, vors Sofa, auf dem Weg zum Klo. Montag lag ich halb aufm Sofa und wurde hochgezogen, weil ich am Zucken war. Ich bin dann sofort wieder ansprechbar und kann reagieren. Passiert meist 1 bis 2 Mal am Tag. Licht aus und Tschüss.“
Wieder zwei Wochen später: Sophie schickte mir Fotos von der Kardiologie-Abteilung – nicht als Pflegerin, sondern als Patientin: „Es liegt wahrscheinlich eine Verengung der Halsschlagader vor. Am Mittwoch geht es wohl auf die Neurologie, Schädel-MRT war auffällig, Verdacht auf Multiple Sklerose.“
Vier Tage später: „MS konnte ausgeschlossen werden, dafür wurde eine hochgradige Gefäßwandentzündung festgestellt. Da bekomme ich demnächst Kortison. Macht ja nur das Immunsystem kaputt xD Nach der Entlassung gibts engmaschige Kontrolle beim Gefäßdoc. Ultraschall auch erledigt, um zu sehen, ob die Gefäße sich geweitet haben. Ist eher selten mit dieser Gefäßwandentzündung im europäischen Raum. Die Ärzte können es sich nicht erklären, da ich weder rauche, nur selten Alkohol trinke und relativ gut auf meine Ernährung achte. Drogen auch nicht. Und trotzdem Aneurysma im Kopf … Durch das bin ich umgekippt, weil das Hirn nicht richtig versorgt wird. Am Hals verengte Schlagadern, da bekomme ich Stents eingesetzt. Bluthochdruck am Bein, zu niedriger Blutdruck in den Armen. Gutartige Zyste am Eierstock, paar Gallensteine. Weiter arbeiten in der Pflege wird mir abgeraten, Ausbildung alles umsonst. Bekomme hier einige Mitleidsblicke.“
Zwei Tage später: „Bleibe länger. Ultraschall ergab, das es zwar eine Verbesserung gab aber auch gleichzeitig eine Verschlechterung. Irgendwann schaltest du ab und verdrängst, was der Doc zu dir sagt und lässt nur noch zu. Nach der Entlassung komme ich wenige Wochen später nochmal für einige Tage her … um dann kurz darauf ambulant weiterzumachen. Wurde heute entschieden.“
Einen Tag später: „Diagnose steht fest: Vaskulitis.“
Bei dieser Autoimmunerkrankung greifen körpereigene Zellen die Wände der Adern an. Die Gefäßwandentzündungen bei Sophie, die sich die Ärzte bis dahin nicht erklären konnten, waren nun kein Rätsel mehr – aber ein großes Problem. Autoimmunerkrankungen sind bisher nicht heilbar, man kann nur versuchen, die Symptome abzufedern. Und es gibt immer wieder Schübe, also Phase, in denen der Körper sich selbst stärker angreift. Bei Vitiligo wird dann das optische Problem größer, bei Adern wird es lebensgefährlich.
Wir hatten also beide eine heftige menschliche Enttäuschung, anschließend drei Monate massive Schlafstörungen und wenig später tauchten Autoimmunerkrankungen auf. Schwer zu glauben, dass die Erkrankungen auch ohne die Enttäuschungen aufgetaucht wären.
Einen Monat später, Mitte Dezember 2020, meldete sich Sophie kurz von Zuhause und beschrieb den nächsten Klinikaufenthalt: eine Infusion, welche die Autoimmunerkrankung in Schach halten soll und das Setzen der Stents in die linke Halsschlagader – „die rechte ist ja nicht mehr zu retten, Gefäße zu sehr betroffen, das dort ein Eingriff wenig Sinn macht. Option Bypass.“
Einen Tag vor Weihnachten postete sie ein Bild von sich bei Facebook, wieder aus der Klinik: Schlaganfall. Die Folge: eine Dysphasie: „Ich weiß was ich sagen möchte, aber kann nicht.“ Mit dem Lesen war sie schnell überfordert. In den drei Wochen danach antwortete Sophie selten und nur mit ein, zwei Wörtern. Auf meine Frage „Wie ist die Lage?“ kam: „Geht es …“ Auf meine Antwort bekam ich keine Reaktion mehr.
Heute, fast vier Jahre später, ist Sophie für mich gleichzeitig lebendig und tot, wie Schrödingers Katze. Ich weiß nicht, wie es weiterging. Und ich weiß nicht, was ich mir wünschen soll, wie es weiterging. Ich könnte ihre Schwester anschreiben und fragen, ob Sophie noch lebt und wenn ja wie. Aber ich weiß nicht, welche Antwort ich erhoffen soll.
Wenn Sophie über die Misshandlungen durch ihre Familie schrieb, über die psychischen Folgen, wenn sie mir Bilder ihrer Selbstverletzungen schickte und ihre Suizidgedanken andeutete, wünschte ich mir für sie einen riesigen Stinkefinger, den sie ihrer Familie hätte zeigen können: „IHR bekommt mich nicht klein! Ich werde leben! Ich werde älter als 27!“
Andererseits schien mir das Leben für sie ein einziger Kampf zu sein, den sie nie und nimmer gewinnen konnte. Wie so viele andere suchte sie doch noch Zuneigung in ihrer Familie – wie bei so gut wie allen wäre das ein sich nie erfüllender Wunsch geblieben. Mit ihrem kaputtgeschlagenen Selbstbewusstsein würde sie immer wieder bei Typen landen, die sie früher oder später enttäuschen. Wo auch immer sie Halt suchte, landete sie hart auf dem Boden. Mit der Gefäßentzündung hätte sie wohl immer zwischen Leben und Tod gestanden – oder sie steht. Ist Sophie Geschichte? Ist ihre Geschichte zu Ende? Ging sie weiter?
Für mich lebt sie und ist gleichzeitig tot. Wie Schrödingers Katze. So kann ich glauben, sie wäre von allen Sorgen befreit oder hat doch noch eine Chance, glücklich sein zu können. Vielleicht liegt sie nach weiteren Schlaganfällen dauerhaft in einem Bett, betreut von einer Altenpflegerin in Ausbildung, so wie Sophie einst eine war. Diese Fortsetzung der Geschichte würde ich ungern lesen, aber sie würde zu Sophies Leben passen. Und so werde ich es wohl dabei belassen: Der Karton bleibt geschlossen.
Sophies Geschichte wird mich zusammen mit all den anderen Geschichten immer dafür eintreten lassen, dass werdende Eltern ab dem Zeitpunkt, zu dem die Schwangerschaft feststeht, psychologisch betreut werden bis das Kind 18 ist. Ziel der Betreuung soll sein, Persönlichkeitsstörungen und Verletzungen aus der Kindheit der Eltern zu erkennen und zu behandeln, so dass das Kind eine viel bessere Chance hat, das Kinderzimmer mit einem gesunden Selbstwert zu verlassen. Ein solcher Mensch wird weder eine toxische Beziehung eingehen müssen, noch mit seinem selbstsüchtigem Verhalten einen anderen Menschen so krank machen wie Sophie.
Das letzte Wort überlasse ich ihr, „meinem Küken“, wie ich sie manchmal kopfintern bezeichnete. Vielleicht steckt ja auch darin des Rätsels Lösung, warum ich nichts mehr von ihr höre. Ein Jahr nach unserem ersten Kontakt hatte die mir damals 18-Jährige geschrieben: „Du bist fast der Einzige dem ich alles erzähle…Die Fragen stellen. Um Rat / Hilfe bitte. Und das länger wie nur 3 Monate oder so… Mein Kreis ist so klein, weil ich irgendwann nicht mehr mit Personen zurecht komme. Irgendwas stört mich dann und dann bin ich gestresst … Ende ist meistens dann der Kontaktabbruch.“
Den Blick hinter die Gardinen mit 80 weiteren Biografiesplittern gibt es in meinem Buch:
Wer Menschen verstehen will, muss ihnen zuhören, sie beobachten, hinter die Fassade schauen: Warum heiraten wir? Sind Frauen von Natur aus gute Mütter? Was erlebt man bei der Partnersuche? Wem verdanken Elon Musk und Kanye West ihre Erfolge? Was treibt andere Prominente an – und was ist dein eigener Antrieb? Fallen psychische Erkrankungen vom Himmel? Warum steht jemand 5 Stunden unter der Dusche? Wieso glaubt Käpt´n Crazy, die Chinesen würden kommen? Sind Krankenhäuser tatsächlich Hurenhäuser? Warum verheimlicht eine 50-Jährige, dass ihr Vater soff?
Mit den Antworten auf diese Fragen wird unerklärliches Verhalten entzaubert. Kein Hashtag, kein Gendern und keine Kampagne wird diese Welt retten können. Erst wenn wir einsehen, wie wir ticken, kann sich etwas verändern. Komm mit auf eine Reise, die Dich verändern wird!
Das Buch gibt es bei bod.de, bei Amazon, genauso bei allen anderen Onlinehändlern. Du kannst aber auch beim Buchhändler um die Ecke danach fragen. Die ISBN: 9783 7557 0721 9. (Da sich bisher kein Verlag interessiert hat, werden keine Exemplare zum Mitnehmen rumliegen, deshalb bitte vorerst direkt im Laden bestellen.)
„Da war nichts.“ Meggie hatte eine schöne Kindheit, dennoch geht es ihr schlecht. Warum?! Dann erwacht der Elefant.
„Ich habe mich gefreut, wenn Papa fünf Minuten Zeit für mich hatte.“ Jens hat den Arbeitseifer seines Vaters geerbt und wird in sechs Jahren sterben.
Elon Musk, Kanye West, Mel Gibson – denen ist doch allen der Erfolg zu Kopf gestiegen! Die spinnen doch einfach nur! Willst du mit ihnen tauschen?
„Warum hat er mich nicht lieb? Bin ich einfach ein Nichts?“ Diese Fragen stellt sich Katis jüngerer Sohn und denkt dabei an seinen Vater.
Suizid kann Freiheit bedeuten. 2020 hat Ulli die erste freie Entscheidung seines Lebens getroffen. Dieser Neubeginn bedeutete seine Freiheit. Und sein Ende.
Saskia gibt mit Ü40 die Hoffnung nicht auf, von ihrer Mum ein nettes Wort für ihr Dasein zu hören. Bettina bekam mit 20 ein Kind, um ihrem Elternhaus zu entkommen – und lebt seitdem in den gleichen Verhältnissen.
Natascha Kampusch als Hassobjekt?! Das macht keinen Sinn – doch beim Zuhören erklärt sich auch beim Thema Hass, wie sich unsere „Special Effects“ entwickeln.
Annie ist 16, 1,70 m, 40 kg. Ihr Vater versteht nicht, warum sie nicht einfach mehr isst. Er selbst steckt jeden Monat 500 Euro in sein Onlinespiel. Annies Mutter vermeidet Diskussionen mit ihm über ihr Rauchen. Verstehen des jeweils anderen? Fehlanzeige.
Die einen waschen ihre Firma grün, die anderen leben beim Yoga ihren Narzissmus aus. Was steckt hinter dem Gendern?
Wer Frauen sichtbar machen will, muss das komplette Bild ins Scheinwerferlicht rücken – auch die Schattenseiten.
Wo in der Geschichte sind die ganz konkreten Beispiele dafür, dass Appelle an die Vernunft etwas zum Guten verändern? Mein Vater kann nicht gemeint sein.
Über Tote sagt man nichts Schlechtes. Wenn dir also nichts Positives einfällt, dann musst du schweigen. Doch jedes Leben erzählt eine Geschichte.
Knapp 18 Mio. Menschen werden pro Jahr wegen psychischer Erkrankungen behandelt. So etwas können Parteien doch nicht ignorieren, oder?
Frage: Was muss passieren, damit diese Welt weniger verrückt ist? Antwort: Wir müssen zuhören lernen. Oder wir verbieten das Kinderkriegen.
Jochen wäre fast ertrunken, der Vater zerrte ihn wieder ins Wasser. Opfer und Täter, weiß und schwarz. Doch ist es wirklich so einfach?
Du weißt, wie wahre Liebesgeschichten beginnen. Dies sind einige von ihnen.
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Er baut den Keller zur Wohnung um, weil die Chinesen kommen. Sie spricht vom Angriff der Roboter. Wenn du ihre Geschichten kennst, wirst du sie verstehen.
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Als Robert Enke durch Suizid starb, herrschte große Trauer. Doch längst jagen wir seine Nachfolger Richtung Abgrund.
1,9 Millionen unserer erwachsen gewordenen Kinder verlassen offiziell psychisch kaputt ihr Elternhaus – und es ist uns egal. 28% der Erwachsenen insgesamt gelten als psychisch erkrankt – und es ist kein Thema. Die Gründe für diese Zahlen erklären aber, was mit dieser Welt nicht stimmt. Deshalb braucht das Thema psychische Gesundheit endlich maximale Aufmerksamkeit. Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mit auf die Pauke hauen würdest, denn allein packe ich es nicht. Auch wenn du „nur“ Teil des Chors sein möchtest, dich in den hinteren Reihen verstecken möchtest oder dir die Kraft fehlt zum lauten Singen: absolut kein Problem. Hauptsache, du bist auf irgendeine Weise anwesend. Auch wenn du nur als Teil der Abonnentenzahl auftauchst, ist dem Thema geholfen.
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